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Verschiedene: Die Gartenlaube (1883)

gut zu unterhalten, sondern vor Allem auch ihnen das Geld aus der Tasche zu locken, sobald er nur spürt, daß solches vorhanden ist. Faule Fechter jagt er frühzeitig auf die Fahrt, das heißt zum Bettelngehen. Er weiß sich auch nöthigenfalls mit der an der Küchenwand hängenden Peitsche Respect zu verschaffen. Daneben ist er den Gästen vielfach bei dem Vertriebe erfochtener Sachen behülflich und weiß dabei für sich immer ein gutes Verdienst herauszuschlagen.

Viele dieser Herbergswirthe geben neuerdings sogar gedruckte Empfehlungskarten ihres „Hôtels“ den Reisenden zur Verbreitung mit, in denen namentlich nicht verfehlt wird, auf den „guten Nordhäuser“ aufmerksam zu machen. Auch empfehlen sich die Wirtschaften unter einander, und man hat bei verhafteten Landstreichern, außer einer Anzahl jener gedruckten Empfehlungskarten, förmliche Reiserouten aufgefunden.

In einem nächsten Artikel werden wir uns mit den Ursachen dieser modernen Landplage und den Mitteln zu deren Abwehr und Erdrückung beschäftigen.




Blätter und Blüthen.

Vermißte (Neue Folge). Wir wiederholen hier die schon mehrfach ausgesprochene Bitte, daß diejenigen, welche von ihren vermißten Angehörigen Kunde erlangt haben, uns sofort davon Nachricht geben, damit wir den so vielfach beanspruchten Raum unseres Blattes nicht zu vergeblichen Aufrufen verschwenden müssen.

1) Hermann August Paul Schütz, Seemann aus Berlin. 1845 geboren, ging 1863 über Stettin zur See, kam auf dem Schiffe „John Watt“ Februar 1865 nach St. Helena. Die letzte briefliche Nachricht von ihm datirt vom 26. April 1865 aus Hallmouth. Seitdem verschollen.

2) Im November 1869 brachte der Eisenbahnsecretär W. Felix, damals in Saarbrücken, seinen achtzehnjährigen Sohn Heinrich Felix, welcher Seemann werden wollte, nach Hamburg, wo derselbe als Schiffsjunge auf den Dreimastschooner „Ernst“, Capitain Jacobsen, kam. Nach einer zweiten Fahrt mit diesem Schiffe nach Valparaiso verließ er dasselbe und fuhr seitdem auf chilenischen, nordamerikanischen und englischen Schiffen und schrieb von verschiedenen See-Orten, zuletzt, am 20. März 1877, von Capstadt aus, von wo er mit dem Schiffe „Caernarvon Castle“ nach London zurückkehrte und am 10. Oktober 1877 ausgemustert wurde. Letztere Nachricht erhielten die Eltern durch das deutsche Generalconsulat in London. Seitdem ist Felix verschollen.

3) Vor acht Jahren verließ der Matrose Theodor Georg Becker Hamburg auf einem nach Südamerika segelnden Schiffe. 1877 erhielt sein Vater die Nachricht, daß sein Sohn gefangen gehalten werde; auf Veranlassung der deutschen Regierung wieder frei gegeben, schrieb er, daß er heimkehren wollte. Seine damalige Adresse lautete: „Sennor Carlos Weiss para entregar à Teodoro Becker. Las Flores, Republica Argentina.“ Alle unter dieser Adresse abgesandten Briefe blieben bis jetzt erfolglos.

4) Joseph Bell von Luzern begab sich im October des Jahres 1867 nach Argentinien, Santa Fe. Die letzten Nachrichten von ihm datiren vom October 1869; seither konnte trotz aller Nachforschungen nichts von ihm vernommen werden.

5) Wer den Aufenthalt des Graveurs Julius Hermann Bergmann weiß, wird gebeten, denselben seiner in der größten Dürftigkeit lebenden, kranken Frau in Görlitz, Pragerstraße 4, anzuzeigen, damit selbige von ihm die Erlaubniß erhalten kann, seine monatliche Pension zu erheben.

6) Eine halberblindete Wittwe sucht ihren Sohn! Derselbe, Hermann Brockel, gebürtig aus Ohlau in Schlesien, diente von 1873 bis 1876 als Unterlazarethgehülfe in Bautzen. Neujahr 1880 hat derselbe von Liegnitz in Schlesien aus zum letzten Male geschrieben. Der Vermißte ist seiner Profession nach Barbier.

7) Ein junger Deutscher, Hieronymus Brenner, der längere Zeit in Amerika lebte und vor circa einem Jahre eine Stelle in Liverpool als Kellner einnahm, kam Ende vorigen Jahres in Streit mit dem Koch des Hauses, wollte seine Kraft mit jenem messen, wurde aber bezwungen und hingeworfen und fiel so unglücklich, daß er nach wenigen Stunden starb. Ein nach Berlin an die Eltern des jungen Mannes gerichteter Brief kam als unbestellbar zurück. Der Wohnort der Eltern wird behufs Auslieferung der Hinterlassenschaft des Verstorbenen gesucht.

8) Der Bäckergeselle Anton Dettki aus Rössel in Ostpreußen, der vor einigen Jahren seine Vaterstadt verließ und seit zwei Jahren nichts mehr von sich hat hören lassen, wird gebeten, seinen Eltern Nachricht von sich zu geben, respective selbst nach Hause zu kommen. Da die Mutter schwer krank darniederliegt und der Vater sehr schwach ist, so soll er die Bäckerei seines Vaters übernehmen.

9) Der Schlossergeselle Gustav Dittmann aus Halberstadt war im Jahre 1878 bis 1879 beim Schlossermeister Herm. Sandes in Köln in Arbeit. Darauf ist er nach Ruhrort a. Rh. und dort auf einem Schlepper angestellt gewesen. Im Juli 1879 haben seine Eltern den letzten Brief von Ruhrort erhalten. Alle Nachforschungen nach ihm sind bis jetzt fruchtlos gewesen.

10) Die Wittwe Joh. Driescher in M.-Gladbach in Rheinpreußen sucht ihren Sohn, den Klempner Friedrich Wilhelm Driescher. Derselbe ist 1851 in Rheydt geboren. Sein letzter Brief datirt aus Dresden, 1875; er schreibt darin, er würde noch an demselben Tage mit seiner Braut abreisen, ohne Angabe wohin; nach Aussagen einiger seiner Freunde soll er den Vorsatz ausgesprochen haben, nach Japan auszuwandern. Seine Braut soll Adele Weisdorn heißen und Verwandte in Japan haben.

11) Der Bäckergeselle Johann Buch, geboren 1863 in Neuwied, ging im Mai 1883 auf die Wanderschaft, arbeitete zuletzt im Badischen und schickte vor einem halben Jahr seine sämmtlichen Kleider nach Hause mit dem Bemerken, daß er auf seiner Durchreise dieselben wieder in Empfang nehmen wollte. Dies ist bis jetzt noch nicht geschehen und fürchtet die arme, alte Mutter, daß ihm ein Leid zugestoßen sei.

12) Rudolf Eiberger aus Mondsee im Salzkammergute, 1853 geboren, ging nach Abdienung seiner Militärjahre zur Marine, seit 1874 verschollen.

13) Alfred Eiberger, ebenfalls aus Mondsee, 1854 geboren, war bei der Marine, wurde 1875 zur Infanterie commandirt, desertiere kurze Zeit darauf, schiffte sich in Triest auf einem Kauffahrteischiffe ein. Sein letzter Brief datirt von 1878 aus einem englischen Hafen.

14) Eduard Ender, 1830 geboren zu Warmbrunn in Schlesien, Buchhalter, begab sich October 1864 von Breslau nach Russ. Polen, um sich dort eine Existenz zu gründen. Seitdem verschollen. Seine alten, bekümmerten Eltern bitten um Nachricht.

15) Hugo Engel, geboren 1850, Seemann, wird von seinem Vater gesucht. Die letzten Nachrichten datiren vom 18. Aug. 1878 aus Cadix und theilte er damals mit, daß er auf sieben Monate von einem nach Rio Grande in Brasilien fahrenden englischen Schiffe gedungen worden sei.

16) Der Sattler Friedrich August Vogel aus Leubsdorf, der seinen Bruder am 1. Januar 1881 zum letzten Male besucht, wird von seinen Geschwistern um Nachricht gebeten.

17) Lucie Pabst. Signalement: Alter: 20 Jahre, Größe: 1,60 M., Statur: schlank, Haare: hellblond, Stirn: gewölbt, Augenbrauen: blond, Nase und Mund: gewöhnlich, Kinn: rund, Gesicht: etwas länglich. Gesichtsfarbe: gesund. Lucie Pabst, die einzige Tochter eines geachteten Bürgers von Quedlinburg, entfernte sich am Abend des 29. November gegen 8 Uhr aus der elterlichen Wohnung, um angeblich in einem Hôtel, wo das junge Mädchen zur Erlernung der Küche thätig war, sich noch mit der Anfertigung von Weihnachtsarbeiten zu beschäftigen. Lucie Pabst ist jedoch nicht m dem betreffenden Hôtel gewesen, und bis jetzt noch nicht zu ihren Eltern zurückgekehrt, auch trotz aller Nachforschungen noch Nichts über ihren etwaigen Aufenthalt ermittelt.

18) Heinrich Stammerjohann, geboren 1846, auf Grevenköper Riep bei Krempe in Holstein, reiste als Seemann von 1865 an nach Südamerika, China, Californien, Mexico, England und von da nach Rio Grande in Brasilien, von wo er 1870 zuletzt geschrieben hat. Seitdem verschollen. Seine Mutter und seine Geschwister bitten um Nachricht.

19) Am 3. Juli 1881 hat sich der Bäckerlehrling Otto Junker heimlich aus Barmen entfernt. Trotz aller Bemühungen des bekümmerten Vaters konnte bis jetzt nichts über seinen Aufenthaltsort in Erfahrung gebracht werden.

20) Eine unglückliche Frau bittet die „Gartenlaube“, ihren Mann zu suchen. Derselbe, der Schriftsetzer Karl Kegler, hatte, da er an zeitweiliger Geisteskrankheit litt, acht Wochen im Irrenhaus zu Dalldorf verbracht, war dann wieder entlassen worden und zu seiner Frau zurückgekehrt. Nach vierwöchentlichem Aufenthalt in Berlin unter der Obhut derselben, verschwand er aber am 11. Februar 1882 plötzlich; es ist bis jetzt noch nicht die geringste Spur von ihm aufgefunden worden. K. ist 66 Jahre alt, von kleiner Gestalt, hat dunkelblonde mit grau vermischte Haare, dunkelblaue Augen.

21) Seit vierzehn Jahren warten die Eltern des Kaufmanns Friedr. Ferd. Robert Schlippe auf eine Nachricht von ihrem Sohn. Derselbe, 1818 geboren, lernte in Leipzig die Kaufmannschaft, verließ aber 1868 plötzlich Leipzig, um, wie er seinen Eltern schrieb, in China eine Stelle anzunehmen. Am 3. April schrieb er nochmals aus London, resp. vom Bord eines Schiffes. Seitdem fehlt jede Spur und Nachricht.

22) Der Tapezierer H. Sahlmann aus Kiel sucht seine einzige Schwester Katharine Sahlmann, geboren in Kiel, 43 Jahre alt. 1862 war sie bei einem Kaufmann in Berlin (Prinzessenstraße) angestellt, seitdem der Aufenthalt unbekannt.

23) Der Bäckergeselle Paul Alban Richter aus Zwönitz, geboren 1863, ging 1880 auf die Wanderschaft und schrieb das letzte Mal an seine Eltern Ende April 1880 aus Schlesien. Seit dieser Zeit ist der Mann verschollen. Die tief betrübten Eltern, welche beide noch leben, erwarten sehnsüchtig Auskunft über den Vermißten und setzen ihre letzte Hoffnung auf die „Gartenlaube“.

24) Adolf Rahn, geboren 1865 zu Mohrin bei Königsberg, welcher zuletzt als Knecht in Krukow in Mecklenburg gedient hat, wird von seiner bekümmerten Mutter aufgefordert, Nachricht zu senden.

25) „August Off! Der Du vor zwanzig Jahren nach Rio gingst, gieb Deiner alten achtzigjährigen, allein noch lebenden Mutter, die täglich Deiner gedenkt, ein Lebenszeichen! Dorothea Off.“ Die Adresse der bittenden Greisin theilt die „Gartenlaube“ mit.

26) Hans Jacob Nommensen, geboren auf der Hallig Gröde, Provinz Schleswig Holstein, 1848, ist, nachdem er in der deutschen Marine als Einjähriger gedient, 1872 als Matrose mit einem Hamburger Schiff „Atalanta“ nach Hongkong abgegangen. Unsicheren Nachrichten zufolge, sollte er in Hongkong bei einem Hamburger Namens Peter Schmidt logirt haben, dann an Bord eines anderen Schiffes, welches an der chinesischen

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1883). Leipzig: Ernst Keil, 1883, Seite 463. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1883)_463.jpg&oldid=- (Version vom 7.1.2024)