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verschiedene: Die Gartenlaube (1865)


Die losen Kinder.
Nach einem Gemälde von Ernst Fischer.


an den lieben Gott. Sie entschlummert. Im Traume ist es ihr, als ob ein gütiges Wesen ihr nahe und spreche: „Sei getrost, der Schlüssel, von Dir in den Graben geworfen, wird morgen droben auf dem Schranke liegen.“

Und der Schlüssel lag auf dem Schranke!

Aber noch ein anderer Tag, eine andere Stunde steigt in ihrem Geiste auf. Es ist die Osternacht. Das Gesinde beginnt, nach hergebrachtem Brauch, um Mitternacht auf dem Hofe in einem geistlichen Volksliede die Auferstehung des Herrn zu feiern. Sie lehnt am Fenster, dem Liede lauschend, und schaut auf den Hof hinaus. Sie erkennt die Diener, Knechte und Mägde. Da öffnet sich die Thür des Hauses, eine weibliche Gestalt tritt heraus, einen Leuchter mit flackerndem Kerzenlicht in der Hand. Und sie selber ist es. Sie erkennt sich selbst in jener Gestalt. Die Versammelten machen ihrer Doppelgängerin Platz, die ruhig über den Hof schreitet, die hinanführende Treppe zum Saale hinauf,


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verschiedene: Die Gartenlaube (1865). Ernst Keil, Leipzig 1865, Seite 621. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1865)_621.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2017)