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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853)

wird das Ozon in der größten Menge bereitet und dient hier zur Vernichtung der schädlichen Fäulnißstoffe, so daß man mit Recht sagen kann, die Gewitter reinigen die Luft.

Vermöge der erwähnten chemischen und physikalischen Kräfte, welche die atmosphärische Luft besitzt und in Folge der mancherlei Naturerscheinungen, welche in diesem Luftmeer ohne Unterlaß vor sich gehen, übt die Luft nicht blos auf die gesammte Erdoberfläche, sowie auf die ganze Pflanzen- und Thierwelt, den Menschen nicht ausgenommen, einen sehr bedeutenden, ganz unentbehrlichen Einfluß aus, sondern sie hilft auch im Innern der Erdrinde und im Wasser beim Zustandekommen der mannichfaltigsten Prozesse. Aber alle jenen Eigenschaften der Luft und Vorgänge im Luftraume, welche zusammengenommen der meteorologische Zustand (das Witterungsverhältniß) der Luft genannt werden, sind einem beständigen Wechsel unterworfen, und zwar nach Tages- und Jahreszeit, nach Himmelsstrichen und Ländern. Anderntheils zeigen jedoch die stoffliche Mischung der Luft, die Grade der Temperatur, der Feuchtigkeit, der Elasticität, Schwere, Elektrizität derselben u. s. f. eine so innige Verkettung unter einander und einen so bestimmenden gegenseitigen Einfluß auf einander, daß es zur Zeit noch unmöglich ist, die Wirkung der atmosphärischen Luft auf das Befinden des Menschen genau beurtheilen zu können.

(B.)  




Aus dem mexikanischen Gerichtsleben.

Ein Gerichtshof in Mexiko ist selbst für einen verhältnißmäßig nur wenig betheiligten Zuschauer in jedem Lande ein imposanter Anblick. Es liegt eine so große ihrer selbst sich bewußte Würde und Wichtigkeit in den Gesichtern dieser mächtigen, ernsten und ehrwürdigen Herren, wenn sie einen Gefangenen bei seinem Eintritte in’s Auge fassen; ihre Miene ist so bedeutungsschwer, wenn sie ihre Köpfe zusammenstecken und mit leisem Tone zu berathen beginnen, ihre Aeußerung so furchtbar, wenn „wir“ nach reiflicher Ueberlegung zu einem Endurtheil gekommen sind! Die mexikanischen Justizbehörden machen von dieser allgemeinen Regel keine Ausnahme; ja sie scheinen im Verhältniß zu dem Elend und der Unwissenheit, womit sie beständig zu thun haben, stolzer und herrischer zu sein als gewöhnlich.

Ich schalte hier einige Begebenheiten ein, die zu meiner Kenntniß kamen, als ich einer Sitzung der „Administradores“ (Richter) in dem Accordada der Stadt Mexiko beiwohnte.

Ueber den Mittelpunkt der westlich von der Stadt gelegenen Gebirgskette führt ein Weg, der auf der einen Seite durch rauhe Klippen und auf der andern durch einer steilen aus zackigen Felsen bestehenden Abgrund begrenzt ist. Dieser Weg ist sehr einsam und gefährlich, besonders an einer Stelle, wo er für eine Strecke von ungefähr hundert Schritten über ein nur vier Fuß breites Felsenriff führt, wo selbst sicherfußende Maulthiere, wenn sie zu schwer beladen sind, oft genug ausgeglitten und in den Abgrund hinabgestürzt sind. Der Eindruck, welchen der wilde und öde Charakter der Gegend auf den Reisenden macht, wird durch nichts weiter gestört als durch eine Anzahl plumper Kreuze, die hier und da am Wege aufgerichtet sind – zum Andenken an arglose Wanderer, welche auf ihrer Gebirgsreise von räuberischen Ladrones angefallen und gemordet wurden.

Am Mittag eines trüben Tages wanderten auf diesem Wege zwei elend gekleidete Indianer – ein untersetzter kräftiger Mann und ein Jüngling von siebzehn Jahren. Beide waren aus demselben fernen Dorfe gebürtig, wo sie von Kindheit an ihren spärlichen Lebensunterhalt abwechselnd durch Betteln oder durch Feldarbeit erworben hätten. Während der letzten drei Monate hatten sie jedoch ungewöhnlich fleißig gearbeitet und einen Theil des verdienten Lohnes zu einer Reise nach der Hauptstadt bestimmt, um sich dort dem sorglosen Berufe der Lepero’s anzuschließen, in der Hoffnung dabei in Zukunft ohne Arbeit und Anstrengung behaglich leben zu können.

Als sie den Mittelpunkt des Gebirges erreicht hatten, wo der Reisende die Stadt zu erblicken hofft, nach welcher ihn sein Weg führt, war der Himmel trübe und umwölkt und es fielen einige Regentropfen herab; bald aber trat die Sonne hervor und beleuchtete mit ihren glänzenden Strahlen den Pfad der Reisenden, während sich über den Abgrund zu ihrer Rechten ein prächtiger Regenbogen spannte. In dem Gesichte des Jüngeren zeigte sich ein leiser Widerschein von dem Sonnenlichte, das ihn umgab, aber das Gesicht des Andern war finster wie die in der Ferne drohende Wolkenmasse, und während die beiden Wanderer neben einander hergingen, beobachtete der Jüngere mit halb furchtsamen halb neugierigen Blicken die mürrische Miene seines Gefährten.

„Du bist plötzlich sehr ernst und schweigsam geworden, Sanchez,“ rief er endlich. „Ich für meinen Theil freue mich, daß wir der Hauptstadt näher kommen. Sie kann jetzt nicht mehr weit entfernt sein und ich sehe im Geiste schon ihre schönen Thürme und prächtigen Kirchen – ja selbst die Plätze und Ecken, wo wir unseren Platz einnehmen werden, um Almosen zu erbitten. O welch’ ein herrliches Leben! Welche Aussicht!“

„Ei ja – und die Spieltische und Branntweinladen und das Aguardiente und die Gefährten, die wir haben werden!“ sprach der Andere hastig. „Das wird ein ganz anderes Leben sein, als wir in dem alten Dorfe geführt haben. Aber ich wollte wir wären

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 558. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_566.jpg&oldid=- (Version vom 16.4.2020)