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verschiedene: Die Gartenlaube (1864)

Italien, wo er von Santa Lucia an alle Schlachten und Gefechte des ganzen Kriegs mitmachte, und setzte sie 1849 als Major in Ungarn fort, wo er in 46 Schlachten und Gefechten des blutigen Winterfeldzugs mitfocht und noch dem Schluß des großen Dramas, der Uebergabe von Komorn, beiwohnte. Er war in beiden Kriegen mehrmals schwer verwundet worden. Nach diesen siegreichen Zeiten der österreichischen Fahnen wurde er häufig auch zu diplomatischen Missionen verwendet, und machte als Oberst 1851 das denkwürdige Lager von Olmütz mit und commandirte 1854 als Generalmajor und Brigadier in der Moldau. Auch in dem zweiten italienischen Krieg, in welchem die Glücksgöttin Oesterreich verlassen hatte, blieb sie ihm getreu. Bei Magenta und Solferino hatte er allein Vortheile über den Feind errungen, die freilich in dem allgemeinen Mißgeschick wieder mit verloren gingen.

Im Jahre 1863 wurde Freiherr von Gablenz zum Geheimenrath und Feldmarschalllieutenant erhoben und mit dem Commando in Schleswig betraut, in welchem wir zuerst den ausgezeichneten Soldaten und Mann in größerer Selbstständigkeit handeln und darum in all seiner menschlichen Tüchtigkeit auftreten sehen. Möchte die Sache, für welche der Held so brav gefochten, ein Ende gewinnen, daß wir nicht vergeudete Kraft und vergossenes Blut bedauern, sondern Beides segnen müßten als zum Heil des deutschen Vaterlandes gewagt und geopfert!

Fr. Hofmann. 




Ein stiller Wohlthäter.
Zur Unterhaltung am warmen Ofen.
Von Berthold Sigismund.

„Wärme ist das halbe Leben.“ Das ist nicht etwa ein Vorurtheil von Greisen und Stubenhockern, denn auch frische Jäger und Schlittschuhläufer, die im Freien jeder Kälte trotzen, loben sich unter Dach und Fach ein warmes Stübchen. Die Kunst, sich ein solches zu schaffen, ist eine der vorzüglichsten Errungenschaften des Menschen. Das Thier weiß sich zwar einen Winter-Schlupfwinkel auszusuchen oder zu bauen, in dem es durch Beihülfe der Erdwärme und eines Lagers aus schlechten Wärmeleitern vor dem Erfrieren geschützt ist; das ist aber nur ein trauriges Quartier, in welchem der Insaß zu fauler Bärenhäuterei gezwungen ist oder in todähnlichen Schlaf versinkt. Der Mensch allein vermag sich eine Winterburg zu gründen, in der es möglich ist, thätig zu sein und die Freuden der Geselligkeit zu genießen. Und unter allen Menschen haben es in dieser Kunst die Germanen, oder rund heraus zu reden, die Deutschen am weitesten gebracht. Welcher Landsmann, der längere Zeit im Auslande leben mußte, hätte sich nicht besonders im Winter nach dem Comfort der Heimath gesehnt? Zu dieser Winterbehaglichkeit trägt aber wesentlich ein stiller Wohlthäter bei, der, wie so viele bescheidene Wesen ähnlicher Art, selten in seinem vollen Werthe erkannt wird.

Um ihn recht zu würdigen, thun wir am besten, uns zuerst da umzusehen, wo er fehlt. Der freundliche Leser ist zu diesem Zweck eingeladen, eine Winterreise mitzumachen, auf der wir, eine Feuerschau anstellend, beobachten wollen, wie sich die Menschen wärmen.

Die schlichteste Heizung treffen wir bei einigen nordischen Völkern, welche einem sehr strengen Winter ausgesetzt sind. Die isländische Bauernwohnung besteht aus mehreren aneinander gereihten Hütten, die von sechs Fuß dicken Wänden aus rohen Steinen und Rasenschollen und von einem Holz- und Rasendach umschlossen werden. Treten wir in eine solche Casematte, so gelangen wir zuerst in ein Vorhäuschen, dann in die Küche, auf deren Heerde der Kessel über einem Torffeuer brodelt, und endlich in das enge und niedrige Wohnzimmer. Ein trübes Dämmerlicht gestattet kaum, die einfachen Geräthe: Bänke, Tische und Betten, zu erkennen; das winzige Fensterchen, meist nicht mit Glas, sondern mit Fischhaut bezogen, läßt vom Tageslichte nur schwache Spuren ein. Woher rührt aber die Wärme des düstern Gemaches, eine Wärme, die an die überhitzte, schwüle Luft deutscher Gebirgsstuben erinnert, in denen die Bewohner eine Gluth ausstehen, über die sie im Juli im Freien seufzen? Man sieht ja nirgends eine Vorrichtung zum Heizen. Die Isländer verwenden den wohlfeilsten und doch künstlichsten Ofen von der Welt, über dessen zarten Bau nur das Mikroskop Aufschluß giebt, nämlich die menschliche Lunge. Der Athem der Menschen, welche in diesem engen, möglichst dicht verwahrten Raume den ganzen Winter durch hantiren und schlafen, ist das einzige Heizmittel. Der Hausherr, welcher nach schöner Landessitte seinen spinnenden und strickenden Kindern eben aus einem alten Sagenbuche von Normannenhelden vorlas, gießt jetzt aus einem pulverhornähnlichen Gefäß eine derbe Prise auf die Hand; nachdem wir einige Minuten in seinem Zimmer verweilt haben, wundern wir uns nicht mehr über diese hier allgemeine Sitte. Die Luft wird uns mit jedem Augenblicke unangenehmer, wir fühlen uns von Kopfweh und Athembeklemmung befallen und, eilen in’s Freie.

Ein Expreßzug der Phantasie führt uns zur eisigen Küste am warmen Ofen Grönlands. Da fallen uns, an Hünengräber erinnernd, einige Winterhäuser der Eskimos in die Augen. Sie sind halb in die Erde eingegraben, ihre dicken Wände bestehen aus Steinen und Rasen, das kleine Lichtloch ist mit Robbendarm überspannt. Der Eingang ist unbequem; es gilt durch einen etwa zwölf Fuß langen Tunnel auf Händen und Füßen zu kriechen. Endlich sind wir an der aus Fellen bestehenden Thür angelangt. Sie führt in eine mannshohe Wohnstätte, deren Grundfläche in Länge und Breite höchstens doppelt so viel mißt, als eine Manneslänge. Darin leben zwei bis drei Familien. Den Mangel des Tageslichtes ersetzt eine in der Mitte des Zimmers befindliche Lampe, deren Moosdocht von Thran gespeist wird; auch besorgt sie die Erwärmung des darüberhängenden Kessels. Als Heizmittel dient auch hier hauptsächlich die Menschenlunge, und zwar wirkt dieselbe so ergiebig, daß die Temperatur eines solchen Wohnraumes die der äußeren Luft wohl um 30 bis 40 Grad übertrifft, daher die Eskimos, so lange sie zu Hause sind, sich fast so luftig anziehen, wie die tropischen Neger. Doch ehe wir zu näherer Umschau schreiten können, zwingt uns ein Ohnmachtgefühl zu schleunigem Rückzüge.

Wohl ist Wärme das halbe Leben, rufen wir, die reine freie Luft mit tiefsten Zügen einathmend; aber solches Leben in einer dunklen Erdhöhle, in dumpfer, schwüler Stickluft ist weniger als halbes Leben, kaum besser als die Winterstarre des Siebenschläfers. Da kann nie eine höhere geistige Regsamkeit, nie ein schöner Genuß des Daseins erblühen. Laßt uns hinwegeilen aus diesen traurigen Gegenden in die milden Fluren, welche an der Südgrenze des Frostgebietes liegen, laßt uns Menschen besuchen, die wahren Comfort genießen!

Auf den südlichen Halbinseln Europa’s ist der Winter kurz und mild, aber Schnee und Eis giebt es noch bis Rom und schaurig kühle Tage, wie die unsers November und März, nicht wenige. Die hohen italienischen Zimmer mit Steinwänden, Estrichfußböden und klaffenden Thüren und Fenstern machen bei solchem Wetter eine Heizung nothwendig. Die sorglosen Südländer verstehen aber gar wenig, sich im Winter „ein hübsches Leben zu zimmern“. Viele behelfen sich mit einem rohen Heizapparate, den bei uns nur die Budeninhaber auf den Weihnachtsmärkten noch in Gebrauch ziehen. Die Kaminos der Griechen und die Braseros der Italiener sind trotz ihrer wohlklingenden Namen nichts als Näpfe und Becken voll glühender Kohlen, über welche die Wärmebedürftigen ihre Hände oder Füße halten. Alle Nordländer, die einen Winter in einem venetianischen oder römischen Palaste bei solcher Heizung verleben mußten, sind einstimmig in der Verurtheilung der giftigen Dunst aushauchenden Wärmpfanne, welche eher die darüber gehaltenen Glieder röstet, als sie den Rumpf erwärmt, so daß sich der an den Kohlen Sitzende mit dem Mantel umhüllen muß, um nicht zu klappern. Etwas besser haben sich die Türken und Armenier versorgt; sie stellen ihre Kohlenpfanne (Mangal) unter einen mit Teppichen umhängten Tisch, sodaß ein leidlich erwärmtes Räumchen wenigstens für die Unterthanen beschafft wird, die gegen den Frost empfindlicher sind, als gegen schlechte Luft. Gewiß erklärt sich aus solcher Heizungsart die Häufigkeit der Feuersbrünste in Constantinopel. Daß die Chinesen und Japanesen, welche sich ebenfalls mit der Kohlenpfanne begnügen, sich innerhalb ihrer leichten aus Bambusrohr und Papier bestehenden Wände nicht hinlänglich warm

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verschiedene: Die Gartenlaube (1864). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1864, Seite 173. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1864)_173.jpg&oldid=- (Version vom 21.8.2021)