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verschiedene: Die Gartenlaube (1866)

Tiroler Wildheuerinnen.

werden kann. Wenn nun die Zeit kommt, wo die eigentliche Thalarbeit zu Ende ist und die Hafer- oder Flachsernte, wo eine solche reift, noch nicht beginnen kann, – meist nach Himmelfahrt – da wandert der Bauer, der eine solche „Bergmahd“ besitzt, mit Hab und Gut, mit Kind und Kegel aus, schließt das Haus ganz und gar oder läßt einen Alten als Hüter zurück, der nicht mehr „kraxeln“ kann; Alles zieht auf die Bergmahd, und das ist im Leben dieser Bergbewohner dasselbe, was andere Leute ihre Sommerfrische, ihren Landaufenthalt, ihre Badreise oder ihren Urlaub nennen: es ist die lustige, die schönste Zeit des ganzen Jahres, ein Stück freien, ungebundenen Nomadenlebens, das mich schon in der kurzen Andeutung meines wortkargen Gastfreundes anzog. Ich blieb also, schlief einige Stunden, trotz des harten Moossackes, recht erquicklich und stieg im ersten Morgenschein mit der ganzen fröhlichen Hausgenossenschaft in’s „Wildheu“ hinan. Ich habe den Namen des Bergriesen vergessen, den wir erklommen, und war nicht wenig über den üppigen Reichthum an duftenden Alpenkräutern und Gräsern erstaunt, als die Bergmahd endlich erreicht war, ein zwischen himmelstürmenden, glatten Wänden wie in einem Kessel eingeschlossener, sehr großer Anger, zu welchem der Zugang sogar für die Ziege beschwerlich war, die bei dem Zuge nicht fehlen durfte. Sie mußte für die Dauer des Aufenthalts

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verschiedene: Die Gartenlaube (1866). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1866, Seite 252. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1866)_252.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)