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Verschiedene: Die Gartenlaube (1871)

Aus der gebildeten Affenwelt.

Die Herren Affen haben, seit sie uns von den Naturforschern in einer so bedenklichen Weise näher gerückt sind, ohne Zweifel das Recht, von den Menschen mehr beachtet zu werden als bisher.

Der Spaziergang der Madame Pompadour.

Denn wer ein gläubiger Jünger der theils berühmten theils berüchtigten Affentheorie ist, der darf nicht blos sich erinnern, wer seine Ahnen waren, sondern er muß auch erwägen was aus den jetzigen Affen noch werden kann, und darf es also aus Gründen der Klugheit nicht mit ihnen verderben. Aber auch diejenigen, welche sich mit Abscheu von der Idee wenden, daß ihre ältesten Vorfahren urhaarig und Gott weiß wie reizend sonst noch waren, haben doch auch ihrerseits Ursache, sich mehr als früher mit diesen angeblichen Verwandten zu beschäftigen, und wäre es auch nur, um dadurch Beweise für ihre Gegenansicht zu sammeln.

Hinter den Coulissen.

Recht unwissenschaftlich wollen wir nun gleich zum Zweck dieser Zeilen die Affen in gebildete und ungebildete eintheilen. Die letzteren sind natürlich diejenigen, welche in unvernünftiger Verachtung der menschlichen Gesellschaft sich einer miserabeln Wildheit in ihren heimathlichen Wäldern und Gebirgen befleißigen, ohne zu bedenken, daß dabei von einem Vorwärtskommen in Sitten und Gebräuchen nicht die Rede sein kann. Sie bilden immer noch die Mehrzahl, obgleich die ihnen benachbarten Menschen durch Fallen, Schlingen u. dgl. ihnen fortwährend zureden, diese tadelnswerthe Freiheit zu verlassen und sich ihnen anzuschließen, um ihre angebornen Fähigkeiten in würdiger Weise zu entwickeln und anzuwenden.

Zu den gebildeten Affen dagegen, und denjenigen, die es werden können und sollen, zählen wir natürlich nur die, welche diesem Zureden der Menschheit gefolgt sind und nun zahlreich die Menagerien, die Vorrathsräume der Thierhändler, die Affenhäuser der zoologischen Gärten bevölkern, welche in Affentheatern die schaulustige Kinderwelt von vier bis sechszig Jahren durch Geist und Kunstfertigkeit erquicken, und welche dann schließlich dem einzelnen Privatliebhaber durch möglichstes Beschädigen und Zertrümmern der Zimmergegenstände das Leben nach Kräften erheitern. Wenn man sich nicht verhehlen darf, daß dieser Anschluß an den Menschen stets ein unfreiwilliger und deshalb für uns nie so schmeichelhaft ist, als es eigentlich wünschenswerth wäre, so ist doch auch die Annahme gerechtfertigt, daß solche Affen mit dem schließlichen Ergebniß zufrieden sind, denn in den bei weitem meisten Fällen sind sie ja fortwährend urfidel, nur dann nicht, wenn sie „arbeiten“ müssen, aber mit dieser Eigenschaft befinden sie sich in sehr guter Gesellschaft, unserer höchsteignen selbst.

Wenn man sich erinnert, daß Musiker, Schauspieler vor dem Publicum „spielen“ so klingt es immer höchst sonderbar, daß man die wandernden Künstler nur von „Arbeiten“ sprechen hört. Der Thierbändiger „arbeitet“ mit seinen Löwen und Tigern, und mancher einzelne Löwe „arbeitet wunderschön“ die Seiltänzer „arbeiten“ auf dem Drahtseil, wie auf dem Thurmseil, daß ihnen der Schweiß von der Stirn läuft, ebenso die Reiter im Circus, und so ist es denn auch mit den gebildeten Affen, und bei ihnen allerdings mit vollem Recht. Nicht daß sie gerade sehr schwitzen, denn dazu scheinen sie nicht

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1871). Leipzig: Ernst Keil, 1871, Seite 756. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1871)_756.jpg&oldid=- (Version vom 12.12.2020)