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Verschiedene: Die Gartenlaube (1888)

anmuthige, schöne, ritterliche Kaiserin von Oesterreich ist bekanntlich eine leidenschaftliche Reiterin, welche vor den Gefahren einer englischen Fuchsjagd nicht zurückschreckt, muthig und kühn, vorleuchtend den glänzenden Reitervölkern, die des Kaisers Scepter beherrscht. Aus dieser Ehe stammen drei Kinder: Gisela, geboren den 12. Juli 1856, seit 1873 mit dem Prinzen Leopold von Bayern vermählt, der Kronprinz Rudolf, geboren am 22. August 1858 und die 1868 geborene Erzherzogin Marie Valerie. Bekannt ist die Liebe zu den Naturwissenschaften, die den österreichischen Thronfolger auszeichnet. Zeugniß dafür legt das große, unter seiner Leitung herausgegebene Werk ab: „Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild“, zu dem er selbst die schwunghafte Einleitung geschrieben. Als gewandter Schriftsteller hat er sich bewährt in seinen Reiseschriften „Eine Orientreise“, „Fünfzehn Tage auf der Donau“, „Jagdreisen in Ungarn“. Der mit der belgischen Prinzessin Stephanie seit 1881 vermählte Kronprinz ist eine glänzende Hoffnung für Oesterreichs Zukunft; seine Ehe ist mit einer Tochter gesegnet, der anmuthigen jetzt fünfjährigen Erzherzogin Elisabeth.

Am vierzigjährigen Jubeltage der kaiserlichen Regierung aber verewigen sich alle Völker Oesterreichs, wie verschieden auch sonst ihre Sprachen sein mögen, in der einen Sprache, die das Herz diktirt, in den heißen Segenswünschen für ihren geliebten Kaiser, dessen ganzes Leben voll unablässiger Sorge für seines Reiches Wohl war und der noch lange walten möge als die Vorsehung seiner Völker zu ihrem Heil.




Weihnachtsgeschenke.
Zeitgemäße Betrachtungen von Emil Peschkau.

Das schöne, poesieverklärte Fest mit seinem Tannenduft und seinem Lichterglanz nähert sich wieder; aber in die kindliche Vorfreude, die wir schon empfinden, in die selige Gebestimmung, die uns in nachdenklichen Stunden beschleicht, drängen sich auch wieder die alten Sorgen: Was schenken wir unseren Lieben? Was kaufen wir unseren Freunden? Wie bewältigen wir am besten die Pflichtgeschenke, denen wir uns nicht entziehen können? Mancher arme Teufel, der froh wäre, wenn er seinem kleinen Mädchen ein Paar tüchtige Schuhe auf den Weihnachtstisch stellen könnte, wird bitter lächeln, wenn er von unseren „Sorgen“ hört - und doch sind es Sorgen, und wir athmen erleichtert auf, wenn wir das Kapitel erledigt haben.

Freilich – wenn ich mir die Sache recht überlege, so scheint es mir, daß wir an diesen „Sorgen“ doch nur selber schuld sind. Diese Sorgen sind eine Art Zeitfrage, und so nebensächlich sie auch scheinen mögen, sind sie doch in gewissem Sinn charakteristisch für die Gegenwart. Man hat früher anders geschenkt als jetzt – man hat vor allem weniger geschenkt! Man hat sich darauf beschränkt, seinen nächsten Angehörigen eine Freude zu bereiten, man hat wenig geschenkt, aber Solides, Tüchtiges, man hat nicht nach dem Seltsamen gejagt, nach Flitter und Tand, nach blendenden Ueberraschungen, und man hat, wo immer man schenkte – ehrlich geschenkt! Heut zu Tage aber wüthet ein wahrer Schenktaumel, wir benutzen auch die Weihnachtszeit, um einander Sand in die Augen zu streuen, die gesellschaftliche Lüge droht sich alles Ernstes auch des lieblichen Festes zu bemächtigen, das wie ein heiliges Idyll unangetastet in dem Sturm unserer Tage steht.

Das Weihnachtsfest ist das Fest des Herzens, das Fest der Liebe, und das Schenken soll nur ein Ausdruck dieser Liebe sein. Es giebt aber Kreise, in denen das Schenken schon eine Art unangenehmen Geschäftes geworden ist. Immer größer wird die Anzahl derer, die man beschenken muß, und die Oberflächlichkeit und Leichtfertigkeit, mit der man das „Geschäft“ nun schon besorgt, wird endlich zur Gewohnheit und wirkt auch auf das Gebiet jener Geschenke zurück, die man wirklich mit Liebe giebt. Ich kenne Eltern, die selbst ihren Kindern Sand in die Augen streuen – nicht weil es ihnen an Liebe fehlt, sondern weil ihnen das gedankenlose, oberflächliche Schenken eben zur Gewohnheit geworden ist, weil sie keine Empfindung mehr haben für die schöne Idee des Weihnachtsgeschenkes, kein Verständniß für die ethische Bedeutung desselben.

Es ist recht schade, daß es keine statistischen Aufzeichnungen über die Weihnachtsgeschenke giebt – das wäre ebenso lehrreich als belustigend zu lesen. Das massenhafte Schenken, wie es jetzt Mode geworden ist, hat ja nicht bloß seine ernste, sondern auch seine drollige Seite. Wer viel Bekannte besitzt, kann sich die erheiterndsten Sammlungen anlegen und er wird mit der Zeit ein ganzes Museum zusammenbekommen: ein Zimmer für Cigarrentaschen und ein anderes für Pantoffeln, eines für Papiermesser und eines für Thermometer, eines für Spazierstöcke und eines für Zündhölzchenbehälter etc. Unter dem Einfluß der Mode hat sich eine förmliche „Weihnachts-Industrie“ entwickelt, gegen die ja so weit nichts einzuwenden ist, als es sich um solide, einigermaßen nützliche Erzeugnisse handelt. Aber ein ernstes Wort verdient das Auftauchen einer Schundfabrikation im Großen, der Erzeugung von Geschenkgegenständen, die billig sind und hübsch aussehen, aber ihren Dienst versagen oder in Trümmer gehen, sowie man sie verwenden will.

Das Weihnachtsgeschenk soll ein Ausdruck der Liebe sein – beschränken wir es deshalb auf diejenigen, die wir wirklich lieb haben. Wozu diese „Pflichtgeschenke“ an Hinz und Kunz, da Hinz und Kunz doch ebenso gut wissen wie wir – wo man billigen, werthlosen Tand kauft. Und wenn wir unseren Lieben etwas schenken, dann vergessen wir wieder nicht, daß das Geschenk ein Ausdruck der Liebe ist, daß es ein Werthstück sein muß. Kein Werthstück, das für hundert Mark erstanden ist, sondern ein Gegenstand, der, wie geringfügig er auch sein mag, doch solid und tüchtig ist und für den Beschenkten Werth besitzt. Wir belügen uns nur selbst, wenn wir glauben, mit einer blendenden Ueberraschung Erfolg zu erzielen. Es ist wenigstens sehr wahrscheinlich, daß auch der Beschenkte des Pudels Kern sehr bald entdecken wird und daß er ein einfaches Taschenmesser, das er zehn Jahre lang benützt, einer prächtig aufgetakelten Standuhr, deren Werk schon nach drei Tagen den Dienst versagt, vorzieht.

Also nochmals und nochmals: Beschenken wir nicht so viele und schenken wir nicht so vielerlei! Entheiligen wir nicht das schöne Fest durch Lüge und Täuschung! Geben wir nur dort, wo uns das Herz dazu drängt, und dann lassen wir uns von unserem Verstand ernstlich berathen. Dann werden die Sorgen für die Weihnachtsgeschenke gleich viel geringer werden und was übrigbleibt an Sorge, ist nur die Sorge der Liebe und auch die ist köstlich. Es mag ja recht praktisch sein, seiner Frau ein paar Goldstücke als Weihnachtsgeschenk auf den Tisch zu legen – auch das ist eine Neuerung, die anfängt Verbreitung zu gewinnen – aber wer das thut, verräth ebenso wenig Sinn für die ideale Bedeutung des Weihnachtsfestes wie jene anderen, die den fabriksmäßig erzeugten Tand und Flitter geschäftsmäßig verschenken. Das Weihnachtsfest ist das Fest der Liebe und diese muß uns aus allem entgegenleuchten, was den Namen Weihnachtsgeschenk verdienen soll.



Blätter und Blüthen.

Fürsorge für Genesende. Auf dem im September in Karlsruhe abgehaltenen Kongreß des Vereins für Armenpflege und Wohlthätigkeit wurde dieser Frage ein besonderes Interesse zugewendet. Sie ist in der That sehr wichtig für die Armen, da die Krankenhäuser auch der größten Städte bei noch so großer Ausdehnung und vortrefflichster Einrichtung die Kranken nicht solange behalten können, bis sie ihre frühere Frische und Rüstigkeit wiedergewonnen haben. Auch die im Hause behandelten Kranken werden oft durch die Nothwendigkeit gedrängt, die Arbeit wieder aufzunehmen, ehe sie im Vollbesitz ihrer früheren Kräfte sind.

Die Fürsorge für unbemittelte Genesende gehört deshalb zu den Hauptaufgaben der Armenpflege. In Deutschland ist im Ganzen noch immer wenig dafür geschehen. München hat eine solche Anstalt mit 20 Betten und in Frankfurt am Main befindet sich beim Hospital zum heiligen Geist eine derartige Anstalt, die den Namen Mainkur führt; in Straßburg trägt eine Filiale des Straßburger Bürgerspitals auf der Ruprechtsau, welche diese Bestimmung hat, den Namen Buchenau. In Berlin hat der Gewerbskrankenverein, zu welchem sich die 60 Ortskrankenkassen mit 220 000 Mitgliedern vereinigt haben, die Behandlung Genesender mit ins Auge gefaßt. Derselbe erhebt von seinen Mitgliedern pro Kopf einen Jahresbeitrag von 95 Pfennigen, 3 Pfennige entfallen auf die Verwaltungskosten, 82 Pfennige auf die Besoldung von 110 Aerzten, der Rest von 10 Pfennigen wird für die Behandlung Genesender verwendet. Das Krankenhaus des Johanniterordens in Lichterfelde stellt dem Verein 25 Betten zur Verfügung. Die Herrschaftsgebäude in Hennersdorf (45 Betten für Männer) und Blankenburg (40 Betten für Frauen und Mädchen) sind ebenfalls für diese Zwecke eingerichtet worden. Die Schwestern des Viktoriahauses leiten diese Anstalten. Vom 8 Dezember 1886 bis 1. Juli 1888 sind mehr als 1000 Personen beiderlei Geschlechts in ihnen untergebracht worden. Das Beispiel der Stadt Berlin möge andere Gemeinden zu gleichem Vorgehen ermuthigen; aber auch den privaten Gründungen ist hier der weiteste Spielraum gelassen. In England leistet die private Wohlthätigkeit hierin Großartiges: die Zahl derartiger Anstalten füllt dort viele Seiten im Verzeichniß der Wohlthätigkeitsinstitute. Die ganze Südküste Englands ist mit ihren Stationen bedeckt. Eastbourne, zum Londoner Allerheiligen-Krankenhaus gehörig, hat 50 Betten; in Woodford befindet sich eine von der Gemahlin Gladstones begründete Anstalt, in welcher jährlich mehr als 1000 Personen kostenfrei verpflegt werden. Eine Krankenhausbehandlung findet nicht statt, Krankenschwestern leiten die Verwaltung.

Vielleicht stellt in Deutschland der Staat diese Pflege Genesender noch auf das Programm seiner socialen Reformen. Die Privatwohlthätigkeit aber wird sich solcher Pflege gewiß mit Eifer zuwenden. Gegenüber dem trüben Eindruck der Krankenhäuser, in welche täglich der Tod seinen Einzug hält, macht ein Asyl für Genesende gewiß einen heitern hoffnungsfreudigen Eindruck. Die Schatten der überwundenen Krankheit treten immer mehr in den Hintergrund zurück; ein neues Wirken in der Welt steht ist Aussicht; die Arbeitskraft soll nicht wieder aufgezehrt werden, ehe sie voll eingesetzt werden kann – und das gereicht dem ganzen Volke zum Heil.

Wer würde nicht gern sein Scherflein beisteuern, um den Genesenden den Uebergang zur vollen Gesundheit und Lebensfreude erleichtern zu helfen!

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Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1888). Leipzig: Ernst Keil, 1888, Seite 807. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1888)_807.jpg&oldid=- (Version vom 6.5.2019)