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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853)

unter sich; wohl aber ist dieses der Fall zwischen den durch eine Querwand geschiedenen zwei Theilen jeder Hälfte, nämlich dem an der Basis (oberem Herztheile) liegenden Vorhof und der gegen die Spitze gerichteten Kammer. Wir haben also einen Vorhof und eine Kammer der rechten, und einen Vorhof und eine Kammer der linken Herzhälfte, von welchen die Vorhöfe als Erweiterungen der großen Gefäßstämme (Venen) betrachtet werden können, deren Blut sie aufnehmen und in die Herzkammern ergießen. Die Vorhöfe haben dünne Wände und jeder einen blinden, taschenförmigen Anhang, Herzohr. Die Herzkammern geben den Schlagadern (Arterien) ihren Ursprung und drücken das Blut, das sie von den Vorhöfen erhalten haben, in jene, wozu sie die muskulöse, zusammenziehbare Beschaffenheit ihrer Wände geschickt macht. Die Länge des Herzens nimmt man durchschnittlich auf 43/4 Zoll, seine Breite auf 31/2, seine Dicke 21/2 an; das Gewicht ist 9 Unzen bei Männern, bei Weibern etwas weniger; nach dem dreißigsten Jahre nimmt die Schwere immer mehr zu.

Fig. I.

Das Herz von vorn und oben mit seinen Gefäßen.

Es wird die folgende Darstellung erleichtern, wenn wir hier sogleich Einiges über die allgemeine Natur und Beschaffenheit der Gefäße anschließen. Die Gefäße, Adern, sind häutige, im ganzen Körper verbreitete Röhren oder Kanäle, in deren Höhlen (Licht, Lumen) die zur Erhaltung des Organismus dienenden Flüssigkeiten ihre Wege machen. Von den nach ihrem Inhalte verschiedenen Blut- und Lymphgefäßen brauchen wir für jetzt nur die Ersteren, welche selbst wieder zerfallen in: 1) Puls- oder Schlagadern (Arterien), welche das Blut vom Herzen nach allen Theilen des Körpers führen; 2) Blutadern (Venen), die das Blut wieder von allen Punkten des Körpers zum Herzen zurückleiten; 3) Haargefäße (Capillargefäße), die feinsten Aederchen, welche Puls- und Blutadern mit einander verbinden, indem sie den Uebergang des Blutes aus den feinsten Enden der Schlagadern in die gleich feinen Anfänge der Blutadern vermitteln. Der Umstand, daß häufig das hellrothe Blut mit dem Namen des Arterien-, das dunkelrothe mit dem des Venenblutes bezeichnet wird, verführt oft zu der Annahme, daß der Inhalt aller Schlagadern hellrothes, der aller Blutadern eine dunkelrothe Farbe habe. Beim großen Kreislaufe ist dies der Fall; wir werden aber später sehen, daß der kleine Kreislauf gerade das umgekehrte Verhältniß zeigt. Am besten wird man thun, wenn man fest hält, daß die Herzkammern alle Schlagadern entlassen, die Vorhöfe die Blutadern empfangen, und daß das rechte Herz nur dunkles, das linke dagegen helles Blut führt. Die Wand der Gefäße besteht aus mehreren concentrischen Häuten, deren innerste und wesentlichste alle Gefäße und auch das Herz auskleidet, die allgemeine Gefäßhaut; die äußere Haut, von welcher die Festigkeit und Ausdehnbarkeit der Wände abhängt, kommt gleichfalls allen Adern zu, während sich eine zwischen beiden befindliche mittlere Haut nur bei manchen findet. Bei der Ernährung der Gefäße wiederholt sich das Verhältniß wie beim Körper selbst; sie geschieht nämlich, wenigstens bei den größeren, wieder durch Gefäße und Nerven, während diese Gefäße der Gefäße selbst und die kleineren Gefäße durch die in ihnen fließende Flüssigkeit ernährt werden. Die Schlagadern haben, um dem vom Herzen ausgehenden Drucke widerstehen zu können, dickere und elastischere Wände, als alle übrigen Gefäße; von der aus dem Herzen kommenden Blutwelle ausgedehnt, ziehen sie sich beim Nachlasse des Druckes wieder zusammen: sie pulsiren. Wie die Schlagadern in der Nähe des Herzens am weitesten, und je weiter weg in immer kleinere Aeste und Aestchen ausgehen, bis sie in den feinsten Verzweigungen als Gefäßnetze sich zeigen, so beginnen die Blutadern in unmerklichen Uebergängen aus den Haargefäßen als kleine netzartig verbundene Gefäßchen (Blutaderwurzeln), fließen dann in größere Aeste und Zweige zusammen und münden endlich in großen Stämmen in die Vorhöfe. Was dort also Aeste und Zweige eines Baumes, sind hier Wurzeln. Die Wände der Blutadern sind dünner, schlaffer, ausdehnbarer; sie selbst weiter und zahlreicher als die Schlagadern, verlaufen gerader, verbinden sich unter einander weit häufiger und ihr Verlauf ist der Oberfläche des Körpers näher; dagegen verlaufen die Schlagadern mehr in der Tiefe und zwischen andern Theilen geschützt – aus dem weisen Grunde, weil ihre Verletzung auch viel bedenklicher ist. Die Blutadern führen (mit Ausnahme der Lungenblutader) kohlenstoffreicheres, nicht nährendes Blut; sie führen das Material herbei, das durch andere Vorgänge erst seine ernährende Eigenschaft zu erhalten hat. So sehen wir denn bereits, wie zweckmäßig auch hier Alles geordnet und berechnet ist, wie weise Alles in einander greift, um endlich zu jenem wunderbaren Resultate zu führen, welches wir den menschlichen Organismus nennen.

Haben wir so eben im Allgemeinen die Organe für die Verbreitung und Austheilung der allgemeinen Bildungsflüssigkeit, des Blutes, Herz und Gefäße, kennen gelernt, so versuchen wir es nun, die Verrichtung des Gefäßsystems, und wie jene Verbreitung durch den Blutumlauf zu Stande kommt, zu veranschaulichen.

Nur das hellrothe Blut, das mehr Sauerstoff enthält als das dunkelrothe, ist zur Ernährung und Belebung tauglich. Da nun aber das Schlagaderblut bei seinem Durchströmen der Körperorgane die hellrothe Farbe verliert (ein Vorgang, der noch nicht hinlänglich erklärt ist) und zuletzt namentlich in den Haargefäßen eine dunkelrothe annimmt, so wird es nöthig, daß das dunkelrothe Blut

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 92. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_092.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)