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verschiedene: Die Gartenlaube (1860)

selbst oben in eine feine Spitze ausgehen und vergoldet diese, um sie vor Rost zu bewahren. Was die zweite Bedingung betrifft, so leuchtet ein, daß, wenn die Leitung an einer Stelle des Blitzableiters mangelhaft oder gar vollständig unterbrochen ist und ein Blitz in denselben einschlägt, dieser an der betreffenden Stelle leicht auf seitliche Gegenstände überspringen kann. Ein solcher Blitzableiter würde mehr schaden, als nützen können. Um die Leitung nach dem Boden hin möglichst vollständig zu machen, leitet man das untere Ende der Stange in einen Behälter, der mit Wasser sich gefüllt erhält, oder, falls dies unmöglich ist, wenigstens an einen feuchten Ort; auch theilt man gern das untere Ende in mehrere Arme und umgibt diese mit gestoßener Kohle, welche ein guter Leiter der Elektricität ist. Ist drittens die Dicke der Blitzableiterstange zu gering, so kann leicht der Fall eintreten, daß der Blitzstrahl nicht rasch genug nach dem Boden abströmen kann und in Folge dessen sich auf seitliche Gegenstände wirft. Dem seitlichen Ueberspringen des Blitzes werden hauptsächlich metallische Gegenstände ausgesetzt sein, wie etwa Metalldächer, und es ist von großer Wichtigkeit, daß derartige Gegenstände in hinlängliche Leitung mit dem Blitzableiter gesetzt werden und nicht etwa von diesem isolirt sind, wie Einige für gut befanden.

Ein nach solchen Principien eingerichteter Blitzableiter schützt nicht nur das Gebäude, woran er angebracht wird, sondern auch die nächste Umgebung, und zwar, wie man annimmt, in einer Entfernung vom Blitzableiter, welche doppelt so groß ist als die Höhe der Stange. An directen Beispielen des Nutzens, den ein gut eingerichteter Blitzableiter gewährt, fehlt es nicht; es möge hier von den zahlreichen nur eines angeführt werden. Der Thurm des Freiburger Münsters ist wiederholt von Blitzstrahlen getroffen worden, die das herrliche Kunstgebäude mehr oder weniger beschädigten. Ein Strahl, welcher am 28. April 1561 die Pyramide traf, richtete so bedeutenden Schaden an, daß die Kosten der Reparatur auf die benachbarten Stifte vertheilt werden mußten. Ebenso verherend wirkten, wenngleich in geringerem Grade, zwei andere Blitzschläge am 2. Januar 1819 und am 10. Januar 1843, worauf im Jahre 1844 der Thurm nach der Angabe Frick’s mit einem sehr zweckmäßigen Blitzableiter versehen wurde, dessen Einrichtung sich so trefflich bewährte, daß ein Blitzstrahl, der am 28. April 1847 den Thurm traf, dem Blitzableiter folgte, ohne auch nur den geringsten Schaden anzurichten.

Die prächtige Naturerscheinung des Gewitters bietet noch eine Menge Verhältnisse dar, welche von Seiten der Physik ihre Aufklärung finden müssen und die wir wohl nächstens noch näher besprechen.



Aus Garibaldi’s Leben.

Nr. 2.


Wohl selten hat die Geschichte von einem Leben zu melden, das wechselvoller und vielbewegter sich gestaltete, wie das jenes Mannes, welcher als das gefeierte Haupt des demokratischen Italiens, aus nationalen Rücksichten die monarchische Fahne Victor Emanuels entrollend und von Sieg zu Siege tragend, die Blicke der Welt in so reichem Maße auf sich gezogen hat und vielleicht noch lange nicht am Ziele seines hochfliegenden Strebens steht. Reich an Abenteuern und Gegensätzen, bietet dieses Leben eine solche Fülle des Interessanten, daß wir gern bei ihm verweilen und staunend die große Ausdauer bewundern, die den kühnen, thatendurstigen Mann unter den verschiedenartigsten Verhältnissen zur Verwirklichung seiner idealen Pläne antrieb und leitete.

Giuseppe Garibaldi, der Vielgeschmähte und Hochgepriesene, wurde, wie er selbst erzählt, am 22. Juli 1807 zu Nizza in demselben Hause und demselben Zimmer geboren, in welchem auch Frankreichs berühmter Marschall Massena das Licht der Welt erblickte. Mit großer Hochachtung und tiefer Zärtlichkeit gedenkt er seiner Eltern, seines aus Chiavari gebürtigen Vaters, Dominico Garibaldi, und namentlich seiner Mutter, Rosa Ragiundo, in welcher er das Musterbild aller Frauen verehrt. Der Sohn eines Seemanns und selbst Seemann, gedachte ihn sein Vater zu einem gleichen Berufe zu erziehen, und da er eben nicht sehr mit Glücksgütern gesegnet war, so sah er sich auch nicht im Stande, dem Sohne irgend eine aristokratische Bildung angedeihen zu lassen. „Mein Vater,“ so erzählt er, „ließ mich weder in der Gymnastik, noch in der Fechtkunst oder im Reiten unterrichten. Allein ich erlernte doch eine Art Gymnastik, indem ich in den Wandtauen herumkletterte und im Seilwerk herabglitt, die Fechtkunst, indem ich mein Haupt vertheidigte und das meiner Feinde zu spalten suchte, das Reiten aber, indem ich mir die ersten Reiter der Welt, ich meine die Gauchos, zum Muster nahm.“ – Dagegen war der junge Giuseppe einer der verwegensten Schwimmer, dem kein Strom zu breit und zu reißend dünkte, und der sich im Meere so heimisch fühlte, daß er glaubte, er habe von Kindesgebeinen an schwimmen gekonnt und sei als „Amphibie“ geboren. Uebrigens befand sich in jener traurigen Zeit das Amt der Jugenderziehung zu Piemont in den Handen fauler, nichtsnutziger Mönche, die nur dahin strebten, aus den jungen Leuten ihres Gleichen heranzubilden.

So verbrachte Giuseppe die ersten Jahre seiner Kindheit, wie sie die meisten Kinder verbringen, unter Lachen und Weinen, mehr dem Vergnügen, als der Arbeit, mehr der Erheiterung, als den Studien hingegeben. Schon frühzeitig entwickelte sich jedoch in ihm der Drang nach Abenteuern. Des Schulzwangs und der sitzenden Lebensweise müde, nahm er sich eines Tages mit dreien seiner Altersgenossen, Cesar Parodi, Raffaello de Andreis und Celestino Bermond, vor, nach Genua zu entfliehen. Gesagt, gethan. Sie suchten sich ein Fischerboot zu verschaffen und machten sich auf den Weg nach der Levante. Kaum hatten sie aber die Höhe von Monaco erreicht, als schon ein Korsarenschiff, das sein trefflicher Vater ihm nachgesendet, sie einholte, gefangen nahm und ganz beschämt wieder nach Hause zurückbrachte. Ein Abbé, der sie beobachtet hatte, verrieth sie, wie sie nachmals erfuhren, „und daher,“ meint Giuseppe, „stammt wahrscheinlich meine geringe Sympathie und mein Groll gegen alle Abbé’s.“

Nachdem seine dürftige Jugenderziehung vollendet war, unternahm er seine erste größere Seereise auf der Brigantine „la Costanza“ nach Odessa, der bald eine zweite auf seiner eigenen Tartane „la Santa Reparata“ nach Rom folgte, die ihn mit der größten Freude erfüllte, denn Rom war für ihn Italien, das geheiligte Symbol der italienischen Einheit. Auf einer Fahrt nach Marseille weihte man ihn in die Plane der patriotischen Partei ein, der er sich mit ganzer Seele hingab. Mazzini, den er in Marseille persönlich kennen lernte, bezauberte ihn; er ging zu jener Zeit damit um, eine neue Schilderhebung für die Sache Italiens zu wagen, zu deren Leitung Ramorino – gegen Mazzini’s Ansicht – herbeigerufen wurde. Sie endete unglücklich. Garibaldi befand sich im Staatsdienst als Matrose erster Classe auf der Fregatte „Eurydice“; hier sollte er Proselyten für die Revolution machen und sich, falls der Handstreich der Insurrection gelingen würde, der Fregatte bemächtigen und dieselbe den Republikanern zur Verfügung stellen. „Ich wollte mich jedoch nicht,“ erzählt er, „bei dem Feuer, das mich durchglühte, zu dieser Rolle hergeben. Dagegen hatte ich vernommen, daß sich eine Bewegung in Genua vorbereitete, und daß man sich dabei der auf dem Sarzana-Platz gelegenen Gensd’armen-Caserne bemächtigen sollte. Ich überließ es daher meinen Cameraden, das Fahrzeug zu nehmen, und landete zur Stunde, in welcher die Bewegung ausbrechen sollte, auf einem Boote an der Douane zu Genua, von wo aus ich mich nach dem genannten Platze begab.

„Hier wartete ich fast eine Stunde lang: allein es bildete sich keine Zusammenrottung, und bald vernahm ich, daß das Unternehmen gescheitert wäre, und die Republikaner sich flüchteten. Man fügte hinzu, daß Verhaftungen vorgenommen würden. Da ich mich jedoch bei der sardinischen Marine engagirt hatte, um der sich vorbereitenden republikanischen Bewegung zu dienen, so hielt ich es für nutzlos, an den Bord der Eurydice zurückzukehren, und dachte ebenfalls an’s Flüchten.

„Im Augenblick, wo ich mich solchen Betrachtungen überließ, begannen Truppen, die ohne Zweifel von dem Plane der Republikaner,

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verschiedene: Die Gartenlaube (1860). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1860, Seite 504. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1860)_504.jpg&oldid=- (Version vom 20.8.2021)