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Mathilde und andere bonapartische Verwandte dieses frohe Ereignis in den herzlichsten Ausdrücken, begleitet von innigen Grüßen an die Frau Gemahlin und das Kind, an. 1837 wurde ihm sogar die Freude zu Theil, daß er einen jetzt hoch über Recht und Gesetz erhabenen Retter als Gast bei sich bewillkommnen durfte. Louis Napoleon Bonaparte hatte nämlich damals in Straßburg den verunglückten Versuch gemacht, durch die Gnade Gottes und den Willen des Volkes Kaiser der Franzosen zu werden, und wurde von Louis Philipp auf dem französischen Staatsschiffe Andromeda nach Newyork in die Verbannung geschickt. Da er nicht viele Geldmittel besaß, nahm er es mit der Verwandtschaft nicht sehr genau und suchte in der Erwartung, eine vetterliche Aufnahme zu finden, den Sohn der Miß Patterson auf. Dieser gewährte ihm den gehofften freundschaftlichen Empfang und lud ihn ein, in seinem Hause zu wohnen, was Louis Napoleon auch mit der größten Bereitwilligkeit annahm. Als darauf nach dem Scheitern des Boulogner Streiches (1840) der Staatsstreich vom 2. December 1851 gelungen war, stattete der amerikanische Jerome einen Gegenbesuch in Paris ab. Es schien auch, als ob Louis Napoleon seiner Verpflichtung, die er sich im amerikanischen Exil zugezogen habe, eingedenk wäre. Denn sowie Jerome angekommen war, empfing er eine Einladung als „Prinz Jerome“, und beim Eintritt in den Palast des Herrschers erhielt er von diesem eine geschriebene Erklärung, daß er ein gesetzliches Kind sei. Diese Erklärung gab jedoch Anlaß zu bedauerlichen Auftritten, Ränken und Händeln in der kaiserlichen Familie, weil jetzt der Sohn der Prinzessin Mathilde sich durch den Sohn der Miß Patterson den Rang abgelaufen sah. War der Amerikaner ein gesetzliches Kind, so mußte der Prinz Napoleon ein ungesetzliches Kind sein und später, wie auch die Prinzessin Mathilde, um seine Erbschaft gebracht werden. Ruhe und Frieden könnten nimmer wieder in das olympische Leben der Kaiserfamilie einziehen, wenn nicht der amerikanischer Störenfried zurück in die Urwälder geschickt wurde.

Der Prinz Napoleon und die Prinzessin Mathilde, die beiden bedrohten Kinder des alten Jerome, baten daher den Kaiser und den Familienrath, daß dem Plebejer untersagt werde, inskünftige den Namen Bonaparte zu führen, und Louis Napoleon, der jetzt nicht wieder in’s Exil nach Newyork zu kommen hofft, schickte das räudige Schaf der Familie in’s Land des Kolumbus zurück. Man glaubte, hierdurch sei der widrige Streit am besten und schnellsten beigelegt. Obendrein bot man mehrmals dem Amerikaner, um nicht in Zukunft von ihm belästigt zu werden, einen Herzogstitel an; aber derselbe schlug in einer Sache, wo es sich um eine Kaiseranwartschaft handelte, die ihm zugedachte Ehre immer großmüthig aus.

Der Tod des alten Jerome hat den bedauerlichen Zwist aufgefrischt. Miß Patterson und ihr Sohn Jerome haben eine Erbschaftsklage anhängig gemacht, verlangen die Aufnahme eines Inventars und beantragen die gesetzliche Theilung des Jeromistischen Erbes. Gewinnt der Amerikaner den Proceß, so werden der Prinz Napoleon und die Prinzessin Mathilde zu ungesetzlichen Kindern gemacht, denn sie sind in den Jahren 1806 bis 1812 geboren, in einer Zeit also, wo der Prinz Jerome noch nicht auf gerichtliche Weise von seiner ersten Frau geschieden war. Wie wird das unter dem Kaiser stehende Gericht in dieser kitzligen Angelegenheit entscheiden? Was wird die Mehrheit der Bonaparte-Familie und der Familienrath für räthlich finden?

Der „Moniteur“ hat schon gesprochen. Es giebt nur den einen gesetzmäßigen Erben, den Prinzen Napoleon, und der amerikanische Plebejer hat Unrecht. Unrecht hat er allerdings, wenn ein Kaiser, mächtiger als der Allmächtige, Recht in Unrecht verwandeln, Geschehenes ungeschehen machen und die Mitglieder des obersten Gerichtshofs in seine Lakaien verwandeln kann.

Die Hinterlassenschaft Jerome’s ist beiläufig sehr bedeutend. Wo sie und wie sie erworben ist, wissen alle die, welche die Geschichte seines westphälischen Königthums kennen.




Washingtons Auslagenberechnung nach seiner Abdankung als Oberfeldherr. Washington hatte bei der Uebernahme der Oberbefehlshaberstelle des amerikanischen Heeres jede Geldvergütung zurückgewiesen und sich nur vorbehalten, nach geschlossenem Frieden seine Auslagen zu berechnen. Am Tage, wo er den Oberbefehl niederlegte, reichte er seine Auslagenrechnung[1] ein, die wohl das merkwürdigste Actenstück dieser Art ist. Sie bekundet klar den einfach schlichten Sinn des großen Mannes. Wie der ordnungsliebende Hausvater, der gewissenhafte Kaufmann hatte er Buch gehalten über jede Ausgabe, die kleinen wie die großen. Während der acht Jahre des Krieges hatte er verbraucht: für seinen und seines ganzen Stabes Haushalt 69 250 Dollars und 3,378 Pfund Sterl. 14 Schill. 4 Den.; für gemeine Nachrichten und Spionenberichte 6.717 Doll. und 1,982 Pfd. St. 10 Schill.; für Recognoscirungs- und andere Reisen 42,7552/3 Doll. und 1,874 Pfd. St. 8 Schill. 8 Den., endlich für verschiedene Auslagen 40,4511/3 Doll. und 2,952 Pfd. St. 10 Schill.. 1 Den.; somit im Ganzen 160,074 Doll. und 10,197 Pfd. St. 3 Schill. 1 Den. – Jene 160,074 Doll. waren Papiergeld, das von Jahr zu Jahr im Werth fiel, so daß im Mai 1781 die runde Summe von 20,000 Doll. in Papier grade 500 Doll. in Münze werth waren, und nach der von Monat zu Monat aufgestellten Werthberechnung des Papiers jene 160,074 Doll. nur 20,393 Doll. oder 6,114 Pfd. Str. 14 Schill. Geldweerth gehabt hatten; wonach der ganze Betrag seiner Auslagen in den 8 Jahren sich auf 16,311 Pfd. St. 17 Schill. 1 Den. belief.

Es macht einen wunderbaren Eindruck, wenn man in dieser Rechnung dem Feldherrn Schritt für Schritt, von einem Lagerplatze und einem Schlachtfelde zum andern folgt und dann findet, daß er hier 5 Dollars für seine Wäsche, dort 3 Dollars für seinen Barbier ausgelegt; hier 8 Pfd. St. 12 Schill. 8 Den. an seinen Schneider, dort 3 Pfd. 12 Den. für Briefporto bezahlt; hier einem General 200 Guineen geliehen, dort einen Spion mit 5 Pfd. St. erkauft hat. Ein paar Sonderbemerkungen aber, die Washington hier und dort unter seine Rechnungen als Noten beilegt, sind zu bezeichnend, um sie nicht wiederzugeben. Im Mai 1780 berechnet er 133 Pfd. St. 16 Schill. als ihm vom Generalzahlmeister übergeben und setzt in einer Note hinzu: „Diese Summe steht in meinen Rechnungen als dem Schatz schuldig: aber ich habe sie in keiner Rechnung des Schatzes gegen mich aufgeführt finden können. Wo das Mißverständniß liegt, kann ich nicht sagen; aber ich möchte, daß es aufgeklärt werden könnte: da ich ebenso wenig wünsche, Schaden zuzufügen als Schaden zu leiden.“ (a. a. O. S. 34.)

Im Sept. 1781 berechnet er 800 Pfd. St. in Bausch und Bogen für seinen und seines Stabes Haushalt und sagt dann in einer Note: „Dies Geschäft war während der obigen Periode wegen Mangel eines guten Haushalters (wie ich selbst und Andere vergebens einen aufzutreiben suchten) in so verschiedenen Händen, – und die Rechnungen wurden nicht nur unregelmäßig geführt, sondern manche gingen auch verloren oder wurden verlegt, und einige so beim Verpacken beschädigt, daß sie nicht mehr brauchbar waren, so daß es mir unmöglich wurde, daraus feste Ansätze zu machen. Aber da hier von der Zeit die Rede ist, in welcher die französische und amerikanische Armee nur Ein Lager bei Philadelphia bildeten, und unsere Ausgaben am höchsten waren; und da diese Summe, so nahe als möglich mit der Durchschnittsangabe per Monat übereinstimmt, wie aus den Rechnungen des Lieutenant Colfar (des zeitigen Haushalters) hervorgehen wird; – so ist die obige Summe unter diesen Umständen nach dem Grundsatze aufgestellt, der am geeignetsten scheint, dem öffentlichen Schatze gerecht zu werden, ohne mich in Schaden zu bringen.“ (a. a. O. S. 39.)

Am Schlusse seiner Rechnung sagt er dann noch: „Bevor ich diese Rechnungen schließe, verlangen Gerechtigkeit und Billigkeit von mir, anzuführen, daß es Leute in den noch von der britischen Armee besetzten Landestheilen giebt, die unter den strengsten Versicherungen einer Vergütung von mir Ansprüche an den Schatz haben für Dienste, wodurch sie mir Privatnachrichten zugehen ließen; und die, wenn sie vorgelegt werden, ich mich in Ehren verpflichtet fühle zu zahlen. – Ich habe gedacht, daß es meine unerläßliche Pflicht war, diese Angelegenheit hier zur Sprache zu bringen, damit sie nicht vergessen werde, im Falle derartige Forderungen später gemacht werden sollten.“

Endlich berechnet Washington in einem Nachtrage zu seinen Ausgaben noch 1,064 Dollars für die Reisekosten und den Aufenthalt der Frau Sarah Washington im Lager, und fügt diesem Posten eine Note bei, in der es heißt: „Obgleich ich von diesen Reiseausgaben Notiz nehme, so führte ich dieselben nicht in meiner öffentlichen Rechnung auf. Die Ursache war: es schien mir im ersten Augenblicke beim Beginne der Auslagen, als ob dieselben den Privatcharakter hätten. Aber die besondern Umstände in meinem Kommando und die verwickelte Lage der öffentlichen Angelegenbeiten, die mich (zu nicht geringem Nachtheile in meinen Privatverhältnissen) zwangen, den stets zwischen dem Schlusse des einen und dem Beginne des andern Feldzuges beabsichtigten Besuch in meiner Familie von Jahr zu Jahr zu verschieben; und da die Auslagen die Folge davon und ebenso Folge meiner Selbstverleugnung waren, so denke ich, habe ich diese Auslagen ebenso berechtigt dem Schatze zuzuschreiben, als mir dies selbst ansteht. Und ich thue dies mit um so weniger Mißbehagen, als ich schließlich finde, daß ich nicht unbedeutend im Nachtheile bin, da meine Auslagen um ein gut Theil meine Einnahmen überschritten haben. Denn außer der Summe, die ich 1775) zu Anfang des Krieges mit nach Cambridge nahm, erhielt ich später 1777 und seitdem wieder Privatgelder, die alle im öffentlichen Dienste ausgegeben wurden, und die ich in der Eile, wie ich glaube, und bei der Verwirrung der Dinge vergessen habe aufzuschreiben, während jeder Pfennig gegen mich hier angeführt ist.“ –

Leicht überschleicht einen bei der Durchlesung dieser kleinbürgerlichen Ehrlichkeit des edeln Menschen und großen Mannes ein Gefühl des Erstaunens ob der Kleinlichkeit derselben. Aber war es nicht groß für ihn, in seinen Verhältnissen so klein zu denken und zu rechnen? Wem fallen dabei nicht die Millionen und Millionen ein, die Napoleon I. noch auf St. Helena berechnen und seinem Volke aufbürden zu dürfen glaubte, und die nach einem Menschenleben zu zahlen die Franzosen vom Hohne des Geschickes gezwungen wurden?

Wie viel größer erscheint nicht Washington in seiner Rechnung mit seinen kleinen Forderungen für das Große, das unendlich Große, das er geleistet hatte! –





„Für die Heuglin’sche Expedition“

zur Aufsuchung Vogel’s gingen bei dem Unterzeichneten noch ein:

1 Thlr. L. u. M. P. in Oelsnitz. – 15 Ngr. Beck in Oschatz. – 3 Thlr. Koschützki auf Gr.-Wilkowitz. – 5 Ngr. R. K. – 5 NGr. R. J. – 1 Thlr. Wilmers, Director in Soest. – 13 Thlr. aus Moskau. – 1 Thlr. W. J. D. in Carlsruhe. – 5 Thlr. A. W. in O. – 2 Thlr. Dienstags-Verein in Apolda.

Ernst Keil. 
  1. Fac Simile of Washington’s accounts from June 1775 to June 1783. Treasury Department, Registers office, 1 June 1783.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1861). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1861, Seite 112. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1861)_112.jpg&oldid=- (Version vom 14.9.2022)