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verschiedene: Die Gartenlaube (1854)

Berthold Auerbach.

Feldherr, den die Einen Gott, die Andern Weltgeist nennen, hat keinen von uns in seine Strategie eingeweiht. Bleibe jeder auf seinem Posten. Wir haben jetzt Krieg, – und ist Insubordination im Kriege nicht mit Recht das größte Verbrechen?“

Jene Worte, die er der Baronin in seinem Roman „Neues Lehen“ in den Mund legt, hörte ich damals von ihm erzählen: „Als ich zum ersten Male im Sonnen-Mikroskop sah, welche Ungeheuer wir im krystallhellen Wasser verschlingen, konnte ich lange keines mehr genießen und als ich das Elend des Volkes nahe kennen lernte, konnte ich keinen Spaziergang, keine Lustfahrt in das Land machen. Aber – ohne Wasser können wir nicht leben und wir müssen alle wieder lernen Wasser trinken und spazieren gehen.“ – – „Mit kecker Laune, mit frischer Zuversicht, auf die eigene Kraft pochend, muß das Leben erfaßt werden; der Ernst wird sich von selber geltend machen. Ein Sklave ist, wer sich von außen seine Stimmung und Bestimmung geben läßt und in fremde Hand die Leitung seines Daseins legt.“

Ein Hauptthema seiner Unterredungen war: „Ihr denkt nur: was soll das Volk? Ihr wollt nur finden, was Ihr selbst mitbringt! Der Naturforscher aber nimmt die Dinge, wie sie sind. Auch Ihr sollt erforschen: was ist das Volk und was kann es demzufolge wollen. Treibt Naturgeschichte, nicht gefährlich experimentirende Philosophie mit dem Volke, – der Experimentirende experimentirt stets seines Zweckes, nicht des Materials willen und das Volk ist ein zu kostbar Material für so – frivole Zwecke!“

So trat mir Berthold Auerbach, wie mir noch nie eine solche Erscheinung begegnet war, als der Kernmensch, als das gesunde, kräftige, unmittelbare Naturell entgegen, das aus dem Boden eines frischen, glücklichen Volkslebens hervorgegangen war und diesen Boden nie verloren, nie zu verleugnen nöthig gehabt hatte; das in sich selbst stets das Recht und die Richtschnur seinen Daseins findet; das, ohne die Frage nach dem persönlichen oder unpersönlichen Urgrunde, unbeirrt von dem Verlangen konsequent zu sein, Fuß gefaßt hat in dem vorhandenen, wirklichen Leben.

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verschiedene: Die Gartenlaube (1854). Ernst Keil, Leipzig 1854, Seite 513. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1854)_513.jpg&oldid=- (Version vom 10.11.2016)