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verschiedene: Die Gartenlaube (1854)

Die Reisscheunen sind kleine eigenthümlich geflochtene Gebäude, vielleicht zehn bis zwölf Fuß hoch, acht Fuß lang und sechs bis sieben Fuß breit, nach unten etwas spitz zulaufend und mit hölzernen Füßen, wie ein richtiger Tragkorb. Sie können, wenn sie leer sind, leicht von einem Ort zum andern gewechselt werden und stehen wenn aufgestellt, mit diesen Füßen immer auf untergelegten Steinen. Das Dach ist ebenfalls von Bambusgeflechten und gewöhnlich mit den schwarzen Fasern der Arenpalme gedeckt.

Bei dem Reis darf ich aber auch nicht vergessen, des nützlichsten und von den Eingeborenen ungemein geschätzten Karbau, oder besser Malayisch, Karbo Erwähnung zu thun.

Diese Karbo’s oder Büffel gehören gewissermaßen mit zu einer javanischen Familie, und so sehr der Javane das Schwein, als ein unreines Thier, verabscheut, so zärtlich liebt er den schmierigen, fast stets mit Schlamm bedeckten Karbo, mit dem der Knabe gewissermaßen aufwächst und in die Schule geht. Schon das Aussehen dieser Thiere ist merkwürdig – sie haben fast gar keine Haare und eine Art Elephantenhaut, die nur in der Farbe wechselt, denn manche sind grau wie jene, andere aber auch wieder, und ein fast ebenso großer Theil vollkommen fleischfarben, weshalb sich einige Deutsche hier neulich ein Vergnügen daraus gemacht haben, einem gerade anwesenden Schiffscapitain weiß zu machen, diesen Karbos würde jedes Jahr die Haut abgezogen, weshalb sie auch keine Haare hätten und einen Theil im Jahr noch fleischfarben und den andern dann wieder grau aussähen. „Es ist wunderbar“, war Alles, was er sagen konnte.

Ihre Hörner, die oft eine unverhältnißmäßige Größe erreichen, biegen weder zurück noch vorwärts, sondern stehen in gerader Linie mit dem Vorkopf, so daß man, wenn man ein Lineal fest von der Nase über die Stirn des Thieres weglegt, die nach oben wieder zusammenlaufenden Spitzen der Hörner dadurch ebenfalls berühren würde. Da sie die Nase fast immer vorgestreckt halten, so liegen die Hörner dadurch natürlich vollkommen zurück, und es giebt ihnen das mit den kleinen Schweinsaugen und dem halboffenen Maul ein wirklich rechtswidrig dummes Gesicht.

Die Thiere sind aber gar nicht so dumm und wissen sich wohl recht gut, wenn das nur irgend ausführbar ist, von Arbeit und Quälerei wegzudrücken. Ueber dieselben haben nun gewöhnlich die Knaben die Oberaufsicht und es ist merkwürdig, was für eine gegenseitige Zuneigung zwischen den Beiden aufwächst. So wenig sich der Javane aus einem Pferd macht, und so sorglos und ohne Abwartung er dasselbe, selbst nach starkem Ritt laufen läßt, so äußerst ängstlich geht er dagegen mit diesen plumpen Geschöpfen um, und die Jungen sind ewig beschäftigt, sie in die Schwemme zu führen und abzuwaschen; was nebenbei gesagt, eine so nutzlose als undankbare Arbeit ist, da die Thiere sich kaum rein abgestriegelt und gespült fühlen, als sie auch schon wieder mit einem grenzenlosen Wohlbehagen im Schlamm liegen, und mit ihren schaufelartigen Schnauzen das kühlende, natürlich dickschmutzige Wasser sich über den Rücken werfen.

In dem Schlammwasser aber, wie draußen zur Weide gehend oder zu Hause ziehend, liegt der Knabe, der die Aufsicht über die Thiere hat, mit dem Bauch auf seinem Lieblingsbüffel, streckt die dünnen braunen Beine hinten in die Höh’, und jauchzt vor Lust und Vergnügen. Jemehr verschiedene Gespanne zusammen sind, desto größer ist die Freude, gehen sie dicht gedrängt, so wälzt sich das fröhliche Völkchen oft von einem zum andern, ohne daß sich die geduldigen Thiere auch nur im mindesten ungeberdig darüber zeigten; selbst beim Grasen bleiben sie oben liegen und manchmal sehr zum Aerger eines kleinen, spechtartigen Vogels, den die Balinesen Tjulik nennen (der malayische Name ist mir entfallen) und der sich ebenfalls, wenn der junge Javane einmal absteigen sollte, am liebsten auf dem Rücken des Karbo’s aufhält, und ihm das Ungeziefer absucht, womit Karbo ebenfalls vollkommen einverstanden ist.

Die unbepflanzten Reisfelder sind mit ihrem Schlamm eine wahre Erholung für diese Thiere, so lange sie nämlich nicht darin pflügen und eggen müssen, und sie wälzen sich förmlich ganze Tage lang aus einem in’s andere.

Eine anstrengende Arbeit hat der Karbo oder Büffel übrigens im Karrenziehen, was nach dem Reisbau eine der bedeutendsten Beschäftigungen für ihn ist. Auf oder vielmehr an der Hauptstraße – denn neben den Hauptchausseen läuft noch ein Nebenweg, stets zerfahren und aufgewühlt, der nur für die Ochsenkarren der Javanen bestimmt ist – begegnet man oft ganzen Zügen von zwanzig bis fünfzig zweirädrigen Karren, die sich quietschend und schreiend auf den holprigen, schlammigen Straßen dahinwälzen, während doch daneben ein Weg geht, auf dem sie sich mit Leichtigkeit fortbewegen könnten, den sie aber nicht betreten dürfen. Die Karren selber sind leicht genug, von Bambus stark geflochten und mit einem eben solchen Bambusdach, wie zwei zusammengestellte Kartenblätter der Form nach, gedeckt. Vorn hängt, wahrscheinlich der Melodie wegen, eine Glocke, denn die Javanen halten ungemein viel von solch eintöniger, schreiender Musik. Das Gekreisch dieser Wagen ist nämlich entsetzlich, die Räder sind, vielleicht vier bis fünf Zoll dick und etwa vier Fuß im Durchmesser, aus grobem Holz geschlagen, und werden natürlich nie geschmiert, so daß man sie oft Meilen weit hören kann. Ganz in der Nähe hat selbst dies Gequietsche aber, mit seinen theils hoch, theils tief gestimmten Rädern eine Art Melodie, für die die Javanen jedenfalls Gehör haben und auch ein gewisses Interesse empfinden müssen. Im Lande wurde eine Anecdote von einem Orang gunung oder Bergmenschen erzählt, der zum ersten Male eine Harmonika spielen hörte, und auf die Frage, ob ihm die Musik gefalle, zur Antwort gab: „Ausgezeichnet – es klingt beinah so wie unsere Wagen.“

Diese Karren fahren sämmtliche im Lande gezogenen Produkte in die nächsten Städte oder nach den Küsten hinunter, und die Karbo’s sind in ein Joch gespannt, das Aehnlichkeit mit dem amerikanischen hat, aber lange nicht so praktisch ist. Es besteht nur aus einem geraden, runden Stück Holz, an das der Hals der Thiere durch ein gebogenes und wieder eingeschobenes Stück Bambus oder biegsamen Holzes festgehalten wird. Weil aber das Holz oder Joch eben gerade ist, so kann der Nacken der Thiere nur gegen einen einzelnen, den mittelsten Punkt drücken, und sie sind deshalb auch gar nicht im Stande, ihre ganze Stärke dabei anzuwenden, während der eine kleine Theil ihres Körpers, gegen den das ganze Gewicht liegt, leicht ermüden und schmerzen muß. Das amerikanische Joch dagegen ist unten, nach dem Nacken des Thieres rund ausgeschnitten, so daß dieser vollkommen darin liegt und von allen Seiten gleich stark dagegen preßt, was ihnen die Arbeit ungemein erleichtert, und sie weit mehr leisten läßt.

Die Javanen haben aber außerdem noch eine eigene Manier, ihre Büffel zu leiten; sie befestigen ihnen nämlich ein dünnes Seil durch den Nasenknorpel, mit dem sie das Thier leicht führen und lenken können, besonders, wenn sie oben auf sitzen. Eingespannt, treiben sie es nur mit der Peitsche.

Unterwegs hatten wir mehre kleine Flüsse zu kreuzen, die von dem letzten Regen bedeutend angeschwellt waren. Ueber den einen kamen wir mit dort von Javanen bereit gehaltenen Canoes und ließen die Pferde hinüberschwimmen, an andern aber waren keine Canoes, und die Ufer so steil und schlammig, daß der Uebergang bei hohem Wasser eben nicht angenehm, und manchmal wohl sogar gefährlich ward. Hierüber war allerdings etwas weiter unten eine Brücke geschlagen, aber nur von Pfosten und mit geflochtenen Bambusmatten gedeckt, ohne die geringste Stütze darunter. Solche Bambusmatten halten auch vortrefflich, so lange der Bambus eben noch jung und frisch ist, wird er aber erst einmal alt, dann bricht er ungemein leicht und es ist dann für Pferde eine höchst gefährliche Passage.

Es blieb uns aber nicht gut ein anderer Ausweg, als die Brücke zu nehmen, wir mußten von zwei Uebeln das kleinere wählen, und gebrauchten nur die Vorsicht, vorher abzusteigen und die Pferde zu führen. – Es war ein häßlicher Platz – die Brücke etwa zwanzig Fuß hoch über dem Wasser, und nichts als die dünne bröckliche Matte darüber – brach ein Pferd ein, so war es verloren. – Mein Begleiter, der voran ging, kam aber gut hinüber, sein Pferd trat nur zweimal durch und fand immer wieder eine feste Stelle. Ich folgte aber nicht hinter ihm, denn die eben eingetretenen Plätze machten es nur dort noch schwieriger, hinüber zu kommen – ganz an der Seite schien mir der beste Platz. Das Pferd mochte aber wohl sehen, welche fatale Stelle es zu passiren hatte, und wollte im Anfang gar nicht hinüber; erst als es sah, daß es nicht anders ging, machte es plötzlich einen Satz und sprang, den günstigsten Fleck sich dabei aussuchend, nach vorn, während es zu gleicher Zeit mit beiden Hinterbeinen durch die Matte brach. Glücklicher Weise hatte es mit den Vorderhufen festen Halt, gerade hinter einem der Querbalken und sein volles

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