Seite:Die Gartenlaube (1854) 163.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
verschiedene: Die Gartenlaube (1854)

beginnt im 7., 8. oder 9. Lebensmonate der Ausbruch der sogenannten Milchzähne.

3. Das eigentliche Kindesalter oder das Alter der Milchzähne fängt mit dem Ende des ersten Lebensjahres an und endet mit dem eintretenden Zahnwechsel um das 7. Jahr. Die Ausbildung des Körpers und Geistes schreitet in dieser Periode im Verhältniß zu den übrigen Lebensaltern sehr bedeutend vor; der Körper wächst besonders in die Länge, wogegen die Fülle und Rundung der Glieder, eine Folge der starken Fettablagerung im Säuglingsalter, sich immer mehr und mehr verliert. Gegen das Ende des 2. Jahres ist der Ausbruch der 40 Milchzähne in der Regel beendet. – Dieses Lebensalter läßt sich, zumal hinsichtlich der Erziehung, recht wohl in zwei Zeiträume, in das erste und zweite Kindesalter, trennen. Das erste Kindesalter umfaßt das 2., 3. und bei etwas zurückgebliebener Entwickelung des Körpers vielleicht auch noch das 4. Lebensjahr in sich. Das Kind lernt stehen, gehen, kauen, sprechen und entwickelt einen großen Nachahmungstrieb, der von den Eltern neben der Gewöhnung mit zur Erziehung benutzt werden muß. – Das zweite Kindesalter begreift das 4., 5. und 6. Lebensjahr in sich und könnte vielleicht auch das Kindergartenalter genannt werden, weil jetzt die Hauserziehung kaum noch ausreicht oder gewöhnlich zu einseitig wird, während das spielende Kind unter andern Kindern sich vielseitiger entwickelt. Im Kindergarten (Spielschule, Vorschule) soll das Kind in moralischer, geistiger und körperlicher Beziehung für die Schule vorbereitet werden.

4. Das Jugend- (Knaben- und Mädchen-) oder Schulalter umfaßt die Schuljahre und reicht sonach in unserm Clima etwa vom 7. bis zum 14. (beim Mädchen) oder 16. Jahre (beim Knaben). Es beginnt mit dem Zahnwechsel und endet mit dem Eintritt der Mannbarkeit (Pubertät), der aber nach Geschlecht, Clima, Nation, Erziehung u. s. w. sehr verschieden ist.

5. Das Jünglings- und Jungfrauenalter reicht von der beginnenden Entwickelung der Pubertät bis zur Beendigung des Wachsthums, in unserm Lande beim männlichen Geschlechte etwa vom 16. bis 20., beim weiblichen vom 14. bis 20. Jahre. Es ist diese Periode das Alter des Reifens, so daß die wirkliche Reife noch nicht während derselben, sondern erst an ihrem Ende erreicht wird.

II. Der Zeitraum der Reife (das Mannesalter, Mittelalter, das gereifte, männliche oder stehende Alter) giebt sich durch die vollständige Ausbildung des Organismus kund und nimmt seinen Anfang mit der Beendigung des Wachsthums und der Pubertätsentwickelung. Es reicht diese Lebensepoche vom 20. oder 24. Lebensjahre bis etwa zum 40. oder 45. bei der Frau, bis zum 50. oder 55. beim Manne; der Körper steht jetzt auf der Höhe seiner Ausbildung gleichsam eine Zeit lang still. – Man könnte diesen Zeitraum in ein erstes und zweites Mannesalter trennen.

1. Das erste Mannes- oder Frauenalter, vom 20. oder 24. Jahre bis gegen das 40. oder 45. Jahr zeichnet sich durch Schlankheit, Behendigkeit und Kräftigkeit, Geistesfrische und Willensfestigkeit aus.

2. Im zweiten Mannes- oder Frauenalter verliert der Körper an Schlankheit und gewinnt durch größere Fettablagerung an Umfang und Rundung (Embonpoint), womit sich gewöhnlich die Liebe zur Ruhe und Bequemlichkeit verbindet.

III. Im Zeitraum der Abnahme oder des Welkens schreitet der Organismus allmälig, bei Einigen rascher bei Andern langsamer, wieder an Vollkommenheit abwärts und nähert sich so dem Tode. Wegen des sehr allmäligen Ueberganges von der Kraft des Mannes zur Gebrechlichkeit des Greises läßt sich der Anfang dieser Lebensperiode nicht fest bestimmen, auch fällt derselbe bei verschiedenen Menschen, vorzüglich nach ihrer früheren Lebensweise, auf verschiedene Jahre. Gewöhnlich nimmt man an, daß der Eintritt dieses Zeitraumes bei Männern zwischen das 50. und 60., bei Frauen zwischen das 40. und 50. Lebensjahr falle. Man trennt jedoch diese Periode in ein früheres und ein höheres Greisenalter.

1. Das erste oder frühere Greisenalter beginnt in der Mitte der 40er (bei der Frau) oder 50er Jahre (beim Manne) und dauert bis gegen das 70. Jahr. Es giebt sich durch Grauwerden der Haare, Abnahme der Kräfte, Runzelung der Haut und Ausfallen der Zähne, sowie durch allmälig zunehmende Schwäche der Sinnes- und Geistesthätigkeiten zu erkennen.

2. Im höheren Greisenalter, welches hinter dem 70. Lebensjahre liegt, sinkt der Mensch zu einer fast nur vegetativen Existenz und in geistiger Beziehung zur Kindheit herab.

Jedes der angeführten Lebensalter hat seine bestimmten Eigenthümlichkeiten und diese beziehen sich ebensowohl auf den Bau wie auf die Thätigkeit der verschiedenen Organe, ferner auch auf die Art der Erkrankung und die nöthige diätetische Behandlungsweise. Wollen wir nun über diese Eigenthümlichkeiten später ausführlicher sprechen, so mußte eine kurze Uebersicht der verschiedenen Lebensepochen vorausgeschickt werden und dies sei hiermit geschehen.

B. 




Die englischen und nicht englischen Freunde der Türkei.
Von H. B. in London.

Wenn die Rolle, welche England jetzt auf der Weltbühne spielt, auch nicht in das edle Heroenfach gehört, ist sie doch eine der bedeutendsten. Und seine jetzige Flotte im baltischen Meere unter Sir Charles Napier wird wenigstens im Stande sein, unerhörte Heldenthaten auszuführen: sie ist die größte, furchtbarste Flotte, die jemals auf irgend einem Meere erschien. Ich habe die Zahl der schwimmenden Kriegsungeheuer und ihrer Kanonenschlünde vergessen, da ich für solche Dinge ein schlechtes Gedächtniß habe, erinnere mich aber deutlich, wohl zwanzig Mal gelesen zu haben, daß die englische Seemacht noch nie so massenhaft, zahlreich und furchtbar vereinigt war, als jetzt unter Napier. Da England nun auch eine mächtige Flotte im schwarzen Meere und einen mächtigen Diplomaten in Constantinopel hat, drei Potenzen oder Potentaten, welche die britische Macht um Europa herum zweiarmig gegen Rußland repräsentiren, mag es nicht ohne Interesse erscheinen, diese drei Potentaten persönlich kennen zu lernen. Es sind der Rear-Admiral Sir Charles Napier, der englische Gesandte in Constantinopel Viscount Strafford de Redcliffe und Viceadmiral Deans Dundas, Chef der englischen Flotte im schwarzen Meere.

Napier’s Biographie stand neuerdings in zu viel Blättern, als daß wir sie mit gutem Gewissen wiederholen könnten. In der neuesten Geschichte ist er rühmlich bekannt durch seine Verdienste um Portugal, das England immer conservativ zu erhalten suchte, und um England in Syrien während des Streits mit Aegypten. Er gehörte bisher zu den 51 Rear-Admiralen der englischen Flotte, aus denen er nach langer Wahl und Qual als der tüchtigste für die gegenwärtige, vielleicht weltgeschichtliche Stellung herausgehoben ward. Beiläufig gesagt, giebt’s über den 51 Rear-Admirälen noch 21 Admiräle und 26 Vice-Admiräle, die alle gemeinsam wegen ihres hohen Alters berühmt sind. Unter 60 Jahren ist keiner für alles Gold der Welt mehr zu finden. Punch stellte sie deshalb auch auf den Schultern von Matrosen hängend mit ihren gepolsterten Krücken dar, um so die Russen vor Lachen fallen zu lassen. Und der verstorbene berühmte James Napier, einst eine Art weiser Tyrann Ostindiens, warf ihnen vor, daß sie nicht die Themse hinunterfahren könnten, ohne seekrank zu werden.

Was den Commandeur der Flotte im schwarzen Meere betrifft, so liegt in seinem Beinamen: „Held von hundert Schlachten“’ Beweises genug, daß er seefest ist und nicht zu den vornehmen, alten Herren gehört, welche durch kein anderes Verdienst, als daß sie nicht früher starben, mit der Zeitreihenfolge von Avancements Admirale wurden. Vice-Admiral Dundas – vollständig James Workley Deans Dundas, erster Commandeur des Geschwaders im mittelländischen Meere, wurde 1785 zu Calcutta in Ostindien geboren und steht demnach im Begriff, ein voller Siebziger zu werden. Er trat in den Marinedienst am 19. März 1799, machte die Expedition nach Holland (August 1799) mit, half 1801

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1854). Ernst Keil, Leipzig 1854, Seite 163. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1854)_163.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)