Seite:Die Gartenlaube (1879) 382.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1879)

Verbesserte Kochapparate.

Einiges aus der Physik der Küche.

Von Fr. Dornblüth.


Trotz aller Fortschritte der Technik lassen die heutigen Heiz- und Kocheinrichtungen noch außerordentlich viel zu wünschen übrig, auch in den Häusern des sogenannten gebildeten Mittelstandes.

Beim Heizen wie beim Kochen wird ganz ungeheuer viel Brennmaterial verschwendet, und zwar leider am allermeisten von denjenigen Theilen der Bevölkerung, die ganz vorzüglich auf sparsame Ausnutzung der kostbaren Feuerung angewiesen sind. Hier finden wir noch die schlechtesten, wahre Unmassen von Feuerung verschlingenden Oefen, die oft nur jähen Wechsel von kalter und überhitzter Luft zulassen und daneben noch die Zimmerluft durch ihre Ausdünstungen verderben; hier finden wir noch immer den offenen oder schlecht geschlossenen Kochtopf auf offenem Feuer mehr im Gebrauch, als alle anderen Kocheinrichtungen und Kochweisen zusammengenommen. Und doch ist dieser Gebrauch mit einer ganz unglaublichen Wärmeverschwendung verbunden, ganz abgesehen von der Schwierigkeit, das Feuer gehörig in Brand zu bringen, von der Belästigung der Köchin und Hausfrau, die nur zu oft mit thränenden Augen und keuchendem Husten gegen den Rauch ankämpfen oder zwischen offenen Fenstern und Thüren einerseits und einem riesigen Rauchfang andererseits in fliegendem Zuge verweilen müssen, von einer mangelhaften Zubereitung und häufigem Rauchigwerden der Speisen, endlich von der Nothwendigkeit einer fortgesetzten Aufmerksamkeit, um bald das Kochen gehörig im Gange, bald das fast unvermeidliche Ueberkochen in Schranken zu halten.

Denn was ist jener dichte Qualm und Rauch, der von diesem Feuer aufsteigt, obgleich es ja nur mit leicht brennender Feuerung gespeist werden kann, in der Hauptsache anderes, als unverbrannte Theile der Feuerung, die nicht nur ohne Nutzen fortgehen, sondern auch noch Hitze bei ihrer Austreibung verzehren? Die Verbrennung der Feuerung besteht ja bekanntlich darin, daß der Kohlenstoff und der Wasserstoff derselben sich unter Entwickelung von Licht und Wärme mit dem Sauerstoff der Luft zu Kohlensäure und Wasser verbinden. Kann nun nicht genügend Sauerstoff an die Kohlentheilchen hinantreten oder ist andererseits der Luftzug zu stark, so entweichen unverbrannte Kohlentheilchen, die sich als Ruß niederschlagen, und unvollständig verbrannte Verbrennungsgase, wie Kohlenoxydgas u. dergl. m.

Mit diesen Stoffen gehen fünfzehn bis zwanzig Procent der Heizkraft verloren. Der am Boden des Kochgeschirres sich absetzende Ruß verhindert als schlechter Wärmeleiter den Uebergang der Wärme auf den Inhalt des Topfes und trägt auch hierdurch zum Verlust an Heizkraft bei. Hiervon kann man sich leicht überzeugen, wenn man ein blankgeputztes und ein berußtes Gefäß von übrigens gleicher Beschaffenheit, welche gleichviel Wasser enthalten, über zwei Spiritus- oder Gasflammen von der nämlichen Stärke erhitzt: das Wasser in dem blanken Gefäß wird rascher zum Kochen kommen, als das in dem berußten.

Hiermit ist aber der unnütze Wärmeverlust noch keineswegs erschöpft: außer der strahlenden Wärme, die sich nach allen Seiten hin verbreitet, nimmt die rasche Strömung der erhitzten Luft und der Brenngase, welche neben den Wänden des Kochgefäßes aufsteigt, sehr viel Wärme mit sich fort, von der nur ein äußerst geringer Bruchtheil zur Erwärmung des Gefäßes beitragen kann. Genaue Beobachtungen ergeben, daß hiermit noch fünfundsiebenzig bis achtzig Procent der erzeugten Wärme verloren gehen, sodaß schließlich von dem ganzen kostbaren Feuer nur fünf Procent oder der zwanzigste Theil, oder selbst noch weniger zur nutzbaren Verwendung kommen.

Diese Mängel des offenen Feuers können vermindert werden, wenn man das Brennmaterial auf einem von niedrigen Wänden umgebenen Rost entzündet, durch welchen von unten her die erforderliche Menge Luft hinzutritt, während ein Kaminhut von der Form eines umgekehrten Trichters, dessen Rand sich etwa drei Fuß über dem Herde befindet, den Rauch ableitet. Auch Spiritus-, Gas- und Petroleumkocher erhalten ihre Luftzufuhr von unten, während seitliche Luftströmungen durch Blechcylinder und andere Schutzwände abgehalten werden.

Durch diese Einschließungen sucht man gleichzeitig die zur vollständigen Verbrennung erforderliche Luft- oder vielmehr Sauerstoffmenge an die Stelle der Verbrennung zu bringen. In den Gaskochern vermischt sich schon unter dem Drahtnetze, über welchem die Flamme brennt, Luft mit dem Gase und bildet eine Art leicht brennlichen Knallgases, welches bei seiner Entstehung explodiren würde, wenn es nicht durch das Drahtnetz gegen die Entzündung geschützt wäre. Die niedrigen Flammen, in welchen eine vollständige Verbrennung des Leuchtgases (Kohlenstoff- und Wasserstoffgas) zu Kohlensäure und Wasser stattfindet, entwickeln die größtmögliche Wärme, viel größere als leuchtende Gasflammen, weil in diesen wegen ungenügenden Sauerstoffzutritts Brenngase, besonders Kohlenstoff, in beträchtlicher Menge verloren gehen.

In den Erdöl- oder Petroleumkochern brennt das Erdöl unter einer gespaltenen, den Schnitt- oder Spaltbrennern der Lampen ähnlichen Blechkuppel, welche, wenn Erdöl und Docht gut sind und die Lampe nebst Umgebung rein gehalten wird, eine ziemlich vollkommene Verbrennung mit bedeutender Wärmeentwickelung bewirkt. Die Umgebung der Flammen mit einem Blechmantel sowie das Aufsetzen von Cylindern bezwecken die Abhaltung seitlicher Luftströmungen, die Verstärkung des zur Speisung der Flamme ansteigenden Luftstromes, endlich die Richtung des heißen Luftstromes gegen den Boden des Kochgefäßes.

Bei dem jetzt so niedrigen Preise des Petroleums und bei der bequemen Handhabung und Verwendbarkeit der Petroleumkochmaschinen haben sich dieselben rasch eine außerordentliche Verbreitung errungen. Aber auch bei ihnen findet, wie wir bald sehen werden, wegen der mangelhaften Einrichtung der Kochgeschirre noch eine große Vergeudung von Wärme statt.

Sparsame Leute benutzen im Winter vielfach den Zimmerofen zum Kochen, wobei sie aber unbewußt meistens große Verschwendung begehen und Uebelstände in den Kauf nehmen müssen, welche die vermeintlichen Vortheile völlig aufheben.

Am unzweckmäßigsten ist unbedingt die Benutzung des Feuerraums der Oefen zum Kochen, was ja überhaupt nur in den alten Oefen mit großem Feuerraum angeht. Der Topf steht vor dem Feuer; er bekommt also wenig mehr als die strahlende Wärme, während er von der andern Seite und oben durch den Luftzug abgekühlt wird, der zugleich, über die Flammen hinweggehend und deshalb nichts zu ihrer Speisung beitragend, die Brenngase abkühlt und viel Wärme zum Schornstein hinausführt. Auch das Kochen auf eisernen Oefen oder auf eisernen Platten von Kachelöfen verzehrt wegen der Entfernung der Kochfläche vom Feuer viel mehr Feuerung, als wenn das Kochen auf eigenem, richtig wirkendem Feuer geschieht. Die Verderbniß der Zimmerluft durch Wasserdämpfe und Speisedünste ist auch ein großer Uebelstand dieses Verfahrens, das nur deshalb für sparsam gehalten werden kann, weil die Hitze unbemerkt zum Schornstein hinausgeht. Zimmeröfen können nur dann einigermaßen zweckmäßig zugleich zum Heizen und Kochen dienen, wenn sie einen geschlossenen, von Zügen umgebenen und nahe über dem Feuer liegenden Raum (sogenannte Röhre) besitzen, aus welcher ein Rohr die aus den Speisen entwickelten Dämpfe in den Schornstein hinausführt, wie ich es in meiner „Schule der Gesundheit“ beim russischen Ofen und bei „Ritzenfeld’s Kochofen“ beschrieben und abgebildet habe. Immerhin wird höchst wahrscheinlich auch bei dieser Einrichtung beträchtlich mehr Feuerung, als nöthig, verbraucht.

Die sogenannten geschlossenen Kochherde, in denen Holz, Torf, Braun- und Steinkohlen oder Coaks gebrannt werden, haben in neuerer Zeit wesentliche Verbesserungen erfahren. Der möglichst enge Feuerraum wird jetzt hauptsächlich von unten und nur aushülfsweise von vorn, durch Regulirthüren, mit so viel Luft gespeist, wie gerade zur vollständigen Verbrennung nöthig ist, und die Gefäße hängen theils nahe über dem Feuer, theils werden die zu erhitzenden Flächen und Innenräume Brat- und Backöfen etc.) von der in engen und gewundenen oder gebrochenen Canälen strömenden heißen Feuerluft be- und umspült. Ob diese Herde von Eisen oder aus Backsteinen construirt sind, macht keinen wesentlichen Unterschied; die Hauptsache ist: möglichst vollständige Verbrennung der Feuerung und Ausnutzung der erzeugten Hitze für die Zwecke des Kochens. Die erzeugten Dämpfe

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1879). Leipzig: Ernst Keil, 1879, Seite 382. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1879)_382.jpg&oldid=- (Version vom 21.5.2018)