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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853)

„Max v. Kervegan, Sire.“

„Ihr Vater sprengte sich mit den Seinigen in die Luft?“

„Ja, Sire.“

„Und Ihre Mutter, Ihr Bruder?“

„Sie sind in England, bei dem König.“

„Sind sie reich?“

„Verbannte sind nie reich.“

„Wenn ich Ihrer Mutter ihre Güter zurückgäbe, Ihren Bruder zum Obersten, Sie selbst zum Lieutenant ernennete . . “

„Sire,“ entgegnete der junge Mann ehrfurchtsvoll, aber fest, „. . unser ganzes Blut gehört dem Könige.“

„Sie vergessen Ihr Vaterland,“ fiel Napoleon etwas barsch ein.

Max ließ den Kopf sinken.

„Ich begreife, ich bewundere Ihre Treue,“ fuhr der Kaiser fort; „aber dem König, dem Kaiser geht das Vaterland vor. Das Vaterland bedarf Ihres Blutes und ich nehme es in Anspruch . . Wollen Sie ihm dienen?“

Max zögerte.

„Nun,“ setzte Napoleon hinzu, „wenn die Bourbons zurückkommen, soll es Ihnen freistehen, zu denselben zurückzukehren. Ich verlange von Ihnen keinen Treuschwur.“

„So trete ich als gemeiner Soldat ein,“ sagte Max nach einigem Nachdenken.

„Warum dies?“

„Ich will dem Vaterlande dienen, nicht mehr.“

Kervegan wurde doch später Hauptmann in der Garde und folgte dem Kaiser in allen Schlachten; aber wo er auch war, überall blickte er nach der verbannten Königsfamilie. Er hielt Napoleon für das Haupt des Staates für eine kurze Zeit und meinte, Gott habe den Gewaltigen nur gesandt, damit er durch den Ruhmesglanz die Gräuel der Schreckenszeit verhülle.


Zehn Jahre vergingen. Den Tagen des Ruhms waren Tage des Unglücks gefolgt.

Napoleon befand sich in Fontainebleau, von den Trümmern seiner Garde umgeben. Die Alliirten waren in Paris. Ludwig XVIII. kehrte nach Frankreich zurück, Napoleon schickte sich zur Abreise nach Elba an. Alle Männer, die er aus dem Staube emporgezogen und groß gemacht hatte, verließen ihn. Er ging den ganzen Morgen einsam und allein in dem Park umher. Erst Mittags kam er in das Schloß zurück. Es war fast verödet. Alle Generale und Würdenträger hatten sich nacheinander entfernt und sammelten sich um den neuen Thron.

Mit einemmale trat dem Kaiser ein junger Mann entgegen. Er war blaß und traurig in seiner Uniform als Capitain der schwarzen Husaren; in seinen schwarzen Augen glänzte etwas wie eine Thräne.

Der Kaiser zuckte zusammen als er ihn erblickte.

„Ah, Sie sind es, Kervegan! . . Ich weiß,“ setzte er mit bitterm Lächeln hinzu, „Sie lieben mich nicht; Sie waren den Bourbons von Ihrer Geburt an zugethan; Sie dienten in mir nur Ihrem Vaterlande; das Land geht zu andern Geschicken über und Sie kehren zu Ihren Königen zurück . . Aber Sie nehmen doch wenigstens Abschied von mir; Sie kommen stolz und traurig, wie Sie es immer waren. Die Andern, die ich mit Ehren, Würden und Ruhm überschüttet habe, gehen, ohne mich eines letzten Grußes zu würdigen . . Gehen Sie mit Gott, Kervegan, und nehmen Sie meinen Dank.“

Der Kaiser reichte dem jungen Manne die Hand. – Kervegan küßte sie und sagte:

„Sire, ich komme nicht, um Abschied zu nehmen.“

„Was wünschen Sie sonst, Kervegan?“

„Sire, mein älterer Bruder und meine Mutter sind bei dem Könige. Der Name Kervegan fehlt nicht am Hofe; ich habe also nicht nöthig, auch dahin zu gehen.“

„Und wohin gehen Sie?“

„Sire, ich komme, um Sie um die Erlaubniß zu bitten, Sie nach der Insel Elba begleiten zu dürfen.“

„Ah!“ rief Napoleon verwundert aus. „Das sind Männer!“ setzte er leise hinzu.




Friedrich Fröbel und seine Kindergärten.

(Zwei Briefe an eine Mutter.)
I.

Freundlichen Dank dafür, verehrte Frau, daß Sie in Ihrer Rathlosigkeit und Sorge um den besten Weg für die Erziehung Ihrer Kinder sich des alten Freundes erinnern und Ihre Zuflucht vertrauensvoll zu mir nehmen. Wie können Sie auch nur noch fragen, ob ich geneigt sein werde, mit den Sorgen eines treuen Mutterherzens mich zu beschäftigen. Ist es denn möglich, daß ich Gefühlen, Ideen und Neigungen, die auf eine so wichtige Sache, wie die der Erziehung gerichtet sind, untreu werden kann? Und sind diese nicht der einzige Schatz, von dem ich Andern mittheilen, womit ich leidlich nützen kann? Aber auch abgesehen von meiner persönlichen Theilnahme an Ihren Haus- und Familienfragen, ist der Auftrag, den Sie mir ertheilen, für mich so anziehend, daß ich die Ausführung desselben selbst bei weniger Muße, als ich gegenwärtig noch genieße, nicht versagen könnte. – Von Friedrich Fröbel wollen Sie hören, über seine Kindergärten wünschen Sie näher unterrichtet zu sein. Wie bereit kommt hier mein Herz Ihren Wünschen entgegen! Wird auch die Erinnerung an den nun verewigten Freund für mich nicht ohne Wehmuth sein, so wird doch selbst diese Empfindung nur dazu dienen, meine Liebe beredter zu machen.

Sie haben Recht gethan, verehrte Frau, wenn Sie in dem Streite, der sich über Fröbel’s Verdienste als Erzieher

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 57. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_057.jpg&oldid=- (Version vom 15.4.2020)