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Verschiedene: Die Gartenlaube (1875)


der Stadt zu heller Flamme des Hasses an, der es trotz des Beistandes von Sigismund August und des Bischofs Mathias

Der östliche Kreuzgang mit Einblick in die ehemalige Bibliothek.

von Cujawien nicht lange zu widerstehen vermochte. Am 30. September 1555 fand seine Uebergabe durch den Guardian und Custos der Minoriten in Preußen, Johannes Rollau, an den Rath statt, der 1557 darin ein Gymnasium, als „Bollwerk und Pflanzstätte der neuen Lehre“, einrichtete. Bis zum Ausbruch des deutsch-französischen Krieges 1806 wirkte die Lehrtätigkeit protestantischer Professoren ungestört in den alten Klosterräumen. Da aber wurde ein Theil derselben zum Lazareth für das preußische Militair eingerichtet, und 1811 nahmen die Franzosen das ganze Kloster zu gleichem Zwecke in Beschlag. Von dieser Zeit datirt sein Verfall.

Die schönen Säle und Kreuzgänge wurden durch Einbauten zu Krankenzellen und Wirthschaftsräumen umgeschaffen. Es blieb Garnisonlazareth, nachdem Danzig an Preußen zurückgefallen war, und ging schließlich als Montirungskammer seinem gänzlichen Ruin entgegen. Es wäre verloren gewesen, wenn ihm nicht in dem 1845 als Lehrer der Sculptur an die Kunst- und Gewerbeschule zu Danzig berufenen Bildhauer Rudolph Freitag jener schützende Genius geworden wäre, der für die alte unter Schutt und Graus verborgene Pracht seines Innern in heller Begeisterung entbrannte und es sich zur Lebensaufgabe machte, angespornt durch die Ermunterungen, die ihm dazu von Seiten des kunstliebenden Königs Friedrich Wilhelm des Vierten wurden, für die Erhaltung des Kunstbaues zu Kunstzwecken zu werben und zu wirken.

Der Gouverneur von Danzig, von Rüchel-Kleist, und dessen Nachfolger, von Grabow, vergönnten ihm und den Uranfängen seiner Sammlung vaterländischer Kunstproducte in einigen Räumen des Klosters eine Heimstätte, wo er hauste, bis nach einer Reihe von Kämpfen zwischen den Ministerien des Krieges, des Cultus und der Justiz unter sich und mit der Stadt um den ruinenhaften Bau, auf die einzugehen hier nicht der Ort ist, endlich letztere denselben als Eigenthum mit der Verpflichtung übernahm, seine kunsthistorischen Räume in angemessener Weise für Zwecke des Unterrichts und der Kunst wiederherzustellen.

Es ist wesentlich zweien Männer, ihrer Energie und Pietät für die Vermächtnisse der großen Vergangenheit der Stadt und ihrer Geschichte zu verdanken, daß dieser großartige Restaurationsbau unternommen und trotz aller ihm entgegenstehenden

Südfaçade des ehemaligen Franziskanerklosters in Danzig.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1875). Leipzig: Ernst Keil, 1875, Seite 272. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1875)_272.jpg&oldid=- (Version vom 11.5.2019)