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Verschiedene: Die Gartenlaube (1872)

Haruspices schalten läßt, der Diana, Flora, Ceres, Thetis Tempel stiftet und der Sonne ein ewiges Feuer weiht – Alles zu Ehren der Kaiserin Maria Theresia, nach welcher er seinen ergötzlichen Mummenschanz die „theresianische Schäferei“ benennt? Nicht Carricatur der schnurrige Kauz, jener Landgraf von Hessen, der in seiner Miniaturresidenz Pirmasenz den Potsdamer Soldatenglanz nachahmt und die Einkünfte seines Ländchens in Riesengrenadieren vergeudet? Steckt doch selbst in den bedeutendsten Regenten jener Tage ein gut Stück Wunderlichkeit und Sonderlingsthum. Friedrich Wilhelm dem Ersten von Preußen und seinem großen Sohne wird sicher Niemand die ausgesprochene Eigenartigkeit abstreiten.

Schloß Drossenfeld bei Baireuth im Jahre 1763.
Nach einem alten Kupferstich aus dem vorigen Jahrhundert.

Einen hervorragenden Platz unter diesen gekrönten Originalen ebenso wohl wie als eifrige Versaillescopisten behaupten die Hohenzollern der fränkischen Linie, die Markgrafen von Brandenburg-Culmbach vorauf. Herren über noch nicht zweimalhunderttausend Seelen, entfalten sie in der Capitale ihres Staates, dem am Fuße des Fichtelgebirges grün und anmuthig, doch von allen großen Straßen der Menschen abseits gelegenen Baireuth, einen so ungemeinen Luxus, daß Friedrich von Preußen, als er den Prunk erblickt, erstaunt fragt: „Wo nehmt Ihr denn zu all Dem das Geld her? Ich kann’s nicht.“ Bekanntlich war seine ihm geistesverwandte älteste Schwester Wilhelmine, mit dem Markgrafen Friedrich vermählt, die Verfasserin jener berühmten und berüchtigten Denkwürdigkeiten, die, zwar vielfach von Spottlust und Verbitterung, von Haß und Rachsucht dictirt, für die Geschichte des Hoflebens im vorigen Jahrhundert eine so werthvolle Quelle abgeben.

In derselben Nacht, ja in derselben Stunde, am 14. October 1758, in welcher der von ihr vergötterte und sie seinerseits vergötternde Bruder – „das Einzige, was mir auf der Welt bleibt, bist Du allein,“ schreibt er ihr; „Du allein fesselst mich noch an das Leben“ – bei Hochkirch von den Oesterreichern überfallen wird, stirbt merkwürdiger Weise Wilhelmine, die Philosophin von Baireuth. Des Zügels ledig, welchen sie ihm angelegt, und in zweiter Ehe mit einer gleich ihm vergnügungssüchtigen braunschweigischen Prinzessin vermählt, überläßt sich Markgraf Friedrich jetzt rückhaltlos seiner Prachtliebe und Verschwendungssucht. Eremitage und Sanspareil werden zu dauernden Festtempeln, von deren Glanz und Ueppigkeit die fremden Gäste Fabelhaftes zu erzählen wissen. Das Land seufzt unter den Leiden des Krieges, sein Fürst aber erscheint mit königlichem Aufwand in den damaligen Modebädern, in Aachen und Spaa; jede dieser Reisen verschlingt Hunderttausende von Gulden, die sein Minister und Factotum, der Verwalter der Staats- und Schatullgeldern Freiherr v. Ellrodt, auftreiben muß, wie er kann, d. h. durch neue Bedrückung der steuergequälten Unterthanen. Als, kurz vor dem Hubertusburger Frieden, den noch nicht zweiundfünfzigjährigen Monarchen eine Lungenentzündung jählings dahinrafft, ist gleichwohl die Trauer im Lande allgemein und ungeheuchelt. Denn

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1872). Leipzig: Ernst Keil, 1872, Seite 403. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1872)_403.jpg&oldid=- (Version vom 27.8.2018)