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verschiedene: Die Gartenlaube (1861)

wüthend auf Euch, er will …“ Der Aufbruch war dazwischen gekommen und der eigentlich wichtige Theil seiner Warnung so dem wackern Reiterführer verloren gegangen.

Der Stoicismus dieses Letzteren erwies sich übrigens doch nicht stark genug, um so schweren und wiederholten Schlägen zu trotzen; er ritt wie in einer Art Betäubung im Zuge. Allmählich richtete er indeß das Haupt wieder auf, und jetzt hätte wohl Niemand den eisenfesten und gefürchteten Kriegsmann in ihm verkennen mögen. Seine Augen blitzten, ein fester, unwiderruflicher Entschluß stand auf seiner Stirn zu lesen. Wenn er sich nach der Abfertigung und Behandlung, die dem Prinzen Heinrich um seinetwillen von Friedrich zu Theil geworden war, und nach den erneuten Gnadenbeweisen dieses gegen seinen Widersacher, den General von Winterfeld, auch selber verloren geben mußte, so wollte er wenigstens seines Namens, seines Rufes würdig von der so lange mit Ehren ausgefüllten Stellung zurücktreten. Jahrelang hatte er in der Hoffnung, das einst besessene Vertrauen des Monarchen sich wieder zugewandt zu sehen, alle die auf ihn gehäuften Kränkungen und Zurücksetzungen schweigend, ohne Murren, ohne Klagen ertragen; jetzt aber, wo diese Hoffnung geschwunden, war plötzlich auch eine völlige Wandelung über ihn gekommen. Einen Mittelweg gab es für diesen einfachen, schlichten Charakter nicht; heute noch, so rief es mit tausend Stimmen in ihm, heute noch sollte die Entscheidung erfolgen.

Es war das überhaupt eine böse Zeit am preußischen Hofe und in der preußischen Armee, so um 1753 herum. Der Einfluß des Generals von Winterfeld auf den König war damals bis zu einem später nicht wieder erreichten Höhepunkt gestiegen, und der General war eifersüchtig auf die ihm unverhohlen entgegengetragene Gunst seines Monarchen, sehr eifersüchtig. Niemand sollte dieselbe mit ihm theilen, jeder von dem dies zu fürchten stand, jeder der sich vor ihm nicht beugen oder seinem aufgehenden Sterne huldigen wollte, war sein Feind, und nichts ließ er unversucht, denselben zum Fall zu bringen. Mehr als einer von den Helden der beiden ersten schlesischen Kriege, so im vorigen Jahre erst noch der berühmte Führer der Dragoner von Bayreuth bei Hohenfriedberg, Otto von Schwerin, waren diesem verdeckten Intriguenspiele bereits zum Opfer gefallen, vor allem aber galt es Ziethen, den der König bis dahin vielleicht am meisten mit in sein Herz geschlossen hatte.

Das Werk war schwierig, aber mit jahrelanger Mühe schien es jetzt endlich der Vollendung nahe. Friedrich sah, Dank diesen ewigen Einflüsterungen, in dem biedern alten Husaren nur noch den einst gelegentlich glücklichen Haudegen, ohne wissenschaftliche Bildung, ohne eigentliche militärische Fähigkeiten noch Verdienste. Sein Regiment, diese berühmten Husaren von Ziethen, deren Name schon den Feinden eine Gänsehaut den Rücken niederlaufen machte, galten ihm nachgerade als das schlechteste Regiment seiner ganzen Armee, die Dragoner von Bayreuth etwa ausgenommen, welche nach der Ansicht des Königs sich seit dem Frieden einer wie alle ebenso dem Suff ergeben hatten, als die Ziethen’schen Husaren seitdem gleicherweise verloddert waren. Und die Schuld dieses letzten Falls lag ausschließlich bei Ziethen, der seine Kerle ebensowenig zusammenzunehmen, als zu exerciren verstand. Der Mann war eben alt und stumpf geworden und taugte zum Husaren den Teufel nicht mehr. General Winterfeld hatte deshalb auch den Naditschzander, einen ehemaligen ungarischen Parteigänger von geringem Namen, nach Potsdam berufen; als Ungar war er Husar von Kindesbeinen an und schien deshalb vollkommen geeignet, die Dinge bei dem Ziethen’schen Regiment und dem preußischen Husarenthum überhaupt wieder in’s rechte Geleise zu bringen. Endlich, was für Winterfeld wenigstens weit wichtiger noch, bei diesem prahlerischen, rohen Gesellen brauchte der General nicht zu besorgen, je von ihm in der königlichen Gunst beeinträchtigt zu werden.

Der König und sein Gefolge hatten auf dem von ihnen eingeschlagenen Wege von Potsdam nach Spandow mittlerweile die Gegend zwischen den Dörfern Gatow und Fahrland erreicht, und hinter diesem letzteren Orte bemerkte man ein starkes Corps Truppen von allen Waffen auf der von dort gegen die genannte Festung sich ausbreitenden Ebene aufgestellt. Das Ziethen’sche Husarenregiment bildete dabei den der anlangenden königlichen Suite zunächst befindlichen rechten, das aus Niederschlesien eigens zu diesem Manöver herangezogene Szekulische Husarenregiment dagegen den nach Spandow gekehrten linken Flügel. Da jedoch der Raum zwischen den beiden Dörfern durch den Bogen, welchen die Havel bei Gatow bildet und den bei Fahrland gelegenen Landsee defiléartig verengt war, befand sich das erstangeführte Regiment mit den übrigen Truppen nicht in gleicher Höhe aufgestellt, sondern gleichsam als eine Art Avantgarde bis nahe der Landstraße vorgeschoben. Die Trompeter und der Pauker, mit den bei Katholisch-Hennersdorf den sächsischen Cürassieren von Obyern entrissenen und seitdem als seltenste den Husaren gewährte Auszeichnung von dem Ziethen’schen Regiment geführten Pauken, hielten vor der Front desselben.

Das ganze hier versammelte Corps mochte etwa bei 20,000 Mann stark sein, obgleich die Zahl der Truppen aber nur eine beschränkte war, so vereinigte sich doch Alles, dies militärische Schauspiel für weit bedeutender als sonst vielleicht erscheinen zu lassen. Die Morgensonne spiegelte sich in den blanken Waffen dieser furchtbaren Bataillone und Schwadronen und hielt mit ihrem Reflex die langen regungslosen Linien derselben wie mit dem Nimbus ihrer früheren und künftigen Thaten umwoben. Der Ruhm der Namen Mollwitz, Czaslau, Hohenfriedberg, Soor und Kesselsdorf schien mit den spielenden Sonnenstäubchen gleichsam noch um diese sich im Morgenwinde blähenden Fahnen und Standarten zu schweben. Dazu der wolkenlose blaue Himmel, die freundliche grüne Ebene hier, der breite, in dem goldenen Lichte des jungen Tages erglänzende Strom dort, mit den pittoresken, waldbewachsenen Höhen an seinem jenseitigen Ufer; die Stadt mit dem mächtig aufstrebenden Thurme ihrer Kirche, aus welcher einst das Licht der Reformation über diese Lande aufgegangen, in der Ferne, und der dunkle Wald im ganzen Umkreise dieses schönen Rundgemäldes, – es war ein Anblick, der sich seiner Wirkung wohl versichert halten mochte.

Auch hatte der König fast unwillkürlich mit dem Betreten der Ebene die Zügel seines Pferdes angezogen. Seine Augen ruhten wohlgefällig auf dem schönen Schauspiel vor ihm, bevor er jedoch noch dieser freundlichen Empfindung Worte geliehen, fielen seine Blicke auf das ihm im ersten Moment noch durch ein vorliegendes Gebüsch halb verborgene Regiment Ziethen Husaren, und die hellen Zornesflammen begannen in seinem Antlitz aufzusteigen.

„General-Wachtmeister von Ziethen,“ rief er zu diesem gewendet, „ich beauftrage Ihn, seinem Oberstlieutenant von Zedmar für die Aufstellung seines Regiments dort in diesem cul de sac meine höchste Unzufriedenheit zu erkennen zu geben. In meinem Leben ist mir noch kein Fall von einer schlechteren Position für ein Husarentroupe zu Gesicht gekommen. Wohin sollen die Kerle denn von diesem mechanten Plätze dort attaquiren? Wenn nun …“ Zu allem Unglück hatten die vorgeschobenen Plänkler jetzt auch die ihnen gleicherweise noch durch das vorliegende Gebüsch verborgene Ankunft des Königs entdeckt und an ihr Regiment zurückberichtet, und die Trompeten und Pauken desselben begannen zu dessen Empfange zu wirbeln und zu schmettern, daß Friedrich sein eigenes Wort kaum zu verstehen vermochte.

(Schluß folgt.)




Vorlesungen über nützliche, verkannte und verleumdete Thiere.

Von Carl Vogt in Genf.
Nr. 3.
Widerwille gegen alle Reptilien - Regazzoni und seine geheilte Hellseherin - Giftige Schlangen - Ihr Giftapparat und dessen Mechanismus - Folgen eines Bisses - Wie man sich gegen Giftschaden zu wehren hat.

Meine Herren!

Die Thierclasse, mit der wir uns heute beschäftigen wollen, flößt allerdings einen unwillkürlichen Abscheu ein. Trotzdem daß ich lange und anhaltend, ja mit Vorliebe könnte ich sagen, den Haushalt und die Entwicklung von einigen dieser Thiere studirt habe, so kann ich mich doch einer unangenehmen Empfindung, eines gewissen Schauers nicht ganz in dem Augenblicke erwehren, wo ich eine Schlange oder einen Frosch, oder gar einen Salamander

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verschiedene: Die Gartenlaube (1861). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1861, Seite 377. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1861)_377.jpg&oldid=- (Version vom 11.9.2022)