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verschiedene: Die Gartenlaube (1860)

No. 19. 1860.
Die Gartenlaube.
Illustrirtes Familienblatt. – Verantwortl. Redacteure F. Stolle u. A. Diezmann.

Wöchentlich 11/2 bis 2 Bogen. Durch alle Buchhandlungen und Postämter vierteljährlich für 15 Ngr. zu beziehen.


Für Holstein und Kurhessen!!

So lang noch eine deutsche Stimme
Sich laut und frei erheben darf,
So lange noch an deutschem Grimme
Sich schleifen deutsche Schwerter scharf,
So lange deutsche Noth und Schmach
Aus deutschen Augen Thränen pressen:
So lang laßt nie zu rufen nach
Die Namen Holstein und Kurhessen!

Das ist ein Ruf der Todte wecken
Und Lebende erstarren kann,
Voll Scham und Schande ist’s ein Flecken,
Der unsrer Ehre haftet an,
Das ist ein Schmerz, der glühend tropft,
Zahnknirschend, mit verhalt’nem Grollen
An jede Thüre mahnend klopft –
Doch bald wird er wie Donner rollen!

Ein Glied, das in fluchwürd’ger Stunde
Von unserm Leib gerissen los,
Und eine breite Todeswunde,
Die blutend klafft in unserm Schooß:
So ballt sich krampfend jede Hand,
Und schreit zum Himmel ungemessen
Das eig’ne Blut im eig’nen Land,
Im Lande Holstein und Kurhessen!

In unsern Thälern, unsern Bergen
Hallt zürnend wieder dieser Schrei,
Ob fremde oder eig’ne Schergen,
Der Freiheit gilt es einerlei;
Fragt ihr, von welchem Strauch der Stock,
Zeigt euer Rücken blut’ge Strähne –
Deutschland liegt wimmernd auf dem Block,
Und Büttel ist nicht blos der Däne!

Verloren längst ging aller Glauben
An Siegelwachs und Pergament.
Nichts soll dem deutschen Wort ihn rauben,
Das einzig noch sich heilig nennt;
Von deutschem Blut hat’s oft getrieft,
Nie sei es ohne Kampf vergessen:
Mit deutschem Wort auch ist verbrieft
Das Recht von Holstein und Kurhessen!

So zieht denn hin, es einzulösen,
Verbunden ist, wer Deutscher heißt,
Bedecket erst die eig’nen Blößen,
Eh’ fremde Fetzen ihr zerreißt;
Den heil’gen Kampf für eig’nen Heerd
Am eig’nen Heerd zuerst geschlagen,
Dann mag das schlachterprobte Schwert
Die fernern Feinde vor euch jagen!

Daß Deutschlands Eiche frisch erstarke,
Erwägt ihr, gegen äußern Sturm;
Wie soll sie grünen, wenn im Marke
Gefräßig nagt manch’ gift’ger Wurm?
Nach innen sei der Blick gewandt –
Was wir besitzen und besessen,
Umschlinge neu der Einheit Band,
Und frei sei Holstein und Kurhessen!!

Albert Traeger.


In den Casematten Magdeburgs.[1]
Von Levin Schücking.
1.

In den letzten Jahren des siebenjährigen Krieges hatte Magdeburg, die große Elbfestung, das Hauptkriegsbollwerk des preußischen Staates, nach und nach eine Menge österreichischer Kriegsgefangener aufnehmen müssen. In jenen Tagen war das Loos eines Soldaten kein beneidenswerthes; im Gegentheil, es hatte mit dem Schicksale eines geplagten Hundes weit mehr Aehnlichkeit, als mit dem eines in der heiligen Taufe mit seinem richtigen Christentitel versehenen anständigen Menschen. War der Soldat namentlich einer von denen, welche man „unsicher“ nannte, so war die von allen Philosophen jedem menschlichen Individuum eingeräumte bestimmte Sphäre von Rechten für ihn die reine Illusion; die ganze Theorie von den Rechten und Pflichten des Menschen, von denen Cicero so schön geschrieben und Kant so tiefsinnig gedacht und Mirabeau so hinreißend gesprochen hat, – diese ganze Theorie stand in unglaublicher Abkürzung, aber mit sehr deutlicher grober Schrift vom Haselstock auf seinem Rücken geschrieben. Dem „Halbvertrauten“ ging es nicht viel besser, und nur dem „Ganzvertrauten“, dem mit Weib und Familie versehenen eingeborenen Landeskind, sah man wohl etwas durch die Finger, wenn ihn einmal das ungerechtfertigte

  1. Es ist das erste Mal, daß diese höchst denkwürdigen, bis jetzt fast unbekannten historischen Thatsachen, von denen Trenck in seiner Lebensbeschreibung nur Andeutungen gibt, in ausführlicher Weise erzählt werden. Auch die Hindeutung auf den eigentlichen Grund der grausamen Behandlung des Freiherrn von der Trenck ist neu und jedenfalls richtiger als die in Trenck’s Erzählung.
    Die Redaction.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1860). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1860, Seite 289. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1860)_289.jpg&oldid=- (Version vom 11.5.2017)