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Verschiedene: Die Gartenlaube (1859)

konnte der Fürst verkaufen! konnte das zum Theil Vollendete verkaufen, um in einer andern Wüstenei von vorne anzufangen! Was ihn dazu trieb? – es muß die Nothwendigkeit gewesen sein, da, wie die Leute behaupten, nach Uebergabe der Besitzungen an den jetzigen Prinzen Friedrich der Niederlande ein schwarzer Mann auf weißem Roß um die Mitternachtsstunde die weiten Anlagen nach allen Richtungen durchstreift habe, der Fürst sich aber, trotz der freundlichsten Einladungen, seitdem noch nie wieder habe in Muskau blicken lassen.

Ueber einen ziemlich ansehnlichen Viaduct, welchen anbringen zu können, expreß eine Schlucht hervorgezaubert wurde, gelangten wir auf ein Plateau, die sogenannte Terrasse, von dem aus man noch einmal einen vollen Blick von oben auf den pleasure-ground hat, und verfolgten dann den Weg über die waldige Berglehne nach dem englischen Hause. Es ist dies eine Art Restauration in dem eleganten englischen Cottagestyl, wo wir, der vorgerückten Tageszeit wegen, unsern Vormittagsspaziergang beendeten. Einen dritten großen Theil des Parkes gaben wir auf und fuhren am Nachmittag statt dessen nach dem drei Stunden entfernten Jagdschloß.

Muskau. Das alte Schloß.

Hier fanden wir nicht das Erwartete. Eine ziemlich unfreundliche Dame, aber ein desto liebenswürdigerer Jagdhund empfingen uns auf den Stufen einer Dienstwohnung, die zu einem in modern-gothischem Styl erbauten kleinen Jagdschloß gehört. Von dem Hunde bekamen wir ungleich mehr Auskunft über die Sehenswürdigkeiten, als von der Dame, da ersterer durch seine Sprünge und sein Laufen anzudeuten schien, wohin wir unsere Richtung nehmen möchten, während letztere ihn dafür zurückrief und einsperrte. Der rund herum angelegte Park ist noch jung und wohl, wie die Gebäude, erst von dem jetzigen Besitzer geschaffen, dagegen trägt ein älterer Theil in demselben durchaus den Charakter eines Urwaldes an sich.

Muskau. Die Hermannseiche.

Ein wildes pêle-mêle von gigantischen Fichtenstämmen und Moos ist noch von dem Fürsten auf dieselbe sinnige Weise, wie die nächste Umgebung der Stadt, zu einer Art Park umgewandelt und eine Verbindung dieser beiden Anlagen durch Anpflanzungen herbeigeführt worden.

Wie nett obige Dame war, zeigte sich noch einmal bei unserer Abfahrt, da sie, als wir beklagten, den Holzthurm für die schönen Aussichten verschlossen gefunden zu haben, ziemlich kurz äußerte: „Den Schlüssel hätten Sie bekommen können.“ Jetzt war es natürlich zu spät.

Das sehr niedliche Bad von Muskau, eine architektonische Bijouterie und Lieblingsidee der früheren Fürstin, liegt in dem von uns am Morgen nicht besuchten Theil des Parks und nicht gar entfernt von einem Alaunwerk, dessen widrige Dämpfe gewiß oft, wie an jenem Tage, eine arge Belästigung der in der Nähe befindlichen Geruchsorgane werden.

Gegen Abend waren wir wieder zurück und zwar nur kurze Zeit vor dem Abgange der Post, mit welcher zu fahren wir beschlossen hatten. Eine unerwartete Anzahl von Reisenden nach der Eisenbahnstation Sorau hatte sich eingefunden, und nur diesen verdankten wir unsere Mitnahme. Wir kamen in den dritten Beiwagen, und die armen Pferde, welche uns so eben vom Jagdschloß nach Hause gezogen, mußten uns wieder weiter befördern gen Triebel.

Daß der jetzige prinzliche Besitzer der Herrschaft Muskau den Plan des Fürsten mit großem Eifer fortsetzt, beweisen die jungen, in Sand gepflanzten Baumanlagen, welche sich zu beiden Seiten der Chaussee noch weit hinaus erstrecken. Auf diese Weise ist es wohl möglich, daß in so und so langer Zeit das ganze 8½ Quadratmeilen umfassende Gebiet ein Garten wird.

In Sorau endete alle Poesie; der Klang der Worte „Berlin, zwei Zweiter“ schnitt sie ab wie mit kaltem Eisen.




Berliner Bilder.
Von E. Kossak.
7. Die Reactionäre.

Vorläufig ist allerdings die Zeit dahin, in welcher sich die zeichnende Kunst mit der Darstellung der politischen Parteien beschäftigte, allein nach dem Gesetze vom Umschwunge aller Dinge kann sie dereinst wiederkehren, und die Zeichner der Zukunft werden sich den Memoirenschreibern der Vergangenheit vielleicht dankbar verpflichtet fühlen für gewisse Aufzeichnungen und Winke, welche zum Besten der Culturgeschichte und Costümkunde benutzt werden können.

Wer heute die vor zehn Jahren angefertigten Schrift- und Zeichenwerke durchstudirt, bemerkt sicherlich, daß die meisten Abbildungen nur der demokratischen Partei gelten, und daß ihre Gegner höchstens durch die allgemeine Symbolik der Pickelhaube, die Physiognomie gewisser parlamentarischer Persönlichkeiten und das Attribut des Ministerstuhles dargestellt worden sind. Bekanntlich fällt dem Andenken des verewigten Buchhändlers Bassermann, eines Herrn

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1859). Leipzig: Ernst Keil, 1859, Seite 624. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1859)_624.jpg&oldid=- (Version vom 7.1.2019)