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Verschiedene: Die Gartenlaube (1876)

so wird es ebenfalls tauglicher. Sehr gute Dienste leistet sogenanntes Fleischwasser, d. h. solches, in dem frisches Fleisch abgewaschen wurde. Auch laues Aufwaschwasser ist zu gebrauchen, wenn es nicht zu fett ist, doch verunreinigt es die Gießkanne.

Auf die Zeit des Begießens kommt wenig an, nur darf nicht begossen werden, wenn die Töpfe von der Sonne stark erwärmt sind. Im Sommer empfiehlt sich die Abendzeit, weil dann das Wasser weniger schnell verdunstet.

Die häufig vorkommende Frage, wie oft begossen werden müsse, ob man jeden Tag begießen müsse, kann bestimmt gar nicht beantwortet werden. Die einzig richtige Antwort, mit welcher die Leserinnen aber schwerlich zufrieden sein werden, ist: man begieße die Blumen, wenn sie trocken sind. Es muß zwar jeden Tag nachgesehen werden, ob dies der Fall ist, nicht aber brauchen sie täglich begossen zu werden. In kühlen ungeheizten Räumen genügt es, wenn im Winter wöchentlich zweimal nachgesehen wird. Wer nicht durch Uebung schon vom Ansehen erkennt, ob die Erde trocken ist, erfährt es sicher durch das Gefühl. Bei dem Ansehen ist aber die Farbe der Erde zu beachten. Schwärzliche Erde, wie Walderde (Haideerde), ist, wenn trocken, grau, lehmige Erde, wenn naß, dunkelbraun, wenn trocken, hellbraun bis weißlich. Will man sich bei großen werthvollen Gewächsen zu einer Zeit, wo die Pflanzen wenig austrocknen und daher durch unzeitiges Begießen leicht Schaden leiden, ganz vergewissern, ob die Töpfe trocken sind, so klopfe man mit dem Finger dagegen! Klingt es hell, so kann die Pflanze begossen werden; klingt es dumpf, so ist sie noch naß genug. Das Wasserbedürfniß ist eben nicht nur nach der Art verschieden, sondern auch nach der Lufttemperatur der Jahreszeit und dem Wachsthumszustande der Pflanzen. Bei starker Heizung und Sommerhitze „zehren“ sie mehr, das heißt verdunsten sie mehr Wasser, als bei kühler Temperatur; auch schadet ein Uebermaß im Sommer weniger. Auch das Alter und die Wachsthumsverhältnisse sind von Einfluß. Junge, noch wenig bewurzelte Pflanzen brauchen, abgesehen von der Größe der Töpfe, weniger Wasser, als alte durchwurzelte. Dasselbe gilt für frisch umgepflanzte Blumen. Beim Verpflanzen gehen nämlich Wurzeln verloren, wodurch das Gewächs natürlich leidet. Es ist nun selbstverständlich, daß nach dieser Operation die beschädigten Wurzeln nicht mehr so viel Wasser aufnehmen wie vorher. Dazu kommt die neue Erde, welche, noch von keiner Wurzel durchzogen, weniger austrocknet. Man begieße also umgesetzte Gewächse weniger! Ferner bedarf es keines Beweises, daß Pflanzen, welche im Wachsthum begriffen sind, mehr Wasser verbrauchen, als solche, bei denen ein Stillstand, eine Art Ruhe eingetreten ist. Die absterbende Zwiebel braucht gar kein Wasser mehr, die Fuchsie oder Monatsrose mit abfallenden Blättern im Winter nur wenig, mit Beginn des jungen Triebes aber wieder mehr. Aus demselben Grunde muß kranken Pflanzen Wasser entzogen werden, denn auch bei ihnen ist der Verbrauch auf das geringste Maß beschränkt. Wer eine krankende Blume begießt, ehe sie trocken ist, überliefert sie schnell dem Tode. Das größere oder geringere Wasserbedürfniß, welches gewisse Gewächse haben, ist wohl Allen bekannt, denn Jedermann weiß wohl, daß Cactus und Aloe als Felsen- und Wüstenpflanzen wenig Wasser brauchen, während die Calla im Wasser stehen kann. Der aufmerksame Blumenpfleger wird auch bald aus Erfahrung lernen, welche von seinen Lieblingen besonders durstig sind. So kann man z. B. die Palmen im Sommer stark begießen, selbst ehe sie ganz trocken sind. Als Fingerzeig kann endlich gelten, daß alle Pflanzen mit dicken fleischigen Wurzeln größere Trockenheit ertragen als solche mit sehr feinen Wurzeln.

Nach diesen verschiedenen Verhältnissen hat sich auch die zu spendende Wassermenge zu richten. Es kann jedoch als Regel aufgestellt werden, daß jede Pflanze, wenn sie einmal trocken ist, so lange begossen werden muß, bis das Wasser unten aus dem Topfe herausläuft. Oberflächliches Begießen ist zu vermeiden, damit das Gewächs nicht mit Wasser versehen zu sein scheint, während es unten, wo die Wurzeln sich vereinigen, trocken ist. Es kommt jedoch vor, daß man nur halbe Portionen zu geben braucht, wenn man sieht, daß eine Pflanze zwar noch nicht wasserbedürftig ist, aber nicht bis zum nächsten Begießen aushält. In der Regel wird das Wasser am zweckmäßigsten von oben auf die Erde gegossen, es giebt aber mehrere Pflanzen, denen das Begießen von unten, d. h. von den Untersätzen aus besser bekommt, z. B. den sogenannten Alpenveilchen (Cyclamen), Palmen, Dracänen und anderen großblätterigen Pflanzen, wenn sie im stärksten Wachsthum begriffen sind. Wer sich die Mühe geben wollte, das eine Stunde nach dem Begießen im Untersatze nicht aufgesaugte Wasser abzugießen, könnte alle Gewächse getrost so begießen, denn in dem Stehenlassen des Wassers im Untersatze liegt eben das Schädliche.

Sehr vorsichtig muß man Pflanzen in Gefäßen mit ungenügendem oder gar keinem Wasserabzuge begießen, z. B. Epheu in Holz- oder Blechkästen. Diese dürfen nie so stark begossen werden, daß Wasser am Boden stehen bleibt. Man prüft dies durch ein bis auf den Boden gestecktes glattes Stäbchen. Sollte ein Uebergießen eingetreten sein und bald genug bemerkt werden, dann muß man solche Kästen so umlegen, daß das Wasser ablaufen kann. Unterbleibt es, so ist die Pflanze zuversichtlich gefährdet und kann nur durch rasches Umpflanzen erhalten werden. Hier komme ich zu einem Punkte, in welchem oft gefehlt wird. Es kommt vor, daß Blumen welken, ohne trocken zu sein. Gewöhnlich denkt man, die Erde sei unten noch trocken, und gießt nach. Solche Pflanzen sind bereits durch zu große Nässe verdorben; sie nehmen kein Wasser mehr auf; die Erde ist „sauer“ und längst unfähig zur Ernährung. Hier hilft nur noch schleuniges Umpflanzen mit Entfernen der verdorbenen Wurzeln; bei manchen Pflanzen ist es aber bereits zu spät. Ist ein Gewächs so trocken geworden, daß es welkt und sich auch nach dem Gießen nicht erholen will, so muß es überspritzt oder, wenn es klein ist, in Wasser getaucht werden, damit die Oberhaut erfrischt und die Verdunstung gehemmt wird.

Das Bespritzen ist überhaupt ein vorzügliches Blumenculturmittel und sollte auch im Winter im Wohnzimmer nicht versäumt werden, wenn viel geheizt wird. Daß hierdurch zugleich die Luft für die Bewohner gebessert wird, ist bekannt. Seitdem die oft erwähnten Rafraichisseurs, auch Drosophor genannt, zum Verbreiten von wohlriechendem Wasser im Gebrauche sind, läßt sich das Bespritzen der Blumen leicht ausführen und geht ohne eine Beschmutzung des Zimmers ab. Gärtner und Klempner (z. B. die Gärtnerei J. C. Schmidt in Erfurt) führen auch solche Spritzvorrichtungen von Blech, welche billiger und leichter zu gebrauchen sind.

Gerechtfertigte Sorge macht manchen Blumenfreunden auch das Umpflanzen. Das Bedürfniß des Verpflanzens ist ebenso verschieden, wie das Wasserbedürfniß. Im Allgemeinen wird zu viel verpflanzt, und noch mehr zu unrechter Zeit. Nichts ist gewöhnlicher, als daß Dilettanten ihre Blumen noch im October umpflanzen, um sie besser durch den Winter zu bringen, wie sie meinen. Ein Verpflanzen um diese Zeit ist aber meistens die Vorbereitung zum Tode der Blumen. Im glücklichsten Falle halten sich die so behandelten Pflanzen bis zum Frühling ohne Fortschritt, aber häufiger müssen sie dann nochmals verpflanzt werden, damit man die verdorbenen Wurzeln beseitigen kann. Das Verpflanzen darf nur geschehen, so lange die Pflanze im Wachsthum ist, und kurz zuvor, ehe dasselbe wieder beginnt, also im Frühjahre. Die Hauptverpflanzungszeit ist der April und Mai, doch müssen einige Wohnzimmerpflanzen, z. B. alte Knollen- und Zwiebelgewächse, welche abgestorben waren, schon im Februar und März, Lilien (welche im Winter im Keller stehen) schon im December verpflanzt werden. Im Sommer bis zum September darf man nur junge Pflanzen, um sie im Wachsthum zu fördern, umtopfen. Sie müssen zwei bis drei Mal umgepflanzt werden. Dagegen ist ein Verpflanzen älterer Gewächse in der Regel im Jahre nur einmal nöthig, bei solchen in großen Töpfen erst nach drei bis fünf Jahren, bei Kübelpflanzen noch seltener. Bei dem Umpflanzen werden die größten Fehler begangen. Der schlimmste ist der, daß man zu große Töpfe nimmt, wobei man sich gewöhnlich von der Meinung leiten läßt, der Pflanze auf diese Weise recht viel Nahrung zu verschaffen. Im Sommer überwindet sie zuweilen diesen Fehler und füllt den Topf zur Noth mit neuen Wurzeln aus, aber gewöhnlich bekommt sie, weil sie nicht genug zehrt und austrocknet, faule Wurzeln und muß dann in einen Topf verpflanzt werden, der kleiner ist, als der, in dem sie vor dem Verpflanzen sich befand. Man nehme die neuen Töpfe nur so groß, daß die alten in sie bequem hineinpassen! Sind die Töpfe durchwurzelt, dann giebt man, wenn es nöthig, das heißt wenn

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1876). Leipzig: Ernst Keil, 1876, Seite 164. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1876)_164.jpg&oldid=- (Version vom 9.3.2019)