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verschiedene: Die Gartenlaube (1889)

habe. In fast überschwänglicher Weise feierte auch Müller in der „Leipziger Zeitung“ den geschiedenen Komponisten, den er den unsterblichen Maëstro nannte.

Zwei Tage darauf waren die Zeitungen in die Lage versetzt, die Todeskunde widerrufen zu müssen; was sie aber über die Bedeutung Webers gesagt hatten, konnten sie nicht ungeschehen machen, und Weber hatte vor den Angriffen einer ungerechten Kritik, insbesondere vor denen des Herrn Müller, fortan Ruhe. Moritz Lilie.

Fleischfressende Pflanzen im Dienste der Kranken. Als Darwin im Jahre 1875 sein berühmtes Werk über die „insektenfressenden Pflanzen“ veröffentlichte, dachte man kaum daran, daß diese auffallende Entdeckung auch eine nützliche werden könnte. Mit großem Eifer wurde das Leben dieser „Thierfänger“ unter den Kindern der Flora beobachtet, und gegenwärtig kennen wir gegen 500 Pflanzen, die Insekten und anderes Gethier verzehren. Eine derselben wurde neuerdings in den Dienst der Heilkunde gestellt; sie soll so zu sagen Fleisch für kranke Menschen, deren Magen geschwächt ist, verdauen.

Wir wissen, daß die Eiweißstoffe, wenn sie dem Körper einverleibt werden sollen, zunächst verdaut werden müssen. Der Magen besorgt in erster Linie diese Arbeit, indem er Salzsäure und ein Ferment, Pepsin, ausscheidet. Durch diese beiden Stoffe wird ein großer Theil des genossenen Eiweißes in eine lösliche Form, die sogenannten „Peptone“, umgewandelt. Schon seit geraumer Zeit hat man versucht, Peptone künstlich herzustellen, um Kranke, deren Verdauung stark beeinträchtigt ist, zweckmäßig zu ernähren und den Magen zu entlasten oder ihm die Arbeit ganz abzunehmen. Wir haben im Handel eine ganze Anzahl von Peptonen, die sich bald durch diese, bald durch jene Vorzüge auszeichnen, obwohl es uns noch nicht gelungen ist, ein Erzeugniß herzustellen, das allen Anforderungen genügte, gut schmeckte und von den Kranken gern genommen würde. – Man setzt darum die Versuche fort und unter anderem hat man auch daran gedacht, mit Hilfe des Saftes der fleischfressenden Pflanzen Pepton zu erzeugen. Zu diesem Zwecke wurde der Traubenbaum (Carica Papaya), der in den Tropen wächst, gewählt, denn aus dem Safte der Blüthen und der Früchte derselben wurde ein Körper, Papain, abgeschieden, der eine große verdauende Wirkung besitzt. Ein Gramm desselben soll 3 Kilo Fleisch vollkommen lösen. Professor König in Münster war der erste, der die Anregung gab, Pflanzensäfte zur Darstellung von Peptonen zu benutzen, und diesem Winke folgte der bekannte Fleischextraktfabrikant Jaims Eibils. Er machte Versuche mit dem Papain und brachte ein „Papaya-Fleisch-Pepton“ in den Handel. Ueber den Werth desselben sprach sich neuerdings Dr. E. Rüger in der „Gesundheit“ günstig aus; man hatte das Papaya-Pepton Kranken verabreicht und war mit den erzielten Ergebnissen zufrieden; die betreffenden Aerzte bezeugen, daß dieses Pepton besser schmeckte als die bisher bekannten.

Der Zweck dieser Zeilen soll es nicht sein, gerade für dieses Pepton besonders einzutreten. Solche Fragen werden ja am zweckmäßigsten in Fachblättern erledigt. Unsre Leser sollten nur auf die gewiß eigenartige Verwendung der fleischverzehrenden Pflanzen aufmerksam gemacht werden; denn das ist doch eine Thatsache, die entgegen dem Spruche Ben Akibas wohl noch nicht dagewesen ist, wenn duftende Blumen für den kranken Herrn der Schöpfung die Fleischmahlzeit verdauen. *

Auf dem Holzwege. (Zu dem Bilde S. 713.) Man kannte ihn, den Grünrock! Es war nicht mit ihm zu spaßen, mochte man ihm nun draußen im Revier begegnen oder ihn im „Kruge“ treffen – er sah dort zuweilen dem Tanze zu, und ein überlegenes Lächeln „über die Thorheit der Jugend“ spielte dann wohl um seinen Mund – oder mochte man ihn im Forsthause aufsuchen, um etliche kernige Unhöflichkeiten „von Amtswegen“ in Empfang zu nehmen. Aber welcher Mensch hat nicht seine schwachen Seiten! Auch der Grünrock hatte sie. Und noch eine andere, als die genannten. Da war nämlich in der Nachbarschaft desselben ein Dirndl, eins, das anders war als alle sonst im Dorf: schmuck und sauber, fleißig und keck – das stach dem Grünrock in die Augen. Einmal traf er sie in den schattigen Buchenhallen draußen im Revier. Sie saß gerade am Wegrande, um sich auszuruhen, denn der große Tragkorb, den sie mit sich führte, war eine Last. Da faßte er einen Entschluß, da wollte er einmal – es ist wirklich ungelogen! – das Gegentheil von dem sagen, was man sonst von ihm zu hören gewohnt war: das sollte etwas Angenehmes sein, eine Schmeichelei, etwas – Galantes. Also los, Grünrock! Aber da stand er, legte die Hand, die den derben Stock hielt, auf den Rücken, faßte mit der andern die Pfeife, schmauchte, lächelte verlegen, sah vor sich nieder und sagte – nichts, wenigstens lange nichts, und dann nicht, was er wollte. Ja, wer’s erklären könnte! Selbst der Maler hat, als er die Geschichte erzählte, nur nachdenklich gelacht und dabei gesagt: „Siehst, das ist er, der Grünrock, der galant sein wollte und es nicht fertig brachte, und das ist das Dirndl, das ihn perplex gemacht hat.“ Aber nach einer Weile hab’ ich’s herausbekommen, was es war, das den Grünrock in Verlegenheit setzte, und hab’ mir im Stillen gesagt: Freilich, grob sein kann schon eine herzensgute Seel’, aber galant sein, das ist schwer und ist um so schwerer, je besser man’s meint. Geradeaus, Grünrock, ist nicht nur der nächste Weg, sondern auch der einzige. **

Das Venus-Schnupftuch. Die Schnupftücher, die man sich jetzt nur dutzendweise kauft, waren im 15. Jahrhundert noch so selten, daß man sie vergebens in den Besitzlisten jener Zeit sucht, in welchen alle möglichen Tücher: Kopftücher, Betttücher, Handtücher etc., aber keine Schnupftücher angeführt werden. In den Frankfurter Patrizierfamilien gab zu Anfang des 16. Jahrhunderts die Braut dem Bräutigam ein reich gesticktes Taschentuch – das genügte damals. Im Laufe des genannten Jahrhunderts vermehrten sich die Schnupftücher sehr und gerne ließen sich vornehme Frauen mit einem Spitzentaschentuch in der Hand abkonterfeien. Aber noch im 17. Jahrhundert war man kein Freund vom Waschen der Schnupftücher, denn nur aus dieser Abneigung können wir uns die folgende Anweisung zur Herstellung der „Venus-Schnupftücher“, die sich in der „Schatzkammer Rarer und Neuer Curiositäten“ (Hamburg, 1683)[WS 1] befindet, erklären. Sie lautet: „Nehmet Kreiden von Brianzon oder Spanische Kreide ein halb vierthel, lasset dieselbige in einem Glaß-Ofen oder sonsten Calciniren, hernach vermischet sie mit guten Brandtewein oder Spiritu Vini, und lasset es sich vier und zwantzig Stunden lang wol mit ein ander vereinigen, hernach feuchtet euer Tücher damit an, und lasset sie im Schatten trocknen, ohne Staub, Sonnen, oder Feuer; es ist gut, daß man sie mit dieser Materie zu dreyenmahlen befeuchte, hernach behaltet sie trocken; diese Art ist die aller fürtrefflichste unter allen, so ich gesehen, und das Schnupff-Tuch wird fast niemahls unsauber.“ Daß der fortgesetzte Gebrauch dieser „niemals unsauber werdenden“ Schnupftücher aber recht appetitlich gewesen wäre, wird wohl niemand behaupten wollen. H. B.

Indianische Einladungsformulare. Will ein Häuptling der Waikasindianer in Britisch-Guyana ein Fest geben, so überdenkt er die Zahl seiner Freunde und schickt jedem eine Schnur, woran so viel Perlen aufgereiht oder so viel Knoten eingeknüpft sind, als noch Tage bis zu dem Fest vergehen müssen. Boten überbringen dem Stammesfreund die freudeverheißende Schnur, er befestigt sie sorgsam an seiner Hängematte im Wigwam und löst jeden Tag eine Perle ab oder einen Knoten auf. An dem letzten Tage, wenn die Schnur glatt herabhängt, legt er seinen Schmuck an, steigt zu Roß und begiebt sich nach dem Festorte, wo alle anderen Genossen ebenfalls pünktlich eintreffen, um sich dem langwierigen Programm der Tafel- und sonstigen Freuden mit Gründlichkeit zu unterziehen.

Diese werden wir ihnen nicht nachmachen, aber wie wäre es mit der eigenartigen „Einladungskarte“? Wir wollen hiermit den Gedanken derselben als etwas gründlich Neues für die nächste Saison den Fabrikanten und Zeichnern verrathen haben. Zeit und Gedächtniß, um Knoten und Perlen zu lösen, hat ja unsere vielbeschäftigte Jugend freilich nicht, dafür kann sie lesen; wie wäre es also, wenn man ihr zierliche Büchlein übersendete, nach dem System der Abreißkalender geordnet, mit so viel Blättern als noch Tage bis zum Feste vergehen sollen, auf denen je ein für die Sachlage passender Spruch Platz finden könnte. Z. B. am dritten oder vierten: Schreibe endlich die Zu- oder Absage an die Gastgeber! oder: Bringe heitere Laune und Liebenswürdigkeit mit, wenn du in Gesellschaft gehst, auf daß du dich und andere amüsirst! Welche Blüthenlese von Schönheiten sich gar auf diesen Blättern den Damen sagen ließe, das wollen wir nur von ferne andeuten; mögen diejenigen, welche es zunächst angeht, die Ausführung besorgen! Br.

Werthsteigerung durch menschliche Arbeit. Das Kilogramm feineres Puddeleisen kostet gegenwärtig etwa 6,3 Pfennig. Der daraus gefertigte Draht zur Herstellung von Nähnadeln kostet 10 Pfennig, gröbere Nadeln kosten 1 Mark 20 Pfennig, feinere bis zu 5 Mark 20 Pfennig das Kilogramm. Zur Erzeugung von Fischangeln dient ein Draht, dessen feinste Sorte auf mehr als 6 Mark zu stehen kommt; die Angeln selbst werden mit 300 Mark für das Kilogramm bezahlt.

Die zarteste Form des Eisens im Handel sind die stählernen haarfeinen Uhrfedern, von denen etwa erst 40 000 auf ein Kilogramm im Werthe von 8000 Mark gehen – ein Preis, der den des Goldes mehrfach übersteigt.




Kleiner Briefkasten.
(Anonyme Anfragen werden nicht berücksichtigt.)

Peter H. in T. Man kann ganz wohl auch von einer „deutschen Wallonei“ reden. Die ehemalige Reichsabtei Malmedy wurde auf dem Wiener Kongreß getheilt: Stavelot (deutsch: Stablo), die westliche Hälfte, kam an die Niederlande und ist jetzt belgisch, Malmedy selbst fiel an Preußen. Dieses hat dadurch mit den zerstreut umher wohnenden Wallonen gegenwärtig etwa 10 000 wallonisch redende Einwohner. Malmedy, die Hauptstadt der deutschen Wallonei, in dem hochromantischen Thal der Warche gelegen, ist aus seiner früheren Abgeschlossenheit durch die Eisenbahn Aachen-St. Vith, von der eine Abzweigung nach Malmedy führt, herausgetreten und erfreut sich im Sommer eines großen Fremdenbesuchs. Noch immer ist die Umgangssprache das Wallonische, nach einigen dem Keltischen entstammend, nach andern – was wohl das Richtige ist – ein französisches Platt.

M. T. in L. Wir bitten um Angabe Ihrer Adresse, damit wir Ihnen brieflich antworten können.

E. M., Altena. Lassen Sie sich doch keinen solchen „Kohl“ weismachen!

Dr. Fr. Perrot in Mainz. Wie wir schon einmal betont haben, ist es nicht unsere Sache, Ihren Streit über die Priorität der Vorschläge bezüglich des sogenannten „Personenportos“ zu schlichten. Die erste Anregung in Deutschland brachte nach dem englischen Vorschlage in dem Artikel „Der Mensch ein Poststück“ die „Gartenlaube“, und zwar im Jahrgang 1868 (S. 735), also vor Ihrem Buche „Die Reform des Eisenbahn-Tarifwesens im Sinne des Pennyportos“, das erst 1869 erschien. Wir wollen indeß gern feststellen, daß Ihre Anregung der Zonentarife in Anwendung auf Personen- und Güterverkehr der Eisenbahnen wie auf Packetporto eben in das Jahr 1869 fällt, also um fast zwei Jahrzehnte früher als die 1888 von Dr. Eduard Engel neuangeregte Eisenbahnreform.

Frl. S. L. in Mannheim. Sie finden ein Bildniß und eine kurze Lebensbeschreibung W. Heimburgs in Nr. 39 des Jahrgangs 1884 der „Gartenlaube“.

E. P. Gr. in St. Paul. Ja.

P. S. in H. Ihr Brief ist leider so spät eingetroffen, daß die Antwort wohl für Sie keinen Werth mehr haben wird. Es verstreichen zwischen dem Einlauf der Anfrage bei uns und dem Erscheinen der Antwort immer mindestens 3 bis 4 Wochen, denn so lange braucht die „Gartenlaube“ zur Herstellung ihrer großen Auflage. Indessen theilen wir Ihnen trotzdem noch mit, daß als günstigste Jahreszeit allerdings Mitte Juli bis Mitte September gilt, daß Sie aber auch Mitte Oktober noch die angegebene Reise werden machen können, sofern Sie leidliches Wetter haben und auf eigentliche Hochtouren verzichten.

M. K. 112. Für die Aussprache des V in den von Ihnen angeführten Wörtern giebt es keine feste Regel. Der Gebrauch ist innerhalb Deutschlands ganz verschieden. Indessen muß man mit Rücksicht auf den lateinischen, beziehungsweise französischen Ursprung der Wörter die W-Aussprache für die richtigere erklären.

O. K., Creuznach. Wenden Sie sich gefl. an einen Rechtsanwalt.


Inhalt: Sicilische Rache. Ein Kulturbild aus den vierziger Jahren von A. Schneegans (Fortsetzung). S. 709. – Ein Enkel? Illustration. S. 709. – Athen und das neue Griechenland. Von P. v. Melingo. S. 714. – Von der Deutschen Allgemeinen Ausstellung für Unfallverhütung im Hause. S. 717. Mit Abbildungen S. 717 und 718. – Unter dem Glockenstuhl. Novelle von Gerhard Walter. S. 719. – Musikalischer Versuch. Illustration. S. 721. – Blätter und Blüthen: Künstler und Kritiker. Von Moritz Lilie. S. 723. – Fleischfressende Pflanzen im Dienste der Kranken. S. 724. – Auf dem Holzwege. S. 724. Mit Illustration S. 713. – Das Venus-Schnupftuch. S. 724. – Indianische Einladungsformulare. S. 724. – Werthsteigerung durch menschliche Arbeit. S. 724. – Kleiner Briefkasten. S. 724,


Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von A. Wiede in Leipzig.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Digitalisate: Ausgabe von 1686 (2. Druck) Google, Ausgabe von 1689 (3. Druck) UB Erlangen-Nürnberg, jeweils auf Seite 71
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1889). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1889, Seite 724. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1889)_724.jpg&oldid=- (Version vom 23.9.2023)