Seite:Die Gartenlaube (1879) 695.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1879)

Paare ganz vorn am Stirnrande in einer Linie stehen, während die zwei anderen größeren Paare sich hinter diesen befinden. Von den vier langen Beinpaaren ist das dritte das kürzeste. Diese Spinnen laufen schnell und überfallen ihre Beute im Schuß. Des Tages halten sie sich in Löchern auf, aus denen sie gewöhnlich nur in der Dämmerung oder des Nachts hervorkommen, um auf Raub auszugehen. Die Weibchen sind größer als die Männchen; sie tragen ihre Eier mit sich herum und vertheidigen diese sowie die ausgeschlüpften Jungen muthig gegen alle Angriffe. Einige Taranteln tragen sogar ihre Jungen auf dem Rücken mit sich.

Die schwarzbäuchige Tarantel (Weibchen). Rückenseite.

Der Ursprung des Namens „Tarantel“ ist dunkel. Man verweist auf die „Terrantola“, eine Eidechse, welche von den Römern für giftig gehalten wurde, und meint, dieser Name sei später auf die Spinne übertragen worden. Andere bringen den mittellateinischen Namen „Tarantula“ mit der Stadt Tarent oder dem Flusse Thara in Apulien in Beziehung, wo der Tarantismus besonders heftig und häufig auftrat. Dunkel ist auch das Verhältniß der Bezeichnung für den Tanz Tarantella zu dem Namen des Thieres; schwerlich ist jene durch Ableitung von diesem entstanden.

Die apulische Tarantel (Weibchen). Rückenseite.

Die Taranteln sind in südlichen Ländern ziemlich häufig; oft zeigt dieselbe Art hier oder dort eine kleine Abweichung in der Farbe oder der Größe, was allein noch nicht berechtigt, verschiedene Arten zu unterscheiden. Ferner ändert sich die Farbe der Taranteln nach dem Alter und nach dem Wohnort, und daher kam es, daß dieselbe Spinne von verschiedenen Beobachtern abweichend beschrieben und benannt wurde. Alle haben sie große Giftdrüsen und vertical stehende, stark entwickelte Klauen. Wir nennen die schwarzbäuchige und die apulische Tarantel.

Die schwarzbäuchige Tarantel (Lycosa melanogastra oder narbonensis) lebt im Süden Frankreichs, der Türkei und in den pontischen Steppen, wo sie sich in trockenen, steinigen und unbebauten Gegenden aufhält. Sie erreicht eine Länge von zwei Centimeter und darüber. Ihr Rücken hat gelbbraune Färbung; die Zeichnung desselben ist aus untenstehender Illustration ersichtlich. Der Bauch ist ganz schwarz und die Füße sind unregelmäßig schwarz und weiß gefleckt. Während des Winters bleibt die Spinne in ihrer Höhle, deren Oeffnung sie mit Geweben verschließt, wodurch dieselbe für Regen und Schnee undurchgängig wird. Zu dieser Zeit sind die Spinnen scheu und zeigen keine Lust zum Beißen.

Die schwarzbäuchige Tarantel (Weibchen). Bauchseite.

Die apulische Tarantel (Tarantula Lycosa) erreicht eine Länge von drei Centimeter. Der ganze Körper ist dicht behaart, der Hinterleib dunkel schwarzblau mit mannigfaltigen regelmäßigen Zeichnungen. Die Füße sind sehr lang, mit zahlreichen weißen und schwarzen Flecken versehen. Sie lebt in Spanien und im südlichen Italien und kommt hauptsächlich in den heißen Sommermonaten zum Vorschein, wo sie dann auf Heuschrecken, Grashüpfer und allerlei andere lebende Insecten Jagd macht. Sie baut sich eine Höhle in die Erde, welche etwa ein Fuß tief ist und im Zickzack erst senkrecht, dann wagerecht, endlich wieder senkrecht verläuft; die Wände derselben sind mit Geweben austapeziert. In diesen Höhlen legen die Thiere ihre Eier nieder, welche sie treulich pflegen und hüten.

Die Malmignatte

Die Malmignatte (Latrodectus malmignatus oder Aranea tredecimguttata) ist in Italien, auf Corsica und auf den Antillen häufig, gehört aber nicht zu den Wolfsspinnen, sondern zur Familie der Webspinnen. Sie erreicht eine Länge von zwei Centimeter. Der Körper ist schwarz, mit dreizehn Punkten gezeichnet, deren Form und Anordnung aus der Abbildung ersichtlich ist. Diese Punkte sind bei jungen Individuen weiß und werden später blutroth. Die acht Augen sind einander in der Größe fast gleich; sie stehen in zwei Reihen hinter einander, so zwar, daß die vordere Linie schwach concav, die hintere schwach convex nach vorn gebogen ist. Die Beine sind ungleich lang, und das dritte Paar ist das kürzeste.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1879). Leipzig: Ernst Keil, 1879, Seite 695. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1879)_695.jpg&oldid=- (Version vom 21.5.2018)