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Verschiedene: Die Gartenlaube (1872)

schauten wunderbar erstrahlend herab auf die geharnischten Streiter, als wollten sie sagen: „Ihr seid eurer Väter werth!“

Aber nicht die Abendschatten
Fallen düster auf das Bild;
Nein, das Morgenlicht umfluthet
Es mit gold’nen Strahlen mild,
Und der Lenz, bereiten Sinnes,
Breitet schönste Gaben aus.
Friede weht von allen Bergen
Und von Erwin’s Gotteshaus.

Von einem Elsässer.




Die „Felicitas“ vor den Assisen. In einigen Nummern des letzten Jahrgangs hat die Gartenlaube eines Schwindelgeschäftes „Felicitas“ in Bern Erwähnung gethan und damals ihren Lesern versprochen, sie werde seiner Zeit über das Resultat der angehobenen gerichtlichen Untersuchung Bericht erstatten. Die Entscheidung des Berner Geschworenengerichts erfolgte am 30. Januar nach zweitägigen Verhandlungen. Der von der Anklageacte constatirte Thatbestand ist in ziemlicher Uebereinstimmung mit dem bereits seiner Zeit von der Gartenlaube Mitgetheilten folgender. Im Laufe des Jahres 1870 fand man in zahlreichen – meist österreichischen Blättern Anzeigen, welche Namens des „Central-Bureaus Felicitas in Bern“ gegen Einsendung von fünfzig Kreuzer österr. Währ. Damen und Herren Mittheilungen über eine leichte und einträgliche, mit fixem Gehalt und Pensionsberechtigung verbundene – also sehr lohnende – Nebenbeschäftigung offerirten. Denjenigen, welche den verlangten Obolus entrichteten, wurde ein autographisches Circular zugestellt, welches gegen fernere Einsendung von achthalb Gulden österr. Währ. weitere Auskunft versprach und die „Geneigtheit des Bureaus ‚Felicitas‘ ausdrückte, dem betreffenden Aspiranten eine ‚Assistenten-Stelle‘ zu übertragen.“

Die Assistenten-Stelle war in solch verführerischem Lichte dargestellt, daß in der That nahezu zweitausendfünfhundert Personen, meist aus Oesterreich, in die Falle gingen und die geforderte Summe entrichteten. Was erhielten nun die Aermsten für die achthalb Gulden? Einen Wisch Papiere, nämlich ein kalligraphisch ausgestattetes Anstellungsdecret mit großem Siegel, Statuten und Instructionen, aus denen endlich hervorging, daß es sich um Vermittlung von Heirathen und Gutskäufen handle.

Man kann sich denken, daß Mancher von der nicht eben wohlfeil erkauften Lösung des Geheimnisses wenig erbaut war, und es kamen deshalb zuerst vereinzelte Reclamationen, später publicistische Angriffe und schließlich konnte das Bureau Felicitas die Geister, die es gerufen, nicht mehr los werden. Auf Ansuchen seitens der österreichischen Gerichte intervenirte nun das Gericht in Bern. Eine Experten-Commission wurde bestellt, um den Geschäftsgang der Felicitas zu untersuchen; die Experten sprachen die Ansicht aus, daß die Geschäftsführung der Felicitas in formeller Beziehung durchaus keine Anhaltspunkte für eine criminelle Anklage darbiete und daß auch die den „Assistenten“ in Aussicht gestellte Provision und Pension auf einer Grundlage beruhten, welche die in dieser Hinsicht gemachten Versprechungen nicht von vornherein illusorisch machten, daß aber freilich die Natur dieser Versprechungen der Art war, daß schon die Möglichkeit der Erfüllung der Vorbedingungen, auf welche sie sich gründeten, höchst problematisch blieb. Auf diesen Befund hin wurde die Verhaftung der muthmaßlichen Chefs der Felicitas, nämlich Rudolph Faulmann aus Sachsen und Wilhelm Novitzky aus Oesterreich, angeordnet, das Bureau geschlossen und die Untersuchung eingeleitet.

Die Angeklagten wurden vor den Geschworenen von einem jungen, aber tüchtigen Advocaten vertheidigt. Derselbe wies u. A. durch ein Inserat nach, daß in Deutschland ein ähnliches Institut bestehe und sich sogar der Protection des deutschen Kaisers erfreue. (?) Im Fernern beruft sich der Vertheidiger auf die nicht bestrittene Thatsache, das das Bureau „Felicitas“ das Heirathsvermittelungsgeschäft reell betrieben habe.

Hinsichtlich der geforderten Zahlungen betonte der Vertheidiger, daß die Einsendung von siebenundeinhalb Gulden als Vorbedingung für weitere Mittheilung verlangt wurde und daß es also ganz und gar dem freien Willen der Betreffenden überlassen blieb, die Zahlung zu leisten oder nicht. Daß die Beklagten nicht in der Schweiz selbst, sondern im Auslande ihre Assistenten suchten, habe seinen Grund darin gehabt, daß man in der Schweiz allgemeine Abneigung vor solchen „Heirathstempeln“ habe.

Gegenüber den Klagen und Reclamationen weist der Vertheidiger auf sehr viele Zustimmungen von Solchen hin, welche sich als Assistenten gemeldet hatten und die – aus Stil und Schrift zu urtheilen – von intelligenten und gebildeten Personen herrühren.

Die Geschworenen schienen nicht ganz der Ansicht des Vertheidigers zu sein, denn sie erkannten den Faulmann der Prellerei und den Novitzky der Gehülfenschaft schuldig, woraufhin die Criminalkammer den Ersteren zu einem Jahr Zuchthaus (Kerker), den Zweiten zu drei Monaten Correctionshaus (Gefängniß) verurtheilte. Nach Berechnung der ausgestandenen Untersuchungshaft und Anwendung der gesetzlich zulässigen Umwandlungen wurden Faulmann drei Monate Einzelhaft zugesprochen, während Novitzky sofort auf freien Fuß gesetzt wurde.

Das ist die Geschichte eines Processes, der nachgerade zu einer Cause célèbre geworden ist.




Eine Parabel. Da lebte einst vor alten Zeiten ein sehr reicher und braver Mann, der hieß Müller, und that Gutes, wo er nur immer konnte. Er reiste auch viel im Lande umher, und wo er einen Bedürftigen traf, der sein Unglück nicht verschuldet hatte, da half er ihm.

So hatte er auch einen Mann mit einer großen Familie rechtzeitig vom Untergange gerettet, und der Mann suchte seinen Retter auf, um ihm aus vollem Herzen dafür zu danken. In seinem überquellenden Gefühl aber und irrthümlich redete er ihn fortwährend dabei nicht „Herr Müller“, sondern „Herr Schmidt“ an, Herr Müller aber, der wohl sah, daß er ihn meinte und nur seinen Namen nicht kannte, unterbrach ihn nicht und hörte ihm freundlich lächelnd zu.

Ein Dabeistehender stieß nun den Mann an und flüsterte ihm zu, der Herr heiße nicht Schmidt, sondern Müller, aber es half ihm nichts – dem Manne standen vor innerer Bewegung die Thränen in den Augen und er nannte seinen Wohlthäter immer nur Herr Schmidt; Herr Müller gab ihm dann wohlwollend die Hand, sagte ihm, daß er sich seiner Dankbarkeit freue, und entließ ihn mit einem gütigen Lächeln.

Moral: Würde nicht jeder brave Mann an seiner Stelle ebenso gehandelt haben? – Gewiß, und sollen wir nun glauben, daß Gott, der Allbarmherzige und Allgütige, einem dankbaren Menschen zürnen würde, der ihn mit Jehovah, Allah, Ormuzd, Manitou oder irgend einem solchen Namen anredet? Er weiß, daß Er gemeint ist, und Seine Hand breitet sich segnend und gnadenspendend über alle Lande. Fr. Gerstäcker.     




Kleiner Briefkasten.

W. R. 72. Warum nicht die richtige Adresse? Ein für Sie sehr beruhigender Brief kam als unbestellbar zurück. Hier nur kurz: Wer im Vollgenuß der Ehrenrechte sich befindet, kann weiter, als darauf, gehende Fragen, gestützt auf § 180, Nr. 3 und 6 der Allgemeinen Gerichtsordnung I. 10., ablehnen und nöthigenfalls mit Hülfe eines Rechtsanwalts diesen Standpunkt vertheidigen. Brieflich mehr, sobald die Adresse da ist.

G. Kl. in Stuttgart. Der Xylograph des von Robert Heck so hübsch componirten Bildes „In den Casematten von Ulm“, dessen Ausführung Ihren Wünschen nicht entsprechen will, ist Ihr Landsmann, Herr Cloß in Stuttgart.

A. K. in Dr. Wenn wir trotz mehrfacher Aufforderungen uns nicht an den Sammlungen für die „Simon‘sche Heilstätte in Dresden“ betheiligten, so haben wir unsere guten Grunde dafür, deren weitere Erörterung Sie uns wohl erlassen.

H. in München. Auch wir haben den Tod des alten Herrn bedauert; doch hat die Gartenlaube eine Charakteristik von Baron Elsholtz bereits in Nr. 34 des vorigen Jahrgangs unter dem Titel „Soldat und Sänger“ gebracht.




Zum Nationaldank für Ludwig Feuerbach.


      Wenn mit einem Todten Schätze des Wissens begraben werden, so ist es Gottes Wille.
      Wenn aber die Wissenschaft lebendig zu Grabe zu gehen drohet, so hat der Mensch eine
      nicht zu entschuldigende Versäumniß nachzuholen.

A. W., ein Beisteurer zum Nationaldank für Feuerbach.

Es gingen wieder ein: A. F. in Dresden 10 Thlr.; ein Mädchen aus dem Volke 1 Thlr.; Henning jun. in Nördlingen 1 Thlr.; ein Freund der Wahrheit in London, Sydenham 5 Thlr.; O. St. in Coburg 10 Thlr.; von Freunden aus Friedeberg am Queis 12 Thlr. 7½ Ngr.; aus Cassel 5 Thlr.; Th. B. 1 Thlr.; M. H. in Frankfurt a. M. 2 Thlr. (L. Feuerbach war nie in Amerika); G. v. M. in Coburg 10 Thlr.; H. in Breslau 1 Thlr.; J. K. in Fgbg. 3 Thlr.; B. u. T. in Altona 2 Thlr.; aus Dreetz 5 Thlr.; Ernst R. in Berlin 1 Thlr. (Gedicht zu lang); Dr. H. B. in W. 3 Thlr.; ein „leidenschaftlicher“ Leser der Gartenlaube in Hamburg 4 Thlr.; Junge in Schönberg 1 Thlr.; H. A. B. in Köln 3 Thlr.; Scharlock in Graudenz 3 Thlr.; eine schlichte Hausfrau in Naumburg 1 Thlr. (danken freundlichst für das liebenswürdige Gedicht an die Gartenlaube); Familie D. in Lbgst. 3 Thlr; N. in Schirmeck (Elsaß) 1 Thlr.; M. B. aus Frankenthal 10 Thlr.; Sans nom, mais non sans coeur in Wiesbaden 5 Thlr.; A. R. in Königsberg 5 Thlr.; ein Odenwälder 3 Thlr.; mehrere fröhliche Männer in Lyck 8 Thlr.; von einer Frau aus Braunschweig 5 Thlr.; Danziger Gymnasiasten 1 Thlr.; R. Bach in Annaberg 1 Thlr.; Freireligiöse Gemeinde in Riesa 3 Thlr. 15 Ngr.; Harkort in Schede 10 Thlr.; G. S. in Berlin 5 Thlr.; Dr. Hecker in Görlitz 1 Thlr.; dem müden Helden im Kampfe gegen Lüge und Finsterniß mehrere Primaner in N. 3 Thlr. 20 Ngr.; M. W. in Dresden 1 Thlr.; Prof. R. B. in Berlin 5 Thlr.; H. R. in Paris 1 Thlr.; Ungenannt 2 Thlr.; A. E. in Osterburg 6 Thlr.; L. G. in Plauen 2 Thlr.; T. H. in Würzburg 5 fl.; kleine Kleinstädterin 15 Ngr.; Albertine Gremser in Augsburg 2 Thlr.; O. K. in Hildburghausen 2 Thlr.; Gartenlaubenabonnentin 2 Thlr.; Freie Religionsgemeinde in Langensalza 3 Thlr. 7½ Ngr.; Sammlung unter Mitgliedern des Freien Religionsvereins in Braunschweig durch A. Bock 32 Thlr. 14½ Ngr.; Ch. S. in S–l i. A. 2 Thlr.; N. N. in Borna 10 Thlr. (Dürfen wir den Namen des Stetsopferfreudigen niemals erfahren?); Verein für Literatur in Braunschweig 5 Thlr.; von Gesinnungsgenossen Feuerbach’s in Schwarzenbach a. S. 15 Thlr. 4 Ngr.; Pfaffenfeind aus Kurpfalz 10 Thlr.; K. T. in E. 1 Thlr.; E. K. in Breslau 6 Thlr.; ein kaiserlicher Förster im Elsaß 1 Thlr.; D. D. D. in Bayreuth 2 Thlr. 25½ Ngr.; Dr. Rolfs in Bremen 9 Thlr.; Dr. Kühlenthal in Sinsheim 5 fl.; C. A. W. in G. 2 Thlr.; W. Fickentscher in Lichtenfels 15 fl. rhn.; zwei Jünger Feuerbach’s in Wien 13 (nicht 12) fl. östr.; F. Schmorl in Laskafeld 5 fl. östr.; Gesellschaft Germania in Gent 5 Thlr.; D. G. in Dillenburg 5 Thlr. mit den Worten:

Wer von der Wahrheit zeugt und Menschenliebe lehrt,
     Ist von den wahren Christen einer;
Wer von der Lüge lebt und Haß und Zwietracht nährt,
     Ist keiner. –

Redaction der Gartenlaube.




Verantwortlicher Redacteur Ernst Keil in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
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