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verschiedene: Die Gartenlaube (1854)

rüstigen Bevölkerung, den sich täglich erweiternden Verkehrsstraßen und Absatzquellen, der rasch aufblühenden und sich verdichtenden Civilisation mit Fleiß und Ausdauer, was sie auch ergreifen, schnell in die Höhe kommen und sehr comfortable leben, wohnen, essen und trinken können. Ein großes Uebel ist allerdings der fünf Monate lang anhaltende und tief in die Erde frierende harte, scharfe Winter. Aber dagegen giebt’s Holz genug und einen üppig Blüthen und Früchte treibenden heißen Sommer, zunehmend gesundes Klima in jeder Jahreszeit, unbehindert rasch zunehmender Wohlstand, ohne polizeiliche Aufsicht üppig gedeihende Freiheit und steigende Achtung vor solider Arbeit jeder Art.

Quebeck.

Von meinem Ausfluge auf der Nordseite des Lawrence hinunter durch Dörfer und einzeln gesäete Landhäuser und Meiereien, über Brücken und vor verschiedenen historischen Merkwürdigkeiten vorbei bis zu den 11/2 deutsche Meilen von Quebeck tosenden Fällen des Montmorenci könnte ich Vieles erzählen: ich beschränke mich auf die kürzeste Skizze dieses größten Wunders Unter-Canada’s, indem ich zugleich verspreche, bei dem größten von Ober-Canada, den Niagara-Fällen, ganz nüchtern zu bleiben, wie ein Yankee. Der Montmorenci zwingt erst seine Wassermassen durch ausgehöhlte Kalksteinfelsen, die nach unten hier und da durchscheinen, springt dann gleichsam stufenweise Felsentreppen hinunter in dunkele Schluchten, über welchen wilde, felsige Vorsprünge von Strauchwerk bedeckt, kühn hervorragen. Die rechte Seite des Ufers ist so zerrissen und kantig, daß man den Weg nicht weiter verfolgen kann, so daß wir über die Brücke auf die andere Seite gingen, wo wir bald die eigentlichen Fälle vor uns sahen. Die ganze Wassermasse schießt hier von einem 250 Fuß hohen Felsen plötzlich in die Tiefe hinunter, wo sie zerstoben in weißen Schaum fortwährend niederdonnert, sich aber schon 1/4 Meile weiter wieder so beruhigt, daß sie ganz sanft beinahe in einem rechten Winkel sich mit dem Lawrence vereinigt.

Ein felsiger Vorsprung unweit des großartigen Schauspiels breitet vor uns rechts die hohe Quebeck, gerad vor uns den ungeheuern insulirten Waldberg, die Orleansinsel und weiterhin den 1 deutsche Meile breiten Lawrence, hinter uns in der Ferne graue Berge und in der Nähe große, schnarchende Sägemühlen zu einem unbeschreiblich reichen und großartigen Panorama aus. Die bedeutenden Mühlen werden durch eine ganz kleine Ader, die man oberhalb den Falles künstlich geschlagen, so kräftig getrieben, als arbeitete hier die Dampfkraft von vielen hundert Pferden. Man denke sich einmal den Yankee-Vorschlag ausgeführt, die Wasserkräfte des Niagara und Montmorenci statt des fabrizirenden Dampfes anzustellen! Die Kraft des Niagarafalles soll allein alle Dampfmaschinen der Erde zu Wasser und zu Lande bei Weitem übertreffen.

Quebeck ist als Sitz der Regierung, Hauptstapelplatz des Holzhandels, durch seine Schiffsbauten und als erste Station des reichen Verkehrs vom Meere den Lawrence herauf, wo die Auswanderer gern landen, um sich von hier aus nach allen Richtungen zu vertheilen, von rasch zunehmender Bedeutung. Auswanderer finden in dem Bureau des Emigrations-Agenten Buchanan am Quay unten nicht nur guten Rath, sondern auch eine Menge Dienst- und Beschäftigungs-Anerbietungen, denen man auf Dampfschiffen und Eisenbahnen nach allen Richtungen rasch und wohlfeil zueilen kann. Dampf führt täglich in den elegantesten Palästen nach Montreal, Kingsston, Toranto, Hamilton und weiter nach allen Theilen der großen Seen. Von Hamilton führt die große Nordwest-Eisenbahn gerade durch das fruchtbare, westliche Canada bis Detroit, wo man verjüngtes deutsches Leben, eine deutsche

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verschiedene: Die Gartenlaube (1854). Ernst Keil, Leipzig 1854, Seite 469. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1854)_469.jpg&oldid=- (Version vom 4.8.2020)