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verschiedene: Die Gartenlaube (1889)

genug über den Mitteln der Technik der Zweck der Freude und Erbauung an der Musik vollständig verloren geht. Indem ein Meister wie Reinecke sein Werk auch den bescheidenen Kräften zugänglich machte, sofern sie nur Gefühl für wahre Poesie im Herzen tragen, schuf er eine Hausmusik im besten und edelsten Sinne, und viele werden es ihm danken. Dem schön ausgestatteten Band ist ein verbindender Text beigegeben, der wohl für gesellschaftlichen Vortrag berechnet ist. Die einzelnen Lebensbilder sind aber auch ohne ihn vollkommen verständlich. Die Ausgabe für zwei Hände bietet selbstverständlich größere Schwierigkeiten, wir wollen deshalb ungeübteren Spielern hauptsächlich die vierhändige aufs wärmste empfehlen. Br.

Landbriefträger zu Schlitten. (Mit Illustration S. 117.) Ein jeder Stand hat seinen Frieden und seine Last, seine Leiden und seine Freuden – es kommt nur darauf an, was gerade vorwiegt. Manche wollen behaupten, besonders bei dem Landbriefträger seien leider „Last und Leiden“ zu reichlich bemessen und um das Erfreuliche in seinem Berufe sehe es daher bedenklich aus. Diesen Beobachtern des Landpostboten ist nicht Unrecht zu geben, aber ganz ohne Sonnenschein ist auch sein Leben nicht und selbst der gestrenge Winter gestattet ihm mitunter einen Antheil an seinen Lustbarkeiten. Solche begünstigte, vergnügt schlittenfahrende Stephanssöhne sah unser Künstler auf den in der Nähe Berlins gelegenen Seen, und in seinem Bildchen führt er uns einen derselben vor. Namentlich von Tegel aus bedienen sich die Postboten auf ihren Wegen nach Tegelort, Saatwinkel, Waldburg, Heiligensee und anderen Orten gern der hochbeinigen Schlitten, welche vermittelst zweier Piken schnell vorwärts bewegt werden. Bei diesen wackeren Vertretern der „Post zu Fuß“ kommt also zu der das Leben des Briefboten umrankenden Poesie, welche wir in unserem Artikel „Der Briefträger in der Dichtung“ (Nr. 40 des vorigen Jahrgangs) dargelegt haben, noch diejenige, welcher der frostklirrende Winter den Menschenkindern im Eissport darbietet. **

Jagdschloß Meyerling.
Nach der Natur gezeichnet von Alfred Siegl.

Jagdschloß Meyerling. (Mit Illustration.) Meyerling! – Wie aus dem Nichts empor ist plötzlich dieser Name getaucht; ein schaudervolles Ereigniß hat gleich einem Blitzstrahl ihn mit seinem fahlen Scheine erleuchtet und Millionen unauslöschlich ins Gedächtniß geprägt. Das stille Waldschlößchen, so weltabgeschieden, so einladend zu Ruhe und Frieden, ihm haben die letzten Seelenkämpfe eines verzweifelnden Kaisersohnes eine traurige Berühmtheit verliehen. Hier auf diesem herrlichen Fleckchen Erde war es möglich? – so muß sich der Wanderer fragen, der, das Herz von schweren Gedanken an das Geschehene erfüllt, von Baden her durch das schöne Helenenthal die Straße des Schwechatthales hinansteigt. Jenseit des Dorfes Meyerling, da, wo das Thal sich etwas verbreitert, liegt, von tannen- und laubwaldbedeckten Höhen überragt, das Schloßgut. Es würde kaum des im Hintergrunde aufragenden Kirchleins bedürfen, um den Beschauer zu lehren, daß diese schlichten Gebäulichkeiten ursprünglich einem Kloster gedient haben. Vor etwa zwei Jahren erst hat der Kronprinz Rudolf das Anwesen erstanden und sich zum Jagdschloß eingerichtet. Durch ein niedriges ebenerdiges Gebäude, das früher als Wirthshaus diente, führt ein Thor mit schwerfälliger Ornamentik nach dem Hofe, und hier steht links das eigentliche Schlößchen, ein einstöckiges Gebäude, umgeben von einem kleinen, durch eine weißgetünchte Mauer eingeschlossenen Garten. Im Erdgeschosse des Schlosses hatte der fürstliche Besitzer sich seine Gemächer eingerichtet.

Die Ausstattung des Wartezimmers, dessen Fußboden ein bosnischer Teppich deckt, zeugt von großer Einfachheit; das Schlafzimmer ist mit Jagdtrophäen geschmückt, sonst jedoch ebenfalls einfach gehalten: ein schlichtes Nußholzbett, ein Stehspiegel und die nothwendigsten Geräthschaften bilden seine Ausrüstung, entsprechend seinem Zwecke, nach fröhlicher Jagd zu kurzer Rast zu dienen.

Nun wird es wohl wieder still und einsam werden in dem Waldthale. Schloß Meyerling soll nach dem Wunsche des Kaisers geräumt, die Einrichtung nach Wien geschafft werden. Das Stift Heiligenkreuz wird, wie verlautet, die zum Schlosse gehörigen Grundstücke wieder zurückkaufen, das Zimmer aber, in welchem Kronprinz Rudolf endete, soll zu einer Kapelle umgewandelt und daselbst alljährlich am 30. Januar, dem Sterbetage des Verblichenen, eine Seelenmesse gelesen werden. So hat eine wunderbare, verhängnißvolle Verkettung von Schicksalen Schloß Meyerling seiner ursprünglichen Bestimmung wieder zugeführt. – S.

Die Zimmerpflanzen beginnen im März von neuem zu wachsen, verbrauchen mehr Nahrung als während der verflossenen Wintermonate und müssen deshalb auch mehr als bisher, immer mit angewärmtem Wasser, begossen werden. Die alte Erde des Wurzelballens ist ausgesogen und muß durch frische ersetzt, die treibenden Pflanzen müssen versetzt werden, was der Liebhaber am besten dem nächstwohnenden Gärtner überläßt, der auch die für jede Pflanzenart passende Erde besitzen und wählen wird. Will aber der Liebhaber selbst seine Pflanzen in Moos kultiviren, so nimmt er sie aus dem Topf, schüttelt die Erde ab und spült den letzten Rest derselben in Wasser aus. Inzwischen wurde Wald- oder das weiße Sumpfmoos mit Wasser getränkt, welchem eine Mischung von Mineraldung, 3 g in 1 Liter Wasser, beigegeben ist, die alle Bestandtheile enthält, welche die Pflanze zu ihrer Ernährung nöthig hat und in dem Verhältniß zu einander, in welchem allein sie zu wirken im stande sind. Solche für Liebhaber empfehlenswerthe Mischung ist der nach unserer Anweisung zusammengesetzte E. Dultzsche geruchlose Blumendung, der bei Apotheker E. Dultz, Berlin N Invalidenstraße 153, vorräthig ist. Gute Blumendünger sind übrigens beinahe in jeder Droguerie zu haben. Nachdem die Pflanzen neue Wurzeln gebildet, sind sie, so lange sie wachsen, auch die mit Erdballen, mit durch solchen Dung verstärktem Wasser zu begießen. Die Kultur in Moos, welches durch verzinkten Eisendraht um die Wurzeln zu befestigen ist, hat den Vortheil, daß die Pflanzen wenig Platz einnehmen.

Nachdem unsere Leser die Art und Weise kennen gelernt, in welcher Pflanzen aus Samen zu ziehen sind, genügt es, die Arten zu nennen, welche jetzt auszusäen sind, besonders solche, welche durch Aussaat im März als Blüher im nächsten Winter besonderen Werth gewinnen, z. B. in mäßig feuchtem Torfmüll die neue Levkoje „Ruhm von Elberfeld“ von Handelsgärtner Fritz Beltz in Elberfeld, und die „Dresdener schneeweiße Sommer-Levkoje“, die jeder gute Samenhändler vorräthig hat, wie auch der (zweifarbige) Siphocampylus (Lobelia) bicolor Sweet, ein herrlicher Winterblüher, von welchem die Firma Haage und Schmidt in Erfurt Samen vorräthig hält. Die Sämlinge genannter Pflanzen sind in gewöhnlicher Weise zu behandeln, im April – Mai ins freie Land und im September wieder in Töpfe zu setzen; sie brauchen im Freien gute lockere Erde und wenigstens 50 cm im Quadrat Raum. Wer einen Garten nicht besitzt, wird seine Pflanzen in verhältnißmäßig großen Töpfen mit wenig lehmiger und sandgemischter Landerde, nicht ohne Ziegelstücken, weiter kultiviren müssen. – Rosen zum Treiben sind abzuwaschen, namentlich in den von den Zweigen gebildeten Winkeln, wo sich gefährliche Insekten festgesetzt haben. Ohne sie zu beschneiden, sind die Zweige herunter und an einen Drahtring festzubinden; ihre äußersten Knospen blühen zuerst, die aus den hinteren Augen entstehenden Triebe später, gleichsam zum zweiten Male. Man ersetze die oberste Erde im Topf durch frische Mistbeeterde und beginne das Treiben in einer Wärme von 6 bis 8° R., die von zwei zu zwei Wochen zu erhöhen ist, und halte die Zweige und Triebe durch Spritzen mit warmem, aber nicht heißem Wasser feucht. Nach Beginn des Wachsthums ist öfteres Gießen mit Jauche, im Zimmer mit geruchlosem Blumendung zu empfehlen. O. H.




Kleiner Briefkasten.
(Anonyme Anfragen werden nicht berücksichtigt.)

Ant. W. in S. Wir verweisen Sie auf die Nr. 9 des Jahrgangs 1887 der „Gartenlaube“, in welcher wir Atzerts Universalpult bereits empfehlend besprochen haben. Dasselbe ist von hervorragenden Autoritäten vom augenärztlichen Standpunkte sehr nützlich gefunden worden und zeichnet sich dadurch aus, daß es billig ist und in jeder Haushaltung mit der größten Raumersparniß aufgestellt werden kann. Es dient nicht allein als Lesepult für Kurzsichtige, sondern kann auch als Schreib-, Zeichen- und Notenpult verwendet und schließlich, auf einen Tisch gestellt, als Stehpult benutzt werden, leistet also wirklich Universaldienste. Da in jüngster Zeit das Pult auch noch eleganter und dauerhafter ausgestattet wurde, können wir es Ihnen nur empfehlen.

„Weltgeschichte“. Sie finden einen kurzen biographischen Abriß über Karl v. Rotteck bereits im Jahrgang 1862 der „Gartenlaube“, Seite 564 und 565. Dort ist auch das Freiburger Denkmal abgebildet.

G. B. in Antwerpen. Die Form „Er hat es mich gelehrt“ ist die richtige, obgleich unsere besten Klassiker, z. B. Lessing und Goethe, sich vereinzelt auch die andere Ausdrucksweise „Er hat es mir gelehrt“ erlauben.

C. in H. Die Statistik der deutschen Ferienkolonien, welche auf dem letzten Kongreß für Ferienkolonien aufgestellt wurde, reicht nur bis zum Jahre 1885. Ihre Zahlen sind aber sehr erfreulich. Im Jahre 1876 sandte eine einzige Stadt versuchsweise 7 Kinder während der großen Sommerferien aufs Land, im Jahre 1885 thaten es bereits 72 Städte mit 9999 Kindern. Insgesammt wurden in den Jahren 1876 bis 1885 34722 Kinder in die Ferienkolonien geschickt. Deutschland ist neben der Schweiz, in welcher der Gedanke der Ferienkolonien durch den Züricher Pfarrer Bion angeregt wurde, dasjenige Land, in dem diese so wichtige Einrichtung die meiste Verbreitung gefunden hat.


Inhalt: Loren von Tollen. Roman von W. Heimburg (Fortsetzung). S. 117. – Wie erkennen und verbessern wir schlechte Zimmerluft? Von Professor Dr. A. Wolpert. S. 122. Mit Illustration S. 123. – Kronprinz Rudolf von Oesterreich †. Von Ferdinand Groß. S. 124. Mit Illustration S. 125. – Ein geheilter Othello. Von F. Schifkorn (Schluß). S. 126. – Bilder aus Spanien. Toledo. Von Schmidt-Weißenfels. S. 127. Mit Illustrationen S. 128, 129 und 130. – Blätter und Blüthen: Der Große Kurfürst auf Rügen. S. 131 Mit Illustration S. 120 und 121. – Von der Wiege bis zum Grabe. S. 131. – Landbriefträger zu Schlitten. S. 132. Mit Illustration S. 117. – Jagdschloß Meyerling. Mit Illustration S. 132. – Die Zimmerpflanzen. S. 132. – Kleiner Briefkasten. S. 132.


Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von A. Wiede in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1889). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1889, Seite 132. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1889)_132.jpg&oldid=- (Version vom 15.9.2022)