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Verschiedene: Die Gartenlaube (1880)

die Kunst des Schmiedens das ursprünglichste Handwerk des Metallarbeiters gewesen sei, und daß zur Zeit der Akropolisgräber von Mykenae, um die Mitte des zweiten Jahrtausends vor Christo, das Eisen zu Arbeitsgeräth wie zu Waffen verwendet wurde.

Eigenthümlich ist es allerdings, daß wir kaum irgend welche alten Bronzefunde in Deutschland besitzen, die nicht gleichzeitig Beigaben von Eisen enthalten hätten. Es steht fest, daß im Gräberfelde zu Hallstadt überall neben den uralten Bronzen Eisen vorkommt. Jene alten, oben erwähnten drei etrurischen Bronze-Eimer hatten sämmtlich eiserne Beigaben: eiserne Deckel, eiserne Messer, eiserne Nägel, sodaß wir uns genöthigt sehen, jene entlegene Zeit, in der man die Kunst des Löthens und Gießens der Bronze noch nicht einmal kannte, als schon zur Eisencultur gehörig anzunehmen. Es ist nicht schwierig, sich vorzustellen, daß überall neben dem Import der vorwiegend zu Schmuckgegenständen verwendeten Bronze auch ein solcher von eisernen Waffen bereits in sehr früher Zeit auf den von Italien nach dem Norden Europas führenden Handelswegen stattgefunden habe. Der Grund, warum sich verhältnißmäßig so wenig Eisensachen erhalten haben, wird theils dahin erklärt, daß das Eisen durch den Einfluß des Sauerstoffs der Luft sehr viel schneller vernichtet und von Rost aufgefressen werde, als die durch ihre schöne grüne Patina geschützte Bronze, theils aber auch dahin, daß man zu Grabmitgaben, Weihgeschenken und Prunkwaffen als Ersatz der echten Stahlschwerter schon in ältester Zeit solche aus Bronze genommen hat. Daß sich natürlich im Laufe der Jahrhunderte bei uns in Deutschland, wie überall, an günstigen Localitäten allmählich eine eigene Metalltechnik entwickeln konnte, daß wir in den Donauländern späterhin, zur Zeit des Kaisers Augustus, von den berühmten Eisenschwertern aus Noricum, daß wir von gallischen Schwertern sprechen hören, ist eine leicht erklärliche Sache.

Wie vorher bemerkt, bildet die halb sagenhafte Zeit der merowingischen Könige, im fünften bis achten Jahrhundert nach Chr., die letzte und glänzendste aller prähistorischen Entwickelungsperioden unseres Volkes. Obgleich wir, namentlich im Osten und Norden von Deutschland, noch manche slavische, lettische, arabische und skandinavische Funde zu verzeichnen und gewisse Cultureinströmungen daraus herzuleiten haben, so kommen diese doch im Ganzen nicht sonderlich in Betracht. Wie aber zur Merowingerzeit die Waffen aller Art, die eigenthümlich verzierten Schmuckstücke aus Gold und Silber, die Gefäße aus Glas und Thon, Holz und Metall, die zahlreichen Geräthe für jeden Bedarf ein anziehendes Bild der äußeren Lebenserscheinung jener entlegenen Periode gewähren, davon sei als ein hervorragendes Beispiel das Grab des Frankenkönigs Childerich angeführt.

Es war im Jahre 1653, als auf dem Friedhofe zu Sanct Brixius in Doornick ein taubstummer Arbeiter beim Graben eines Fundamentes plötzlich auf eine so große Zahl blinkender Goldmünzen und glänzender Goldgeräthe stieß, daß er vor Schreck und Ueberraschung die Sprache gewann und laut aufschrie. Man fand und sammelte im Boden und der bereits ausgeworfenen Erde eine Menge Goldschmuck und Reste von golddurchwirkten Gewändern; man fand goldene, mit Edelsteinen besetzte Schwertbeschläge an verrosteten Klingen, eine Axt und eine Speerspitze von Eisen, zwei menschliche und einen Pferdeschädel sowie einen Siegelring, der das Brustbild eines Mannes mit langen geflochtenen oder gelockten Haaren und eine Lanze in der Hand zeigte. Die Umschrift enthielt die Worte. Childerici regis. Man erkannte sofort, daß hier das Grab jenes Frankenkönigs zu Tage gekommen, in welches derselbe mit seinem Streitrosse, seinen Waffen sowie mit einer reichen Beigabe sowohl von Schmuck wie von geprägtem Gold und Silber im Jahre 481 nach Chr. beigesetzt wurde, und zwar, wie wir jetzt erkennen, an der Seite einer ebenso königlich ausgestatteten Frau, ohne Zweifel seiner Gemahlin Basina, der Mutter Chlodowech’s, des Begründers der merowingischen Königsmacht.

Dieser Fund war der Beginn einer Fülle weiterer Funde, die aber erst in allerneuester Zeit, in den letzten vierzig Jahren, gemacht worden sind und zur Entdeckung und Erforschung jener großen Friedhöfe in den alten Gebieten der Alamannen, Burgunder, Franken, Angelsachsen und Baiern geführt haben, mit deren Erwähnung wir die Aufgabe dieser Artikel als abgeschlossen betrachten dürfen.





Auf dem Rheine.

(S. Abbildung auf Seite 629.)


Ich fuhr zu Kahne stromab den Rhein;
Es blinkten so silbern die Wellen,
Und bei mir saßen im Sonnenschein
Vielliebe Fahrtgesellen –

5
Jungfrisches Blut und graues Haar,

Dazu die Liebste, wem eine war;
Wir führten die Römer zum Munde
Und priesen die glückliche Stunde.

Da scholl Musik, da stieß es vom Land

10
Mit fliegender Purpurfahne,

Dahinter schimmerndes Meßgewand –
Wallfahrer waren’s im Kahne;
Und als sie zogen vor uns vorbei,
Sie sangen so klagend die Litanei,

15
Sie sangen von Kreuz und von Büßen,

Den sonnigen Rhein zu den Füßen.

Da hub sich mein liebster Gesell beim Mast,
Auf sprühte sein Glas in Funken;
Er sang: „O süßeste Lebenslast,

20
Ich grüße dich liebetrunken!

Ich liebe den Berg, dazu das Thal,
Ich liebe so Regen wie Sonnenstrahl,
Das Glück und die Thräne vor Leide –
Ich liebe sie alle beide.

25
Und wenn sich Staub an den Schuh mir hing,

Ich schüttle ihn von den Füßen,
Und hab’ ich gethan ein unrecht Ding,
So brauch’ ich darum nicht büßen:
Ein Adler, steig’ ich in Himmelsluft;

30
Da badet die Seele der Sonnenduft,

Und schweb’ ich zur Erde nieder,
So lächelt der Friede mir wieder.

Ihr lieben Heil’gen von Rauhenthal,
Du Milch von unsrer Frauen,

35
Ihr Aßmannshäuser und Andren zumal,

Euch will ich fröhlich trauen;
Die Ihr vom Himmel der Welt geschenkt,
Ihr habt die Lehr’ mir in’s Herz gesenkt:
Froh Herz und feurigen Willen,

40
Die fressen nicht Motten noch Grillen.“


So scholl sein Lied. Es nickte der Kahn,
Es nickten die lustigen Wogen;
Sein leeres Glas flog himmelan
Geschleudert in mächtigem Bogen.

45
Doch weiter tönte der Bußgesang,

Von Kreuz und Sünde der trübe Klang;
Sie fuhren langsam von dannen,
Bis daß sie das Ufer gewannen.

Victor Blüthgen.




Der Dom zu Köln.[1]
Zum Weihefest eines deutschen Nationalbaues.
Von Dr. L. Ennen.

Als die einzelnen, mit reichen Gütern ausgestatteten Stifter Kölns begannen, Kirchen zu erbauen, welche die alte, aus dem zehnten Jahrhundert stammende Kathedrale, die Ruhestätte der heiligen drei Könige, an Pracht, an ruhiger Majestät, an äußerer Schönheit, an verschwenderischer Ausstattung übertrafen, mußte das Bedürfniß nach einer Mutterkirche fühlbar werden, welche auch im Aeußern das richtige Verhältniß des Domes zu den übrigen Stiftskirchen kund gab. Der fromme, gewaltige, prachtliebende

  1. Der Verfasser obigen werthvollen Aufsatzes, langjähriger Archivar und Bibliothekar der Stadt Köln und bedeutender Geschichtsforscher, ist unerwartet am 14. Juni dieses Jahres aus dem Leben geschieden, die eben vollendete, von ihm erbetene Arbeit als die letzte seines Lebens uns hinterlassend. Indem wir dieselbe heute, als am Vorabende der Einweihungsfeste des Kölner Doms, unsern Lesern darbieten, fügen wir noch ein Wort über die Person ihres Verfassers hinzu. Leonhard Ennen, am 5. März 1829 zu Schleiden in der Eifel geboren, war früher katholischer Geistlicher und lebte als Curatvicar in Königswinter, bis Köln ihm, der eben in das Abgeordnetenhaus gewählt worden, 1857 Archiv und Bibliothek der Stadt anvertraute. Obwohl mehr ein friedfertiger Gelehrter, als ein Mann der That hat er doch schon im Jahre 1848 sich durch Betheiligung an einer liberalen Bewegung innerhalb des kölnischen Clerus Maßregelungen zugezogen und war bis zu seinem Tode ein erklärter Gegner des Unfehlbarkeits-Dogmas, ohne Altkatholik zu werden. Seine Hauptwerke behandeln die Geschichte Kölns.
    D. Red.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1880). Leipzig: Ernst Keil, 1880, Seite 633. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1880)_633.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)