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Verschiedene: Die Gartenlaube (1875)


Sie vollendete nicht, denn zornig, wie ich ihn noch niemals gesehen, mit blitzenden Augen und drohend zusammengezogenen Brauen, riß der Capellmeister sich los und schleuderte Olga’s Hand von sich. „Schweigen Sie!“ donnerte er ihr zu. „Halten Sie inne mit diesen wahnsinnigen Anschuldigungen, an denen kein wahres Wort ist! Niemals habe ich Ihnen Liebesbetheuerungen gemacht, niemals, und ich begreife nicht, was Sie mit alledem eigentlich von mir wollen.“

Sie öffnete noch einmal ihre Lippen, doch in dem Augenblicke, da ihr Blick dem seinigen begegnete, erschrak sie vielleicht vor dem Ausdrucke, der ihr daraus entgegensprühte; sie verstummte, und da sie alle ihre anderen Waffen als machtlos erkannt, nahm sie ihre Zuflucht zu dem letzten Hülfsmittel der Frauen, warf sich wiederum auf Zenaïde Petrowna’s Divan unter den Palmenkronen und brach in ein hysterisches Schluchzen aus.

(Fortsetzung folgt.)




Ein Zimmerspringbrunnen.
(Mit Abbildung.)

Vor einiger Zeit besuchte ich einen auf dem Lande wohnenden Bekannten und wurde, als ich in das kleine und niedrige Wohnzimmer eintrat, angenehm überrascht durch eine außerordentlich wohlthuende mildfeuchte Atmosphäre. Ich fand außerdem in dem Zimmer, in welchem früher, bei größter Reinlichkeit und sorgfältigster Durchlüftung, die einfachsten Stubengewächse nicht fortkommen wollten, Topfpflanzen in solcher Ueppigkeit und Fülle, wie sie selten schöner angetroffen werden mögen. – Diese merkwürdigen Resultate werden erzielt durch einen Zimmerspringbrunnen, der als das Product zwölfjährigen Strebens in seiner nun gelungenen ersten Ausführung zwar noch mannigfacher Verbesserungen fähig ist, der aber nichtsdestoweniger seine vielseitige Zweckmäßigkeit auf’s Schönste bewährt und dessen weiteste und allgemeinste Verbreitung angelegentlichst empfohlen zu werden verdient.

Jahrelange geschäftliche Ueberanstrengung und ein unausgesetztes Zusammentreffen von Unannehmlichkeiten und Verdrießlichkeiten aller Art hatten die Gesundheit des Erfinders nach und nach so aufgerieben, daß er bald nach seiner Verheirathung in hohem Grade lungenkrank wurde und mehrfach den ärztlichen Rath erhielt, wenn er sein Leben noch einige Jahre fristen wolle, sein Geschäft aufzugeben und entweder seinen Aufenthalt in Nizza zu nehmen, oder wenn er das nicht könne, neben ruhiger und vorsichtiger Lebensweise, sich stets in seinem Zimmer eine mäßig erwärmte, feuchte, milde Luft zu erhalten. – Mit der ganzen Familie nach Nizza zu gehen, gestatteten die Verhältnisse nicht, und sich – vielleicht auf Nimmerwiedersehen – von der Familie zu trennen, dazu konnte der Kranke sich nicht entschließen; er wählte daher die zuletzt empfohlene Aushülfe.

Zunächst wurde der Zweck durch Aufstellen eines offenen Gefäßes mit Wasser zu erreichen gesucht, bei gewöhnlicher Temperatur war jedoch die Verdunstung eine so geringe, daß sie sich an der Luft nicht bemerkbar machte, und bei Erwärmung des Wassers gab der aufsteigende erwärmte Dunst Veranlassung, daß sich nach einiger Zeit überall im Zimmer Pilze ansetzten, welche einen unangenehmen Geruch verbreiteten und die Luft nicht erfrischend, sondern dumpf machten. Es mußte also zu anderen Versuchen übergegangen werden, und es sind dieselben mit einer Ausdauer und Unverdrossenheit unternommen und fortgesetzt worden, welche bei den vielen dabei dem Erfinder in den Weg tretenden Schwierigkeiten nur in dem Lebenserhaltungstriebe ihre Erklärung finden. Um so erfreulicher ist es, sie endlich mit Erfolg gekrönt zu sehen. Der von ihm hergestellte Zimmerspringbrunnen, welcher zugleich auch als Zimmeraquarium dient und dessen Aeußeres durch die beigegebene Zeichnung veranschaulicht wird, ist so einfach construirt, daß man sich eigentlich darüber verwundern muß, daß nicht schon längst Jemand auf die Idee einer solchen Herstellung gekommen ist, da man doch Fontainen und Aquarien allerwärts und in der verschiedensten Art besitzt.

Ueber dem auf einem Untergestell ruhenden, mit Wasser gefüllten Blechkasten erhebt sich ein wegnehmbarer Aufsatz, welcher (in der Form eines Hauses mit Thür und Fenster aus Spiegelglas) das unter demselben befindliche Triebwerk verdeckt. Dieses Triebwerk besteht aus einem sogenannten Paternosterwerke, welches durch ein Gewicht in Bewegung gesetzt wird. Man wählte dasselbe, weil es nach den damit gemachten Erfahrungen die geringste Kraft erfordert und, wenn es gut regulirt ist, am gleichmäßigsten wirkt. Es kann übrigens auch ein Schöpfrad, oder eine Druckpumpe in Anwendung gebracht werden; jenes erfordert jedoch eine größere Kraft und diese ist leichter Störungen ausgesetzt. Das Paternosterwerk hebt das Wasser auf siebenundfünfzig Centimeter und wird durch einen einfachen Apparat in der Weise regulirt, daß genau so viel Wasser gehoben wird, als die Fontaine, welche fünfundvierzig bis siebenundvierzig Centimeter hoch springt, abgiebt, sodaß, wenn ein mehrstrahliger oder erweiterter Aufsatz an dem Springrohre eine größere Wassermenge durchläßt, eine gleich größere Wasserhebung erfolgt. Das Triebwerk braucht nur alle zwölf Stunden, also wenn man es nur am Tage in Bewegung haben will, täglich nur einmal Morgens aufgezogen zu werden; dies geschieht mittelst einer Kurbel, welche an der Dachluke eingesteckt wird und wobei äußerlich Alles ruhig stehen bleibt. Die Fontaine springt dann ununterbrochen und gleichmäßig den ganzen Tag, und dabei kann – was auch oben schon angedeutet wurde – wie bei jedem anderen Springbrunnen, durch die verschiedenartigsten Aufsätze dem Wasserstrahle jede beliebige Form gegeben werden.

Die Zimmerfontaine bildet nach den Beobachtungen des Erfinders einen Anziehungspunkt für Staub und sonstige Unreinigkeiten der Atmosphäre, welche von dem Wasserstrahle aufgenommen und im Bassin als Schlamm niedergeschlagen werden; sie reinigt also die Luft und macht dieselbe nebenbei durch die ständige kühle und gleichmäßige Verdunstung feucht und mild. Eine solche erfrischende Atmosphäre, in einem bei kühler oder kalter Witterung entsprechend erwärmten Zimmer, übt eine außerordentlich wohlthätige Wirkung auf fast alle Menschen, insbesondere aber auf diejenigen, deren Respirationsorgane leidend sind. Es dürfte sogar, nach der bei dem Erfinder selbst erzielten Wirkung, die Frage erlaubt sein, ob nicht der Aufenthalt in einer solch erfrischenden Atmosphäre, welche nach jedem Bedürfnisse regulirt werden kann, in Verbindung mit den gewohnten Bequemlichkeiten des eigenen Hauses, dem Aufenthalte in Nizza, mit welchem immerhin eine gewisse Unruhe bezüglich der zurückgebliebenen Angehörigen verbunden sein mag, vorzuziehen sei. Der Erfinder verdankt dem von ihm construirten Apparate eine recht erfreuliche Besserung seines Zustandes.

Der Zimmerspringbrunnen eignet sich hiernach auch ganz besonders für Räume, in welchen Luftheizung stattfindet, da durch denselben die mit jener verbundene Austrocknung der Luft beseitigt wird, ebenso für menschenvolle Räume, wie z. B. Schulzimmer, starkbesetzte Bureaux, zahlreich besuchte Wirthslocalitäten etc. etc., und nicht weniger für Gewächshäuser, wenn er in größerm Maßstabe ausgeführt wird, da seine einfache Einrichtung überall seine Aufstellung ermöglicht.

Das mit demselben verbundene Aquarium verdient vor den gewöhnlichen Stuben-Aquarien mit ihrem nach kurzer Zeit meist trüben und schmutzigen Wasser den entschiedensten Vorzug, weil das Wasser fortwährend atmosphärische Luft aufnimmt und, wenn es nicht in Folge eintretenden Witterungswechsels vorübergehend getrübt wird – in welchem Falle es nach den gemachten Beobachtungen auch einen durchaus zuverlässigen Barometer abgiebt – immer spiegelklar bleibt, ja, wenn selbst das Wasser bei dem Einfüllen trübe ist, so klärt es sich bald vollständig, so daß es nach kurzer Zeit hell und durchsichtig wird. Erneuert muß natürlich das Wasser durch frischen Zuguß werden, um das durch die Verdunstung abgegangene Quantum zu ergänzen und wenn die nothwendige Entfernung des durch den Staubniederschlag und die Losung der Thiere abgelagerten Schlamms dies erforderlich macht. Jenes kann täglich oder auch alle acht bis vierzehn Tage, dieses nach weit längerer Zeit geschehen.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1875). Leipzig: Ernst Keil, 1875, Seite 666. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1875)_666.jpg&oldid=- (Version vom 29.12.2019)