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Verschiedene: Die Gartenlaube (1883)

von rothem Sandstein tragen, die wegen ihrer Aehnlichkeit mit grotesken Götzenbildern der Gegend jenen romantischen Namen gaben. Auf dem Rücken jener Hügelketten entdeckte McCook die niedrigen kegelförmigen Hügel einer Ameise, die er bald als eine nahe Verwandte der mexicanischen Honigameise erkannte, weshalb er seine Weiterreise aufgab und sein Beobachtungszelt in dieser anmuthigen Gegend aufschlug.

Die unterirdischen Nester dieser Myrmecocystus hortus deorum getauften Art waren abweichend von denen der mexicanischen Honigameise, über die sich gar kein Hügel erhebt, durch abgestutzte, niedrige Kegel aus grobem Kiessand von zwei bis drei Zoll Höhe bei sechs bis sieben Zoll Durchmesser an der Basis gekennzeichnet (Fig. 1), und sie befanden sich stets auf den Kämmen der Hügelketten, niemals in den zwischen ihnen befindlichen Schluchten, wahrscheinlich, um den Wasserfluthen zu entgehen, die sich bei Regengüssen dort hinabwälzen. Mitten auf dem Gipfel des kleinen Kegels findet sich eine trichterförmige Einsenkung, von welcher eine einfache, seltener doppelte Eingangsröhre in den Bau hinabführt. Aus dieser Pforte lugen beständig zahlreiche Schildwachen, welche die Ordnung an diesem Eingange aufrecht erhalten. Durch Oeffnung mehrerer solcher Hügel überzeugte sich McCook, daß die Eingangsröhre gewöhnlich nur ein kürzeres Stückchen senkrecht hinabsteigt, dann einen Winkel macht und in abschüssiger Richtung zu dem Labyrinthe von Gängen, Kammern und größeren Räumen führt, welches bis zu einer Tiefe von mehreren Fußen in dem weichen, zerreiblichen Sandsteinfelsen ausgehöhlt ist, der das Gerippe dieser Berglandschaft bildet.

Ceylonküste bei Point de Galle.
Originalzeichnung von A. Wanjura.

Eins der von unserm Gewährsmann eröffneten Nester nahm beispielsweise einen Raum von acht Fuß Länge, drei Fuß Tiefe und anderthalb Fuß Breite in dem Felsboden ein, was eine beträchtliche Minirarbeit erfordert haben muß. In der inneren Architektur der einzelnen Nestabtheilungen zeigt sich ein bemerkenswerther Unterschied darin, daß die Wandungen der Gänge, Versammlungs- und Puppenräume, sowie des Königin-Gemaches ganz glatt und eben gehalten werden, während in den sogleich näher zu beschreibenden Honigkammern Wendungen und Wölbungen völlig rauh und ungeglättet geblieben sind, offenbar, um den Honigameisen das Festklammern an denselben zu erleichtern.

Diese Honigkammern oder Keller, von denen die obersten gewöhnlich schon wenige Zoll unter der Erdoberfläche angetroffen wurden, sind im Grundriß meist elliptisch, zwei bis drei Zoll lang bei dreiviertel bis ein Zoll Höhe und an ihren Wölbungen mit Häufchen von Honigameisen bedeckt, die sich mit ihren Füßen festgeklammert halten, während der honiggefüllte Hinterleib gerade herabhängt, sodaß sie in ihrer Zusammendrängung häufig den Anblick kleinbeeriger Weintrauben darbieten (Fig. 2).

Eine genauere Untersuchung dieser Thiere ergab, daß sie sich anatomisch in keinem wesentlichen Punkte von den gewöhnlichen Arbeitern, die in drei Größen vorhanden sind, unterscheiden, außer daß eben ihr Kropf oder Vormagen mit Honig derartig überfüllt ist, daß der eigentliche Magen und die Eingeweide in ein kleines Klümpchen nach unten und hinten gedrängt werden, weshalb sie von einigen Beobachtern ganz übersehen worden sind. Durch diese Ueberfüllung und Ausdehnung des Kropfes, welche man im Uebrigen auf allen Stufen der Entwickelung antrifft, werden die dunkleren Rückenbrustplatten, welche sonst ringförmig und dicht an einander schließend den Leib panzern, weit aus einander geschoben, während die sie verbindende zarte, durchscheinende Haut sich ausdehnt, emporwölbt und endlich den größten Theil des Umfangs ausmacht, auf welchem die sonst dichtstehenden dunkleren Platten nunmehr weitgetrennte hervortretende Streifen bilden. Ob die Honigträger ihren Platz an der Kammerwölbung ohne fremde Hülfe erreichen, oder ob sie dorthin von ihren behenderen Cameraden geschoben werden, konnte nicht festgestellt werden; ebenso bleibt es vor der Hand noch eine offene Frage, ob ihr Kropf ausschließlich von den anderen Arbeitern mit Honig angefüllt wird, oder ob sie in ihrer ersten marschfähigen Jugendperiode selbst Honig einsammeln und aufspeichern. Jedenfalls muß diese letzte Füllung ihres

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1883). Leipzig: Ernst Keil, 1883, Seite 177. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1883)_177.jpg&oldid=- (Version vom 24.12.2023)