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Verschiedene: Die Gartenlaube (1878)

Ein wenig Wehren – spornt das Begehren.
Originalzeichnung von K. Kögler.


in länglicher, buchtenreicher Gestalt. Die Insel ist nächst Sicilien und Sardinien die drittgrößte im Mittelmeer und umfaßt nach den am meisten zuverlässigen statistischen Angaben hundertdreiundsiebenzig Quadratmeilen mit freilich nicht viel mehr als hundertvierzigtausend Bewohnern, von welchen etwa zwanzigtausend türkischer und die übrigen meist griechischer Nationalität sind. An der Nordküste zieht sich die mäßige Bergkette von Cerynia hin, während im Südosten der plutonische Gebirgsstock des Troodos mit dem Olympus bis zur Höhe von sechstausend Fuß emporsteigt. Zwischen diesen Bergzügen breitet sich die Ebene Messaria aus, von mehreren Wildbächen des Olympus durchströmt, ein wunderbar fruchtbarer Boden, wie das Nildelta Aegyptens, von fast zwanzig Fuß hoch aufgeschwemmtem Lande.

Wie die Bodenplastik, mag auch das Klima des Eilands unverändert geblieben sein. Noch heute, wie zu der Phönicier Zeit, wechseln nur drei Horen im Reigen des Jahres. Ein Drittel des Jahres regnet es unaufhörlich, von Mitte October bis zum Februar hin. Das ist der cyprische Winter. Im Februar hält ein himmlischer Lenz seinen Einzug. Es kommt ein wonniger Frühling voll frischen Blüthenduftes und heiterer Farbenpracht. Während der Olymp noch die Schneehaube trägt, hat sich das Land mit dem herrlichsten Blumenteppich geschmückt und alle Früchte gereift, deren der Mensch bedarf. Aber schon im Mai, wo bei uns erst alle Knospen springen, verdunstet alle Feuchtigkeit der Luft; es beginnt eine wolkenlose Sommerzeit, in der die Sonnenhitze Alles zu vernichten droht. Der Himmel scheint eine glühende, eherne Wölbung; das Thermometer zeigt im Schatten dreißig Grad, und in Levkosia (dem alten Nikosia),

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1878). Leipzig: Ernst Keil, 1878, Seite 545. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1878)_545.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)