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Verschiedene: Die Gartenlaube (1878)

nicht blos ein großer Buchhändler, ein hochbegabter Redacteur und liebenswerther Schriftsteller gewesen ist, sondern der aus dem deutschen Leben seines Zeitalters auch weit hervorragt als ein eigenartig wirksamer Charakter von seltener und eisenfester Bürgertugend, als eines der imponirendsten Beispiele von der versittlichenden Macht des unabhängigen Freiheits- und Humanitätsgedankens, welcher die Richtschnur und das Ziel seines Lebens war. Stolz ohne Dünkel, überzeugungsstark ohne Pedanterie, poesievoll ohne Phantasterei, schlicht und herzensgut ohne Schwäche, ernst und tapfer ohne Härte und Lieblosigkeit, dabei strahlend von heiterer Frische ohne eine Spur von Frivolität, so haben wir ihn im Privatleben wie in der öffentlichen Thätigkeit allezeit ungebeugten Hauptes seine mühselige Bahn nach aufwärts wandern sehen, ein ganzer Mensch und ein wahrer Mann des Volkes, bis sein Auge sich geschlossen hat. Daß nicht Jedermann mit jeder Richtung seines Geschmackes, mit jeder seiner Redactionsmaximen einverstanden war, kann bei Unbefangenen der vollen Würdigung seiner Bedeutung wie seines Manneswerthes keinen Eintrag thun. Blicken wir auf das Ganze seines Lebens zurück, wie es hier wahrheitsgetreu von seinen ersten Anfängen geschildert wurde, so finden wir nach allen Seiten hin und in Bezug auf jedes einzelne Wort bestätigt, was die Mitglieder seiner Redaction in der Erschütterung des ersten Schmerzes ihm nachgerufen haben. „Es hat in ihm die deutsche Literatur eine ihrer machtvollsten Stützen, der nationale Journalismus einen seiner verdienstvollsten Kämpfer und großartigsten Förderer, das deutsche Vaterland aber einen seiner besten Bürger verloren!“ Gilt es als eine Pflicht des Menschen, daß er offen und ausführlich Zeugniß ablege von Gutem und Reinem, Hohem und Schönem, was er in seinem kurzen Erdentagen erfahren und mit eigenen Augen gesehen hat, so bin ich in der obigen Darlegung ein solcher Wahrheitszeuge gewesen.

Leipzig, im Juli 1878.

Albert Fränkel.




Am Grabe Ernst Keil’s.



Der Märzwind rauscht durch Deine Grabeskränze;
     Ich steh’ am Hügelsaum gedankenvoll.
Noch liegt vom Herbst das Laub und Todtentänze
     Nun tanzt es mit dem Wind. In Bangniß schwoll

5
Der Busen mir in diesen Schmerzenstagen:

     Jetzt naht die Wehmuth sich mit sanft’rem Schritt
Und bringt die Thräne mir und läßt mich klagen –
     Millionen weinen meine Thränen mit.

Weiß doch von Deiner Thaten reichem Samen

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     In preisender Bewunderung die Welt,

Und deutsche Zungen segnen Deinen Namen
     Am Delaware und Nil, am Rhein und Belt.
Wo Ketten lähmten freie Geistesflüge,
     Da funkelte Dein Schwert – der Krieg begann;

15
Es schmückten Dich des schönsten Menschthums Züge:

     Ein Kämpfer warst Du, und Du warst ein Mann.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1878). Leipzig: Ernst Keil, 1878, Seite 581. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1878)_581.jpg&oldid=- (Version vom 9.3.2019)