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verschiedene: Die Gartenlaube (1861)

bald nach Schlesien zu entkommen. Als er von Glatz aus als Courier nach Königsberg kam, da ward ihm auch die vollste Anerkennung für die am 17. Oktober bewiesene Treue und Entschlossenheit. In einer besondern Audienz von der gefeierten Königin Louise empfangen, erhielt er, mit Worten des rührendsten Dankes, aus ihren Händen den Verdienstorden, und Friedrich Wilhelm III. ernannte ihn zum Rittmeister und Escadronchef. Bei der Reorganisation der Armee erhielt er eine Escadron im zweiten schlesischen Husarenregiment, 1812 wurde er Major. – Der Feldzug von 1813 brachte Hellwig Ehre auf Ehre; mit seinem Detachement abgeschickt, die Verbindung zwischen Erfurt und Magdeburg unsicher zu machen, überfiel er bei Langensalza das aus Rußland zurückkehrende, über 2200 Mann starke baierische Contingent unter General von Rechberg und zerstreute es; von der dabei erfochtenen Beute sandte er fünf Kanonen nach Breslau, es waren die ersten Trophäen, welche dem vom Schicksale gebeugten Preußenkönige zu Füßen gelegt wurden – dafür erhielt Hellwig das eiserne Kreuz Zweiter Classe, als zweiter Mann in der Armee, welcher mit diesem eben gestifteten Ehrenzeichen geschmückt wurde; – fünf Tage später, am 17. April, hob er den bei Wanfried stehenden starken Vorposten der westphälischen Truppen auf, wobei von dem Heldenhäuflein 2 Officiere, 80 Husaren und 50 Infanteristen gefangen genommen und 100 Pferde erbeutet wurden; dafür kam ein anderweites Zeichen der Anerkennung für den Major aus Breslau, das eiserne Kreuz erster Classe – und er war noch dazu der Erste, der dieses Wahrzeichen aus schwerer Noth empfing. – Nach der Schlacht von Groß-Görschen und dem Uebergange über die Elbe machte Blücher Hellwig bekannt, daß der König ihm bewilligt habe, ein Freicorps zu bilden, zu dessen Formirung er neben seiner die Escadron von Laroche verwenden, seine Kräfte nach Gelegenheit vermehren und mit denselben nach eigenem Ermessen operiren könne. So entstand das bekannte „Hellwigsche Freicorps“, dessen Cavallerie 1815, zur Bildung des 7. Ulanenregiments, die Infanterie zu der des Füsilierbataillons des 27. Regiments verwendet wurde, als Hellwig zum Chef des 9. Husarenregiments avancirte; als solcher focht er ehrenvoll bei Wavre und Namur und zog am 8. Juli an der Spitze dieses Regiments, dem als besondere Auszeichnung eine neue Standarte verliehen wurde, unter den Siegern mit in Paris ein. – 1830 erhielt er das Commando der 15. Cavallerie-Brigade, wurde 1831 Generalmajor und Ritter des rothen Ankerordens zweiter Classe.

Der unscheinbare Secondelieutenaut von 1806, der sich vor Eisenachs Thoren die Sporen verdient halte, stand 1838 mit Lorbeeren und Ehrenzeichen bedeckt vor seinem Könige, dem er in „schwerer Noth“ treu gedient, und bat um seinen Abschied. Er wurde ihm mit dem Charakter Generallieutenant. Nach sieben Ruhejahren starb er am 26. Juni 1845, zu Liegnitz, das er zu seinem Wohnplatze gewählt hatte, um im Kreise seiner zahlreichen Waffengefährten und Freunde zu leben, und er hatte derselben eine große Menge, „denn wem er Freund war, dem war er es probehaltig und wirklich, und zu allen Zeiten.“

E. St.




Die volta-elektrische Metallbürste von Imme, welche neuerdings mit großem Aufwande in allen Zeitungen annoncirt wird, ist nur eine neue veränderte Auflage der Goldbergerschen Rheumatismusapparate; letztere sind in ihrer Unwirksamkeit längst erkannt, und Verf. muß nach genauer Prüfung auch der Imme'schen Bürste dieses Schicksal prophezeien; da es sich um die Ausgabe von vier Thalern dabei handelt, so scheint es angemessen, leichtgläubige Käufer schon jetzt darauf aufmerksam zu machen.

Die Bürste wird zwar von einem promovirten Arzte, der sich „Ehrenmitglied“ verschiedener imaginärer „Akademieen“ nennt, empfohlen, aber diese scheinbare Wissenschaftlichkeit ist nur ein wenig dauerhafter Firniß, durch welchen einem ganz gewöhnlichen Humbug ein reputirliches Aeußere ertheilt werden soll. Die Bürste stellt allerdings mit einem volta-elektrischen Doppelelemente in Verbindung, welches in der That die Multiplicatornadel um ein Geringes ablenkt, und hieraus legen die Erfinder das größte Gewicht; es ist aber nicht daran zu denken, daß ein so schwacher Grad von Galvanismus auf den Menschen durch das Medium der Oberhaut auch nur die oberflächlichste Wirkung ausübt; dies thut der Galvanismus erst dann, wenn einige Dutzend solcher Elemente zusammengefügt werden, wie Verf. durch eigene Experimente festgestellt hat, ohne diese Einwirkung selbst dann noch als medicinisch verwendbar gefunden zu haben. Die elektrische Wirkung dieses Fabrikates ist demnach eine rein illusorische, seine wahre Wirksamkeit beschränkt sich auf die des mechanischen Frottirens, und dieses ist weder etwas Neues noch etwas so Kostspieliges. Es ist diese „Erfindung“ eine Ausgeburt der oberflächlichsten physicalischen Anschauungsweise und des unwürdigsten Mißbrauchs der Wissenschaft

Dr. P. Niemeyer.




Briefkasten.

A. Holm, Ratzeburg. Vor einer Auswanderung nach Amerika sind bei den augenblicklichen Verhältnissen alle Solche entschieden zu warnen, welche 1) nicht mehrere hundert Dollars Mittel zum sofortigen Ankauf einer cultivirten Farm besitzen, und bei dem Betriebe derselben 2) mehr erwarten als den nothwendigsten Lebensunterhalt zu verdienen. Durch die vollständige Unterbrechung des Verkehrs zwischen Süden und Norden sind die Handwerks- und Arbeiter- Verhältnisse in den nördlichen Staaten in einer Weise gelähmt, daß z. B in diesem Augenblicke sich gegen 30,000 brodlose Arbeiter in New York allein befinden; aber auch der Verdienst der westlichen Farmer, für deren Erzeugnisse der Süden der Hauptabnehmer war, hat sich durch das Verbot jeder Ausfuhr nach dem Süden sogleich Null gestellt, daß z. B. für Kartoffeln der Transport nach manchem Speditionsorte und die Kosten der Säcke sich um einige Cents höher belaufen, als der Marktpreis für die Kartoffeln ist – der Farmer bei einem Verkauf mithin mehr Kosten hat als er einnimmt. Im Uebrigen ist für Den, welcher augenblicklich zufrieden mit der nothwendigsten Existenz ist, die jetzige Zeit sicher die profitabelste zur Ansiedelung, da cultivirtes Land oder auch uncultivirtes Prairieland, wie in Illinois, in unmittelbarer Nähe der Central Eisenbahn, kaum jemals wieder so billig zu haben sein wird und der Kriegszustand für den Nordwesten, wie Wisconsin, das nördliche Illinois, Indiana, Iowa und Minnesota – sämmtlich Staaten, in denen der Ansiedler kaum einen Fehlgriff thun kann, sobald er nur seines Absatzes wegen in der Nähe einer Eisenbahn oder eines großen Flusses bleibt – durchaus keinen andern Einfluß als den der verhinderten Ausfuhr hat, auf welche der junge Ansiedler ohnedies noch nicht rechnen darf.

Alle Ansiedlungsprojecte südlich von den Vereinigten Staaten, wie in Central-Amerika und Brasilien, sind erwiesener Maßen Speculations- Unternehmen gewissenloser Agenten, in denen der Deutsche unrettbar zu Grunde gehen muß. Jeder Vernünftige wird auf den ersten Blick einsehen, dazu, wo noch Millionen Acker fruchtbaren Landes für billigen Preis in einem gemäßigten Klima und unter dem Schutze freier Institutionen zu haben sind, wie in dem Norden der Vereinigten Staaten, Ansiedelungsprojecte in südlichen Klimaten, unter einem Mischlingsvolke und bei völlig unsichern Rechtszuständen eben nur der rücksichtslosen Gewinnsucht entsprungen sein können. Wohl möge aber jeder Auswanderungslustige überlegen, ob seine augenblicklichen Verhältnisse im deutschen Vaterlande so drückend sind, daß ihnen eine mühevolle, oft karge Existenz unter ganz fremden Verhältnissen vorzuziehen ist. Die Zeit, schnell wohlhabend zu werden, ist in den Vereinigten Staaten vorüber, und die Poesie des Farmerleben weicht nur gar zu schnell den Mühseligkeiten und Entbehrungen desselben; besonders möge doppelt mit sich zu Rathe gehen, wer nicht an anhaltende körperliche Anstrengung gewöhnt und Bedürfnisse des Geistes und Gemüths zu den seinigen zählt. Es giebt in diesem Augenblicke Hunderttausende von Deutschen in Amerika, welche ein Jahr ihres Lebens darum geben würden, wenn ihnen die Möglichkeit einer Rückkehr und einer Existenz in Deutschland offen stände.

F. St. in D. Sie haben Ihren Beitrag für die Flotte verweigert, dagegen offen erklärt, sofort zehn Thaler zahlen zu wollen, wenn für einen Proceß gegen den Bundestag gesammelt würde, durch den die Frankfurter Herren gezwungen würden, die verauctionirte Flotte bis auf den letzten Nagel zu ersetzen. Ihr Verlangen ist ein billiges und ganz gerechtes; wollen Sie uns aber gefälligst angeben, wer hier Richter sein und wo die deutsche Nation Gerechtigkeit finden soll?

A. R. Z. in New York. Leider ist das übersandte Manuscript zu sehr im politischen Zeitungsstyle gehalten, auch wohl zu umfangreich im Verhältniß zum Stoffe, als daß es sich in der Gartenlaube verwenden ließe.

M. in Eisl. Der Fähndrich bat als Soldat nur seine Schuldigkeit gethan?

J. in Kbg. Danken freundlichst für gefällige Offerte. Die Schilderung der Krönungsfeierlichkeiten mag für Preußen ein besonderes Interesse haben, unsern vielen außerpreußischen und außerdeutschen Lesern dürften diese theuren Formalitäten ziemlich gleichgültig sein.

C. L. B. in Zürich. Wenn auch warm aus der Seele des Deutsch- Amerikaners entsprungen und mit Fleiß und sichtlicher Liebe bearbeitet, ist doch die Abhandlung zu sehr raisonnirend und docirend, als daß wir den beanspruchten Raum dafür verwenden könnten. Sie wollen gefl. über das Manuscript verfügen.

v. B. in D. sie leiden nicht allein! Werfen Sie den Herren, die Sie im Dunkeln umschleichen, die urkräftigen aber wahren Worte eines Freundes der Gartenlaube entgegen:

                    Visir auf!
Die Stirne frei, das Auge frei!
Aus reinem Herz die Rede!
Der Arglist und der Heuchelei,
Der Horcherei und Kriecherei –

5
Den Schurken gilt die Fehde!

     Zum Teufel mit den tück’schen Katzen,
     Die Jedem nach dem Maule schwatzen
     Und boshaft Jeden darnach kratzen!

Fest im Entschluß, kühn in der That,

10
Für’s Wohl des großen Ganzen!

Pfui ihm, der füßelt feigen Rath,
Und der, so lang er Mark noch hat,
Nicht schaffen mag und schanzen!
     Zum Teufel mit den feigen Hasen.

15
     Die prahlten und sich dicke fraßen,

     So lange sie im Kohle saßen!

Nun merket auf und habet Acht!
Erkennet sie im Lichten!
Damit sie nicht des Baues Pracht,

20
Der goldig uns entgegen lacht,

Zerwühlen und vernichten!
     Zum Teufel mit den Maulwurfsseelen,
     Die sich in schwarzes Dunkel stehlen,
     Statt edles, freies Licht zu wählen!


Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1861). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1861, Seite 640. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1861)_640.jpg&oldid=- (Version vom 18.10.2022)