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Verschiedene: Die Gartenlaube (1872)

Ein Humorist in Bildern.


Albert Hendschel.

Selten hat in Deutschland das Erscheinen eines Werkes aus der Hand eines bisher nur in engeren Kreisen gekannten Künstlers allüberall so enthusiastische Aufnahme gefunden, wie die nach Handzeichnungen hergestellten Photographien, welche kurz vor Weihnachten vorigen Jahres unter dem Titel „Aus A. Hendschel’s Skizzenbuch“ von dem Frankfurter Verleger F. A. C. Prestel ausgegeben worden sind. Der Titel war schlicht und einfach genug, Reclame war weder in Frankfurt noch sonst wo für die erscheinende Sammlung gemacht worden, der Verleger hatte sie in aller Stille eines Morgens in seinen Schaufenstern zu Frankfurt ausgelegt, die bald genug von Neugierigen und Bewunderern aus allen Ständen umlagert waren, und schon nach wenigen Tagen war die ganze Auflage derart vergriffen, daß die Bestellungen aus anderen Städten, wie Berlin oder Leipzig, wo die Blätter das gleiche Aufsehen gemacht hatten, nicht mehr ausgeführt werden konnten. Es mußten neue Platten, der Druck mußte neu hergestellt werden.

Das war, wie gesagt, an Weihnachten vorigen Jahres, und wie man beim neuen Schneefall des anbrechenden Winters Morgens über die Straße hinüber das alte Volkswort ruft: „Wir haben einen neuen Nachbar bekommen“, so hätte auch ich, als mir das Weihnachtsfest die Blätter „Aus A. Hendschel’s Skizzenbuch“, so zu sagen, in meine Stube hereinschneite, allen Kunstfreunden zurufen mögen: „Wir haben einen neuen Liebling bekommen!“ Und in der That, so unvorbereitet, so unerwartet diese reichen Gaben gespendet wurden, von bisher fast noch unbekannter Hand, so verdient und so reich war ihr Erfolg, wohin sie auch bis jetzt gelangten. Jedermann fand Scenen aus dem Leben, die er selbst schon hundert- und tausendmal mit angesehen, vielleicht ohne viel zu denken, hier mit einer Genialität des Blicks aufgefaßt und mit einer Unmittelbarkeit der Darstellung wiedergegeben, die geradezu in Staunen setzte. Wie war hier dem Alltäglichsten ein Zauber der Poesie abgelauscht, der doch schon vor dem Maler dagewesen sein mußte und nur dem flüchtigen Auge des Laien bisher entgangen war! Wie drängten sich in diesem Skizzenbuch die Gestalten des muthwilligsten Humors, der ausgelassensten Schalkhaftigkeit, der spottenden Carricatur in buntem Wechsel und bei all moderner Eleganz der Darstellung, wie harmlos, wie voll Gemüth war doch Alles erfaßt, gedacht, wiedergegeben! Das „Skizzenbuch“ war die Arbeit eines deutschen Künstlers, und dieser hat sich denn auch mit den Früchten seines Fleißes und seines Studiums wahrlich nicht vergebens an sein Volk gewandt. Es versteht sich von selbst, daß man nun auch nach dem Schöpfer dieser Gaben zu fragen anfing, aber nur

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1872). Leipzig: Ernst Keil, 1872, Seite 273. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1872)_273.jpg&oldid=- (Version vom 27.8.2018)