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Verschiedene: Die Gartenlaube (1883)

besteht aus einer kleinen Granate, deren schnell hinter einander fortgeschleuderte Massen namentlich Torpedobooten sehr verderbenbringend werden möchten. Das Abfeuern des Geschützes wird durch die einfache Drehung einer Kurbel erzielt.

Für heute denn „Lebewohl!“ du Stätte des Todes und der Vernichtung unserer Feinde, du Quelle des Schutzes unserer eigenen Leiber im Kampfe um Deutschlands Ehre. Verschlingst Du auch Tausende und aber Tausende, und wandelst du auch das Gold nur in Hartgußeisen, in ein todtes Capital, so schützest du dagegen hierdurch die lebende Schaffenskraft von Millionen und aber Millionen deutscher Männer und giebst deren Armen an anderer Stelle friedliche Ruhe und Gelegenheit zu reichlich lohnender Arbeit. Möge dieser kriegerische Zweig der deutschen Eisenindustrie uns noch lange den Frieden bewahren!




Zur Erinnerung an Adolf Schults.[1]

(Am fünfundzwanzigsten Jahrestage seines Todes, 2. April 1883.)

„Noch einmal hoffen, hoffen, hoffen!“
      So klang des Sängers Schwanenlied,
      Der dann, vom frühen Tod getroffen,
      Nur allzu bald von dannen schied.
      Er dacht’ an Weib und Kinderschaar,
      D’rum wollt’ wie müd’ und matt er war,
      Nach einmal er empor sich raffen
      Zu neuem Hoffen, neuem Schaffen.

Und ach! wohl ist dem müden Mann
      Es mit dem Hoffen Ernst gewesen!
      Sein letztes Lied – die Thräne rann
      Vom Auge mir, als ich’s gelesen –:
      In neuem Heft das erste Blatt!
      Da hat der Sänger, krank und matt,
      Dies Lied, sein letztes aufschrieben –
      Das and’re all’ ist leer geblieben!

Es schwieg der Mund auf immerdar,
      D’raus manches tiefe Lied erklungen.
      Bald hat der treuen Freunde Schaar
      Den Sänger in das Grab gesungen.
      Es war am Auferstehungstag:
      Die neu erwachte Erde lag
      Von Frühlingsstrahlen übergossen,
      Als sich ob ihm das Grab geschlossen. –

Hin jagt die Zeit in raschem Lauf,
      Es drängt sich hastend Well’ auf Welle,
      Und ruhlos geht es ab und auf
      Das Alte weicht und räumt die Stelle
      Dem Neuen ein! Wie manches heut’,
      Ist hin, was einst das Herz erfreut,
      Und and’res ward geschaffen wieder,
      Und jeder Lenz bringt neue Lieder. –

Schon fünfundzwanzig Jahr’ vergangen,
      Seit dich der frühe Tod gefällt.
      Doch wie, seit deine Weisen klangen,
      Sich auch gewandelt hat die Welt:
      Du sollst uns unvergessen sein.
      Als Kranz auf deinen Leichenstein
      Laß dieses Lied mich heute legen,
      Und dein Gedächtniß bleib’ in Segen! Hermann Schults.



  1. Eine Biographie des Dichters mit Portrait brachte die „Gartenlaube“ im Jahre 1858 kurz nach seinem Tode (S. 485) in demselben Jahrgang (S. 240) sein letztes Lied, mit dessen Schlußzeile das obige Gedicht beginnt. Da jener Jahrgang unseres Blattes vielen unserer Leser nicht mehr zugänglich ist und dem im Leben so unglücklichen Dichter auch noch das Schicksal droht, zu bald für den Werth seiner Dichtungen der Vergessenheit zu verfallen, so wollen wir hier daran erinnern, daß Adolf Schults als Verherrlicher des Familienlebens noch heute sehr hoch, ja in einzelnen seiner Seelenbilder und Lieder als unübertroffener Meister in der „Poesie des Hauses“ dasteht. Dies müssen wir um so höher achten, als bittere Sorge und der Zwiespalt zwischen seinem innern und äußern Beruf ihn nie zu Glück und Frieden kommen ließen. Er war in seinem 14. Jahre als Lehrling in ein Handelshaus eingetreten und Comptoirist bis an sein Ende geblieben. Seine „Gedichte“ erlebten von 1843 bis 1868 vier Auflagen. Außerdem hat er „Märzgesänge“ (25 Zeitgedichte, 1848), „Lieder aus Wisconsin“, „Leierkastenlieder“ etc., und die lyrischen Cyklen: „Zu Hause“, „Martin Luther“, „Ludwig Capet“ und „Der Harfner am Herd“ veröffentlicht. Unsere Gegenwart wirft gegenüber dem, was die Lebenden schaffen, zu viel Besseres zu den Todten.




Hamburgs Zollvereins-Anschluß.

Hamburg steht vor einer Umwälzung, wie sie so großartig, kostspielig und in alle Verhältnisse einschneidend die alte „freie und Hansestadt“ an der Elbe seit ihrem Bestehen nicht erlebt hat. Zum Zweck der Ausführung der neuen Freihafenanlagen soll ein ganzes Stadtviertel abgebrochen werden; 25,000 Menschen müssen andere Wohnungen oder andere Geschäftsräume aufsuchen. Von den auf 106 Millionen Reichsmark geschätzten Kosten desjenigen Ausführungsprojectes, hinsichtlich dessen sich nach mehrjährigem Prüfen und ebenso langem heftigem Streite der Senat und die Bürgerschaft endlich geeinigt haben, trägt das deutsche Reich 40 Millionen, den Rest der hamburgische Staat, welcher dadurch eine für seine Vermögensverhältnisse ungeheuere Belastung übernimmt. Selbst der große Brand Hamburgs 1842 verschlang an unbeweglichem und beweglichem Eigenthume nur 50 Millionen Reichsmark, zerstörte 4219 Häuser und machte 20,000 Personen obdachlos. Doch dieser Vergleich möge nur die Größe ersterer Ziffern illustriren, im Uebrigen ist die Sachlage eine wesentlich verschiedene, schon insofern, als damals Trauer und Kummer dort herrschten, wo jetzt für den größten Theil der Bevölkerung der Himmel voller Geigen hängt; hätte man eine Volksabstimmung vorgenommen, sie wäre vielleicht zu Gunsten einer noch schwereren Belastung der Steuerkraft ausgefallen, zu Gunsten des großartigsten Ausführungsprojectes, welches gar 123 Millionen in Anspruch nehmen wollte.

Wie wesentlich anders waren die Ansichten der Hamburger noch vor etwa drei Jahren! Damals, als sie den erbitterten „Zollkrieg“ mit dem deutschen Reichskanzler führten, schwur die weit überwiegende Mehrheit der Hanseaten auf die Parole „Freihafen“, und nur eine verschwindend kleine Minderheit trat für den „Zollanschluß“ ein. Am 15. Juni 1881 jedoch ward jener Krieg beendet, und der Kern des Friedensvertrages läßt sich etwa in folgende Worte fassen:

„Die Stadt Hamburg wird gegen Ende des Jahres 1888, nach dem 1. October an einem vom Bundesrathe zu bestimmenden Tage, ihre bisherige ‚Freihafenstellung‘ verlieren und dem deutschen Zollverband angeschlossen werden. Sie behält indessen einen ‚Freihafenbezirk‘; innerhalb dieses lediglich von außen zollamtlich zu bewachenden Bezirks ist die Bewegung der Schiffe und Waaren von jeder Zollcontrolle befreit und die unumschränkte Anlegung von industriellen Großbetrieben gestattet. Wohnungen und Kleinhandlungen jedoch sind daselbst nicht zulässig.“

Der deutsche Reichskanzler soll vor etwa einem Jahrzehnte die Aeußerung gethan haben, er verstehe Manches, aber zu verstehen,

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1883). Leipzig: Ernst Keil, 1883, Seite 211. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1883)_211.jpg&oldid=- (Version vom 25.12.2023)