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Verschiedene: Die Gartenlaube (1872)

sowie leichtere Construction bei nicht größerer Anstrengung des Materials.

Die Entfernung zwischen den einzelnen Brückenpfeilern (also die Sehne des Brückenbogens) beträgt 325 Fuß rheinisch; jeder Bogen wiegt an Eisen, ohne die Schienen, 1,230,000 Pfund. Zur Hamburger Brücke mit ihren drei Bogen sind demnach 3,690,000 Pfd., zur Harburger Brücke, vier Bogen, 4,920,000 Pfd., total 8,610,000 Pfund Eisen verwandt. Der mittlere Wasserstand der Elbe, + 8 Fuß Hamburger Pegel, bleibt noch reichlich 20 Fuß unter der Sohle der Brückenpassage.

Gegen den Eisgang der Elbe, so mächtig derselbe auch ist, sind keine besonderen Vorrichtungen vorhanden; die Pfeiler sind stark genug, um dem Andrange der treibenden Schollen Trotz bieten zu können. – Beide Brücken sind bereits so weit im Bau vollendet, daß sie von Fußgängern wie von Arbeitszügen täglich

Die Eisenbahnbrücke über die Norderelbe zwischen Hamburg und Harburg

passirt werden. Die officielle Eröffnung ist auf den 1. Juli d. J. angesetzt. Der Eindruck des imposanten Bauwerks auf den Beschauer ist ein großartiger; das Nützlichkeitsprincip, dem bei einem entschieden realistischen Zwecke dienenden Bau so oft die Schönheit der Form geopfert werden muß, hat hier, Dank der glücklichen Combinationsgabe des Erbauers, gewissermaßen eine ästhetische Verklärung erhalten. Die gleich stolzen Thürmen emporragenden Pfeiler, die kühn geschwungene, graziös wellenförmigen Linien der eisernen Doppelbogen, die trotz der riesigen Dimensionen des Gebäudes zierlichen und gefälligen Umrisse des Ganzen vereinigen sich zu einem Gesammtbilde, das den Architekten mit Entzücken und Begeisterung, den Laien mit Staunen erfüllt.

Aber auch großartig in jeder Beziehung ist das Gesammtwerk, die Paris-Hamburger Bahn, die sich jetzt nach langjährigen Debatten, nach vielmonatlicher rüstiger Arbeit mit schnellen Schritten ihrer Vollendung nähert. Wenn durch diese Hauptader des internationalen Verkehrs frisch pulsirendes Leben zuckt, wenn Züge auf Züge mit den Schätzen aller Welten über die Elbbrücken fliegen, dann werden die Männer, welche sich dereinst die undankbare Aufgabe der oben Geschilderten Unterhandlungen stellten, lächelnd jener Zeit gedenken, die, kaum vergangen, durch die gewaltigen Ereignisse der letzten Jahre uns schon in weite, weite Ferne gerückt erscheint, und sie werden das Geschaffene, die Bahn mit ihren Brücken, froh begrüßen als prächtiges, lebenskräftiges Pathenkind der neuerstandenen deutschen Reichseinheit!

Gustav Kopal.




Auf Wolfsjagd in Kroatien.


Von Brehm.


„Seit drei bis vier Tagen hat es ununterbrochen geschneit; das Thermometer zeigt acht bis zehn Grad Kälte, und das Fahren mit dem Wagen, ja das Reisen selbst ist äußerst erschwert, wenn nicht gar unmöglich geworden. Da kommt Abends der Pferdewächter, auf ungesatteltem Gaule mühsam durch den fußhohen Schnee sich quälend, nach Hause und meldet, daß in dem in nächster Nähe gelegenen Wäldchen sich die Spuren von fünf starken Wölfen zeigen, welche dort ein geraubtes Schaf zerrissen und sodann nach dem eine gute Meile weit gelegenen großen Buchenwalde sich zurückgezogen haben. Diese Nachricht setzt Alt und Jung, d. h. jeden männlichen Dorfbewohner, welcher ein Schießgewehr behandeln oder wenigstens den Treiberknittel führen kann, in nicht geringe Aufregung, und bald ist es auf der ganzen Pußta bekannt, daß in den nächsten Tagen eine großartige Wolfsjagd abgehalten werden wird. Schon am folgenden Abende sitzen die Würdenträger der Pußta hinter dem gewaltigen Ofen beisammen; der große steinerne Krug wandert abwechselnd in den Keller und dann wieder von Hand zu Hand, und weiser Rath erblüht bald auf dieser, bald auf jener bärtigen Lippe. Darüber einigt man sich in Kurzem, daß das alte Pferd im Stalle des

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1872). Leipzig: Ernst Keil, 1872, Seite 276. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1872)_276.jpg&oldid=- (Version vom 27.8.2018)