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Verschiedene: Die Gartenlaube (1880)


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verbreitet. Würden diese Mißbräuche nicht bald abgestellt, so müßten sie ihm die Treue aufsagen, er wisse ja, was die Thalmänner vermöchten, und könne es leicht noch einmal zu seinem Unglück erfahren. Aus diesem übermüthigen Schreiben tönte die Stimme der abgesetzten Prälaten nur zu deutlich heraus; sich ihrer zu bemächtigen, war daher ein Hauptgrund für des Königs Zug in die Thallande. Allein auf die Kunde seiner Annäherung entflohen die Aufrührer eilends nach Norwegen. Die Thalbauern, welche Gustav auf die Haide von Tuna vor sein Angesicht beschied, wurden schnell kleinlaut; sie schoben alle Schuld auf die entflohenen Aufwiegler und baten unter dem Schwure ewiger Treue fußfällig um Gnade. Der König, der daran dachte, daß die Wiege seines Königthums in diesen Thälern gestanden und daß ihm einst zur Zeit der Noth von denselben Männern, die jetzt vor ihm knieeten, Gastfreundschaft und Unterstützung geworden, schenkte ihnen gern Verzeihung; die Verfolgung der flüchtigen Prälaten aber setzte er mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln fort. Bald hörte er, sie hätten ein Asyl in Drontheim beim Erzbischofe Olaf gefunden; aber dieser verweigerte die Auslieferung der Hochverräther und suchte sie im Gegentheil mit Schutz zu umgeben, da sie in seinen Augen Märtyrer der Kirche waren, welche die ketzerische Gewalt des Staates ungerechter Weise verfolgte. Sunnanwäder und Knut wären daher wohl noch lange außerhalb des Bereiches von Gustav’s Macht geblieben, wenn ihnen nicht schließlich das unthätige Leben im fremden Lande, fern vom Schauplatze ihrer Interessen und Intriguen, zum Ueberdruß geworden wäre.

Der Erzbischof Olaf mußte daher für sie vom schwedischen König ein sicheres Geleit für ihre Rückkehr nach Schweden fordern, unter dem Vorwande, daß sie dort ihre Unschuld vor Gericht zu vertheidigen wünschten. Das Tribunal, welchem sie nach den Kirchengesetzen allein gegenübergestellt werden durften, bestand aus den schwedischen Bischöfen, von deren Urtheilsspruch sie nichts zu befürchten hatten. Allein sie kannten Gustav’s ganze Kühnheit noch nicht. Um die Aufrührer bestrafen zu können und ähnlichen Fällen vorzubeugen, sann er auf einen kühnen Ausfall gegen die Geistlichkeit. Diese unter weltliche Gerichtsbarkeit zu bringen – nichts Geringeres war sein Vorhaben.

Mit dem gewünschten Geleitsbrief, in dem es hieß, daß sie ungehindert nach Schweden kommen möchten, dort vor „gebührenden“ Richtern Rede zu stehen, durch ihre Privilegien anscheinend gesichert und hochmüthig wie immer, begaben sich die Prälaten im Sommer 1526 auf die Reise. Sunnanwäder mußte zwar unterwegs Krankheitshalber zurückbleiben, der Erzbischof aber erreichte am 26. Juli Stockholm. Hier aber ward er zu seinem nicht geringen Erstaunen vor ein Gericht gebracht, das zwar aus vier Bischöfen, aber auch aus sechs Reichsräthen bestand, vor welchen der König selbst als Ankläger auftrat. Des Erzbischofs eigene Briefe bildeten die vollgültigsten Beweise seiner Schuld. Die weltlichen Richter verurtheilten ihn einstimmig zum Tode; ganz umsonst erhoben die Bischöfe Einsprache gegen die Rechtmäßigkeit des ganzen Verfahrens. Die Vollziehung des Urtheils ward einstweilen noch aufgeschoben; erst wollte der König auch den andern Vogel im Netze haben.

Peder Sunnanwäder war inzwischen wieder genesen und

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1880). Leipzig: Ernst Keil, 1880, Seite 693. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1880)_693.jpg&oldid=- (Version vom 14.9.2022)