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Verschiedene: Die Gartenlaube (1871)

—135) Hans Heinrich Oskar Rauch, Sachse, aus Schmölln bei Altenburg, Kaufmann, Unterofficier im k. sachs. Inf-Reg. Nr. 105, 7. Comp.; am 18. August bei St. Marie aus Chênes bei Metz durch Schuß in den Kopf verwundet; ein Unterofficier will ihn im Lazareth von St. Marie noch am 19. lebend gefunden haben. Todtenschein kam nicht.

136) Julius Edwin Müller. Sachse, aus Rittersgrün, Gefreiter beim k. sächs. Inf.-Reg. Nr. 104, 12. Comp.; seit dem Sturm auf St. Privat vermißt.

137) Christian Schulz, Preuße, aus Kassel, Musketier im 1. Hess. Inf.-Reg. Nr. 81; wurde am 3. Oct. mit 104 Mann Ersatzmannschaft vor Metz transportirt, erhielt dort am 7. einen Schuß in den Unterleib und ist seitdem verschollen.

138) Wilhelm Pohlmann, Preuße, aus Adorf, beim hess. Inf.-Reg. Nr. 83, 9. Comp.; seit Wörth vermißt.

139) Karl Dietsch, Preuße, aus Elbitz im Mannsfelder Seekreis, bei den Gardeschützen; am 18. August bei Metz schwer verwundet und in keiner Verlustliste genannt.

140) Otto Johann Moritz Wulff, Preuße, aus Rothmühl, Kreis Grimmen, Reg.-Bez. Stralsund, Füsilier im Kaiser-Alexander-Garde-Gren.-Reg. Nr. 1, 12. Comp.; am 18. August 1870 vor Metz verwundet. Die Eltern und Geschwister setzen ihre letzte Hoffnung auf die Erlösung der deutschen Gefangenen in Algier(!).

141) Friedrich Wilhelm Huckenbeck, Preuße, aus Radevormwald, Musketier im 57. Reg., 6. Comp.; im Gefecht bei Beanne la Rolande am 28. Nov. 1870 durch Schuß in’s Kreuz verwundet.

142) Richard Schweflinghaus, Preuße, aus Remscheid, Musketier beim 56. Reg., 7. Comp.; seit der Schlacht von Mars la Tour vermißt.

143) August Wilhelm Kötter, Preuße, aus Lüttringhausen, Gefreiter im 39. Reg., 3. Comp.; bei Saarbrücken Schuß in den Oberschenkel. Verschollen.

144) Karl Klein, Preuße, aus Wermelskirchen, Füsilier beim 16. Reg., 12. Comp.; seit Mars la Tour vermißt.

145) Louis Alfred Clauberg, Preuße, aus Malchow in Mecklenburg, Gefreiter im 1. schles. Jägerbataillon Nr. 5, 1. Comp.; bei Wörth, am 6. August 1870, schwer im linken Oberschenkel verwundet, laut Verlustliste, aber seitdem spurlos verschwunden.

146) Friedrich Lorenz, Preuße, aus Wanfried, Füsilier beim 77. Reg., 10. Comp.; letzter Brief aus Messies (?) auf dem Marsch nach Orleans; seitdem verschollen. Im Friedhof zu Weißenburg soll ein Wanfrieder begraben liegen. Wird dort Jemand sich die Mühe nehmen, der armen Wittwe und Mutter in Wanfried den Namen des dort Begrabenen zu schreiben?

147) Wilhelm Freund, Meininger, aus Römhild bei Hildburghausen, Füsilier im 2. thür. Inf.-Reg. Nr. 32, 11. Comp.; am 11. Oct. 1870 bei Orleans durch Schuß in den Hals verwundet, nach Verlustliste Nr. 233, Nachtrag, am 12. Oct. in einem Lazareth daselbst gestorben; Cameraden wollen dagegen den Freund am 12. Oct. in Orleans noch gesprochen haben. Nachforschungen der Verwandten waren erfolglos; auch ist ihnen weder ein Todtenschein noch der Nachlaß des Verstorbenen zugekommen. Sind vielleicht auch da „Universalerben“ thätig gewesen?

148) Erasmus Gemm, Baier, aus Schwabach in Mittelfranken, beim 11. bair. Inf.-Reg., 2. Bat., 8. Comp.; bekam bei Sedan einen Schuß in die linke Schulter und wurde in ein Lazareth gebracht, wie ein ebenfalls verwundeter Freund desselben schrieb, der jedoch seiner Verwundung seitdem erlag. Den Verwandten ist sonst keine Nachricht zugekommen.

149) Ernst Gilbert, der jüngste von drei Brüdern, von denen, der älteste am 7. Oct. vor Metz fiel, der zweite in den Kämpfen um Belfort verwundet wurde und der dritte seit der Schlacht bei Wörth vermißt wird. Letzterer, Preuße, aus Weichnitz bei Quaritz, Reg.-Bez. Liegnitz, Musketier beim 2. niederschles. Inf.-Reg. Nr. 47; einige seiner Cameraden behaupten, er sei verwundet in Gefangenschaft gerathen; das Regiment gab auf Aufrage die Auskunft: „Bei Wörth verwundet, Lazareth unbekannt.“ Wer kann den Schmerz der Eltern, denen dieser Krieg schon einen todten und einen verwundeten Sohn gekostet, über das ungewisse Schicksal ihres jüngsten Kindes ermessen! –

150) Ernst Guder, Preuße, aus Lauterbach bei Bolkenhain in Schlesien, Füsilier beim Kaiser-Alexander-Garde-Gren.-Reg., 11. Comp.; am 18. August bei St. Privat schwer verwundet und verschollen.

151) Karl Wilhelm Richard Salzmann, Weimaraner, aus Isserstedt bei Jena, Musketier im 1. Bat., 3. Comp, des 94. thür. Inf-Reg. „Großherzog von Sachsen“; verwundet am 6. August 1870 in der Schlacht bei Wörth und seitdem vermißt. Er soll gefangen genommen, in eine Festung an der spanischen Grenze und von da nach Algerien geschafft worden sein.

152) Julius Siegert, Preuße, aus Gr.-Mochbern bei Breslau, als Ingenieur an der Oberschlesischen Eisenbahn einberufen, Gefreiter beim 3. niederschles. Inf.-Reg. Nr. 50, 1. Comp.; schrieb zuletzt am 3. August 1870 aus dem Bivouac bei Rohrbach. Aus der Schlacht bei Wörth erzählen Cameraden, daß er glücklich durch die Sauer gekommen und noch Nachmittags vier Uhr unverwundet gewesen sei. Vor Ermattung sank er endlich hin, nachdem man ihm das Lederzeug abgenommen. Von diesem Augenblick an hören alle Nachrichten auf. Die trostlosen Eltern setzen auch ihre letzte Hoffnung auf die endliche Erlösung unserer Gefangenen aus Algier. – –

153) Karl Hoefer, Preuße, aus Kösen, bei dem altmärkischen Ulanenregiment Nr. 16, 4. Escadron; letzte Nachricht vom 5. August, am 16. Morgens haben seine Cameraden ihn zuletzt gesehen, seitdem vermißt.

154) Wilhelm Nitschke (II.), Preuße, aus Prausnitz im Reg.-Bez. Breslau, Sohn eines Ackerbürgers, beim 3. niederschles. Inf.-Reg. Nr. 50, 3. Comp.; in der Schlacht bei Wörth verwundet, lag bis zum 11. August in der Kirche zu Wörth und ist seitdem spurlos verschwunden.

155) Johann Max Hollerith, Baier, aus Großfischlingen in der Rheinpfalz, beim 1. bair. Inf.-Leibreg., 3. Bat., 9. Comp.; lag im Spital in Orleans, als die Franzosen dort wieder einrückten und sämmtliche Kranke als Gefangene wegschleppten. Er kam nach Pan, von wo er mehrere Briefe schrieb. Ein Brief der Seinigen an ihn kam jedoch von dort zurück mit der Bemerkung: „parti pour la – –“, der Ort war nicht zu entziffern. Seitdem ist er völlig verschollen.

156) Peter Petersen, Preuße, aus Lindewitt bei Wallsbüll in Schleswig-Holstein, beim Kaiser-Alexander-Garde-Grenadier-Regiment Nr. 1, 7. Comp.; am 18. Aug. 1870 bei St. Marie verwundet, kam von da in ein Lazareth in der Rheinpfalz, am 11. Nov. nach Speier, am 14. nach Mainz, wo er, wegen Ueberfüllung der Lazarethe, kein Unterkommen gefunden. Von da an ist jede Spur von ihm verloren! – –

157) Friedrich Rebitz, Reuße, aus Titschendorf bei Lobenstein, beim 7. thür. Inf.-Reg. Nr. 96, 6. Comp.; nach den Verlustlisten bei Beaumont leicht verwundet, seitdem verschollen.

158) Eduard Freitag, Weimaraner, aus Quaschwitz bei Oppurg im Neustädter Kreis, im 5. thür. Inf.-Reg. Nr. 94, erst 7. Comp., später 1. Comp., ist seit dem 11. Jan. d. J., an welchem Tage früh er Feldposten gestanden hat, spurlos verschwunden.

159) Melchior Albert Erb, Preuße, aus Fulda, Musketier beim 2. nassauischen Inf.-Reg. Nr. 88, 1. Comp.; seit der Schlacht bei Wörth vermißt.

160) Wilhelm Heinrich Hofmann, Hesse, aus Ulrichstein, beim großh. Hess. 2. Inf.-Reg., 1. Comp.; seit dem Gefecht am 31. Dec. bei Brière verschollen.


Hiermit wollen wir die Liste der vermißten Soldaten, wenigstens vor der Hand, schließen. Wir müssen aus den Erfolgen dieser Veröffentlichung erst ermessen, ob wir mit den fortgesetzten Nachfragen nach den für die Hinterbliebenen beklagenswerthesten Opfern des Kriegs nicht vergeblich nur bittere Gefühle erregen, oder ob wirklich der ihnen gewidmete Raum an den bekümmertsten Herzen sich lohnt.

Es giebt keine traurigere Seite des ganzen Kriegs, als die, die wir mit dieser Liste aufschlagen: die tausendfache Art, wie theuerste Menschenleben zu Nichte werden, bis zu welcher Rücksichtslosigkeit die Noth und noch Schlimmeres oft verleitet, was überhaupt in der Masse der Einzelne werth ist – das sind grauenvolle Bilder des Kriegs, die zu Gedanken führen, die man lieber verschweigt. Es muß noch viel geschehen, um der Scheußlichkeit der Menschenmetzelei diese schlimmste Seite zu nehmen – diese Unzahl von Vermißten, Verschollenen, Verschwundenen, deren von unheimlicher Ungewißheit verhülltes Schicksal die Schmerzenswunden so unheilbar macht.

Wir bitten demnach, die Einsendung von Nachfragen nach Vermißten wenigstens so lange zu unterlassen, bis wir durch günstige Resultate die Ueberzeugung gewonnen haben, daß wirklich damit etwas gethan wird.


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Verschiedene: Die Gartenlaube (1871). Leipzig: Ernst Keil, 1871, Seite 660. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1871)_660.jpg&oldid=- (Version vom 12.12.2020)