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Verschiedene: Die Gartenlaube (1859)

war die höchste Erhebung, die zugleich den Rand bildete. Nach Süden war der Kopf genommen. Je nach ihrer Tiefe waren die Flußthäler und die Ebenen eingeschnitten. Wo am Rande der Thäler Gestein zu Tage trat, war es mit der entsprechenden Farbe treu angedeutet.

Dick freute sich wie ein Kind über unser Erstaunen und hatte keine Ahnung, welchen Schatz er vor uns ausgebreitet hatte.

„Schon gut, schon gut!“ mit diesen Worten setzte er unseren Lobeserhebungen Schranken. „Schon gut, daß Ihr einen alten Mann nicht auslacht. Und nun ist es genug! Ihr wißt doch nicht, was sie mir werth ist. Und was soll’s nun?“

„Wenn wir nur in der Nähe ein Versteck hätten, einen Ort, von dem sich in Sicherheit unterhandeln ließe!“

„Kinder, Ihr seid ja im Bau des Dachses!“ lachte Dick. „Jetzt können sie alle Schliche erfahren, Ben und ich kehren nicht wieder. Was ist’s denn?“

Wir theilten ihm mit, daß wir nicht wüßten, wie viel Frauen gefangen wären.

„Eine, höchstens zwei!“ rief Ben. „In der Hütte sind nicht mehr, In einem Theile liegt Conanha, im andern müssen die armen Frauen sein, wenn’s zwei sind. Ich glaub’s aber nicht. Es ist ein armes Mädchen, das dem Hunde gefallen hat, die andern hat er sausen lassen, oder – wie den dort oben. Glaubt nur den Lügen nicht. Er mag erst betrogen, gestohlen und verrathen haben, dann hat er aber gesehen, daß er hier an die Rechten gekommen ist, hat Reißaus nehmen wollen, und darauf haben die nur gewartet, um ihm den Garaus zu machen.“

„Schlimm sind sie, aber mach sie nicht schlechter, als sie sind!“ sagte ernst Harry. „Wir mischen uns eigentlich in Angelegenheiten, die uns, nach ihrer Meinung, nichts angehen. Thäten wir das nicht, so würden wir uns über sie nicht zu beklagen haben. Wir schaffen uns selbst Recht, und das ist auch ein Unrecht! Ich will’s in Güte versuchen. Wo liegt das Versteck?“

„Wir reiten hier in das dichte Gebüsch hinein, Dahinter liegt ein kleiner Abhang, den wir hinauf sprengen müssen. Wir haben dann vor uns eine Höhle, hinter der eine zweite, größere liegt. In jeder von beiden haben wir mit den Pferden Platz.“

„Gut! Wir machen unbemerkt die Pferde fertig, und Ihr haltet Euch bereit. Von hier aus könnt Ihr alles beobachten und mir zu Hülfe kommen, wenn mir Gefahr droht.“

Nachdem wir unsere Pferde gesattelt und gezäumt hatten, steckte Harry seinen Revolver ein und ging auf die Hütte zu. Den Ausgang und Eingang des Thales versperrten die Lager der Indianer. Wir nahmen die eine Seite, die Hütte die andere Seite ein. Zwischen der Hütte und uns floß der Bach. Harry übersprang ihn und ging eilig auf die Hütte zu. Ich muß noch bemerken, daß wir absichtlich unsern Lagerplatz so unter den Bäumen genommen hatten, daß wir nur von der Umgebung der Hütte aus, nicht von den Lagern der Krieger beobachtet werden konnten. Die Hütte lag noch etwas versteckter, so daß selbst Vorgänge ihrer unmittelbaren Nähe den Indianern im Lager nicht bemerkbar waren. Wir hatten zu unserm Glück den günstigsten, wie wir bald erfahren sollten, den letzten Augenblick gewählt – am andern Morgen wären die Comanchen auf und davon gewesen. Wenn auch in der Stille, aber um so eifriger waren Alle mit der Abreise beschäftigt.

Kaum hatte Harry den Bach überschritten, und sein Vorsatz die Hütte zu besuchen, war unverkennbar, als ihn der wachhabende Indianer zurückwies. Harry ließ seine Zeichen unbeachtet; aber er mußte die gemessensten Befehle haben, denn er wagte es, ihn zurückhalten zu wollen. Harry schleuderte ihn zur Seite; ohne seine Schritte zu beseitigen, verfolgte er seinen Weg. Sich aufraffend, ergriff der wüthende Comanche seinen Tomahawk und wollte auf Harry losspringen. Aber wir hatten jede seiner Bewegungen beobachtet, Dicks Büchse lag schon an der Backe, ein scharfer Knall, und der Wilde lag am Boden. Wir hatten nur Sinn für das, was vor uns geschah, sonst hätten wir auch wohl dem herrlichen Echo gelauscht, das den Büchsenschuß als Donner zurückwarf und von einer Thalwindung zur andern fort trug. Unser Unternehmen begünstigte dieser Zufall, denn die Indianer waren durch Schuß und Wiederhall überrascht, so daß wir einige Minuten gewannen, eine lange Zeit, wenn Alles an Augenblicken hängt.

Nach dem Schusse war keine Zeit zu verlieren. Wir saßen zu Pferde; ich mit Harry’s Pferde voran, flogen wir über den Thalgrund. Der Schuß wäre ganz unnötig gewesen. Wir hätten von Harry’s Klugheit erwarten können, daß er sich von einem hinterlistigen Indianer nicht überraschen lassen würde. An der Erde lag der Indianer, und über ihm stand Harry’s Hund. Nicht weit von ihm stand Harry, und hielt ein wunderbar schönes Mädchen in seinen Armen. Ihre schwarzen, langen Locken flogen in Unordnung um ihren Kopf.

Ehe Harry nach dem Schusse, der ihn unangenehm überrascht hatte, da er alle seine Pläne durchkreuzte, seine Schritte beschleunigen konnte, hatte sich der Vorhang der Hütte geöffnet, und das junge Mädchen war herausgestürzt und ihm in die Arme geflogen.

„Misericordias, misericordias!“ rief sie ihn umklammernd.

Harry war ganz überrascht und versunken in ihre Erscheinung. Es war sein Glück, daß ich erschien, denn er schien Alles um sich vergessen zu haben. Ich hatte nur noch Zeit, meinen treuen Caro auf Conanha zu hetzen, den er zu Boden warf, aber nicht früher, bis dieser sein Kriegsgeschrei ausgestoßen, dann griff ich vom Pferde herunter nach dem jungen Mädchen, das aber Harry zu fest umschlungen hielt.

(Schluß folgt.)




Die Ahnengruft der Hohenzollern.

Von dem alten Onolsbach (Ansbach) in Mittelfranken führt in nordöstlicher Richtung durch eine anmuthige Gegend die Straße zu dem nahgelegenen Marktflecken Heilsbronn mit seiner herrlichen Klosterkirche, in welcher die Ahnen des preußischen Königshauses begraben liegen. Der älteste Theil dieses ehemaligen Klosters ist die sog. Heideckercapelle mit einem kleinen romanischen Chörchen, welche ihre Erbauung einem Ritter von Heideck verdankt, dessen Stammschloß in der Nähe lag. Der Tradition zufolge fand einstmals dieser Heideck, von heftigem Fieber befallen, im wilden Walde einen erfrischenden Born. Nach einem brünstigen Gebete um Linderung seiner Schmerzen trank er in vollen Zügen aus der Quelle, und genas alsobald. Aus dankbarem und gläubigem Herzen errichtete er über diesem Heilbrunnen eine Capelle. Im Volke wurde nun in kurzer Zeit die Heilkraft dieses Wassers bekannt, es wuchs die Zahl der Wallfahrer von Jahr zu Jahr, und bald wurde dieser wunderthätige Ort in allen deutschen Gauen hochberühmt. Neben der kleinen schlichten Capelle erbauten nun die Brüder Rupert und Conrad von Abenberg ein Cistercienserkloster, welches der Apostel von Pommern, Otto der Heilige, im Jahre 1132 einweihete.

Von Kaiser Ludwig dem Bayer sehr begünstigt, wurde es der Begräbnißort der Burggrafen von Nürnberg aus dem Hause Hohenzollern, der Stammväter des jetzigen Königs von Preußen. Dieselben waren auch zugleich die Schutz- und Schirmherrn von Heilsbronn. Durch den schnellen Eingang, welchen die Reformation in Franken fand, sank rasch der Ruhm dieses Klosters; zuletzt aufgelöst, wurde die imposante Kirche für den protestantischen Gottesdienst der Ortsbewohner eingerichtet. Man zimmerte in die Mitte dieses großen Baues einen barocken Verschlag, damit die Predigt des Geistlichen besser zu hören war. Durch diesen Vandalismus wurde denn nun der erhabene Eindruck, den die Kirche auf den Besuchenden machte, gänzlich zerstört. Bis Mitte dieses Jahrhunderts ist sie so vernachlässigt worden, daß es die höchste Zeit war, sie dem Ruin zu

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1859). Leipzig: Ernst Keil, 1859, Seite 544. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1859)_544.jpg&oldid=- (Version vom 22.9.2023)