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Verschiedene: Die Gartenlaube (1863)

wieder das dumme Stück blasen, kiegt er Leben und fängt die alten Geschichten an. Ich habe ihm da schon den Reifen in den Käfig gethan, damit er’s bequem hat und sich tüchtig ausarbeiten kann. Ueberhaupt kann ich mir den ganzen Kram nicht anders, erklären, als daß das Musikstück dasselbe ist, nach welchem Barnaby früher seine Kunststücke gemacht hat. Wenn das Thier nur fressen wollte; so kann’s nicht mehr lange mit ihm weiter gehen.“

In dieser Weise sprach der Wärter mit der rothen Nase; ich aber stand sinnend vor dem Käfig und schaute das arme Thier an. Ja, so mußte es sein, der Wärter mußte Recht haben; das Musikstück von nebenan mußte Barnaby in irgend einer lebhaften Weise an seine glückliche Vergangenheit, an seine verflossene Künstlerperiode erinnern. Ruhig und unbeweglich lag der Mandrill da, mich schmerzlich mit den halbgeschlossenen Augen anblickend. Da plötzlich ertönte aus der Bude nebenan Musik; es war eine alte Quadrille, die sie im Affentheater spielten. Kaum hatte Barnaby die ersten Takte vernommen, als er sich lauschend aufrichtete. Wie um genauer zu hören, legte er die Hand an’s Ohr, sprang dann mit Zusammenraffung seiner erschöpften Kräfte auf und begann in wilder Hast nach dem Takte der Musik Bewegungen zu machen. Er tanzte wie Jemand, der auf dem Seil geht, sprang durch den Reifen, überschlug sich, stand auf einem Bein, das andere mit der Hand erfassend und hoch empor haltend – kurz, er machte alle nur möglichen Kunststücke und Verrenkungen, aber alles mit nur halbgeöffneten, todtmatten Augen und in fieberhafter Unruhe. Immer schneller wurden seine Bewegungen, immer wilder seine Sprünge, als mit einem Mal das Musikstück drüben aufhörte. Zugleich hörte aber auch der Affe auf; augenscheinlich total ermüdet kroch er zusammen; ein Drehen, ein Zucken – und mein Freund Barnaby war todt!

G. B.

Die beiden Bennigsen. Bald nachdem der schon durch seine Thätigkeit als Führer der Opposition in der hannoverschen Ständekammer rühmlichst bekannte Herr v. Bennigsen zum Präsidenten des Nationalvereins erwählt und damit zu einer politischen Celebrität ersten Ranges in Deutschland wurde, bemühten sich die illustrirten Blätter nicht nur darum, seines Portraits behufs einer xylographischen Nachbildung habhaft zu werden, sondern auch die Kunsthandlungen begannen männiglich auf diesen Artikel zu speculiren. Ein Berliner Bilderhändler war denn auch der erste, welcher ein sogenanntes „höchst gelungenes“ Portrait des Herrn v. Bennigsen ankündigte und bald darauf massenhaft verkaufte. Nun muß aber zunächst hier bemerkt werden, daß Herr v. Bennigsen trotz vielfachen Ersuchens nie war zu bewegen gewesen – eben weil seinem Wesen nichts mehr zuwider als jede Art von Ostentation – zu einem solchen Zwecke sich photographiren zu lassen; so soll z. B. auch die Zeichnung zu der ersten von ihm in der Illustrirten Zeitung erschienenen Abbildung, ohne sein Wissen, furtim durch einen Zeichner von der Gallerie des hannoverschen Ständesaals gemacht worden sein. Es giebt nun aber in Hannover noch einen zweiten Herrn v. Bennigsen, ein Name von ebenfalls gutem politischen Klang, nämlich den Grafen v. Bennigsen, 1848 unter dem Stüve’schen Ministerium Minister des Auswärtigen, nebenbei bemerkt, als getreuer Meinungsgenosse Stüve’s fortwährend mit diesem befreundet. Der Graf nun ist ein Vetter des Nationalvereins-Präsidenten, und so mochte es durch eine entschuldbare Personen-Verwechselung seitens des Berliner Kunsthändlers, ohne dolus und culpa desselben, gekommen sein, daß derselbe in Berlin angefertigte Kopien eines Bildes des Exministers Grafen Bennigsen (das in Hannover seit länger schon existirte) flottweg als Portraits des berühmten Nationalvereins-Präsidenten, des Freiherrn Rudolph v. Bennigsen, verkaufte. Eines Tages nun ward dem Grafen dies von einem Bekannten, der eben von Berlin kam, erzählt; der Graf B. schrieb also an den Kunsthändler, deckte ihm den Irrthum auf und erbot sich, ihm den Rest seiner Portraits lieber abzukaufen. Die Antwort lautete dahin, daß dieselben mit Vergnügen zu Kauf ständen, daß aber der Herr Graf – falls er Bilder seines Herrn Vetters dafür geben könne – gern für ein jedes solches zwei seiner eigenen in Tausch bekommen solle. Bald nachdem der Graf diesen Brief aus Berlin erhalten, traf er eines Tages seinen Vetter den Freiherrn und bemerke, ihm diese curiose Verwechslung und Offerte mittheilend, dann schließlich heiter: „Daraus kannst Du nun wieder sehen, daß Du doppelt so viel werth bist wie ich.“


Kleiner Briefkasten.

A. M. H. aus L. Wer der deutschen Nation eine Geistesgabe vorlegen will, darf nicht von einer Redaction erbitten, daß „sie am Ende ein Auge zudrücke und auch mal Unbedeutendes Gnade finden lasse.“


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Verschiedene: Die Gartenlaube (1863).Leipzig: Ernst Keil, 1863, Seite 256. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1863)_256.jpg&oldid=- (Version vom 28.1.2019)