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Verschiedene: Die Gartenlaube (1889)


Die Wiener Hofmuseen mit dem Maria-Theresia-Denkmal.

gewissen Verschwendung und die Pflanzen sparsam verwendet sind. Die Säle des zweiten Stockwerks, von welchen übrigens nur ein Theil der öffentlichen Besichtigung zugänglich ist, enthalten die botanischen Sammlungen und sollen im übrigen den Beamten des Hauses als Arbeitsräume dienen. Im Erdgeschoß dagegen sind Wohnungen von Beamten und Dienern sowie größere Werkstätten untergebracht.

So besitzt Wien heute einen reichen, würdigen Raum für die naturhistorischen Schätze der kaiserlichen Sammlungen, und es ist gewiß, daß Tausende von Wissensdurstigen erst jetzt ihre wahre Freude an diesen Schätzen haben werden. Also nicht nur vom rein künstlerischen, sondern auch von diesem populär-wissenschaftlichen Gesichtspunkte aus ist die Eröffnung des naturhistorischen Museums aufs herzlichste zu begrüßen. Und der große Andrang von Schaulustigen beweist, daß unser Volk den Werth der großen Gabe keineswegs unterschätzt.




Eine kleine Vergnügungsreise.

Humoreske von Hans Arnold.
(Schluß.)


Am andern Morgen wurde der Amtsrichter durch ein vernehmliches Klopfen an seiner Thür aus dem Schlaf gestört. Er setzte sich im Bette auf.

„Wer ist da?“ frug er unwillig, und seine Stimmung wurde nicht verbessert, als der Klopfer mit der allerdings nicht zu rascher Klarstellung dienenden Silbe „ich!“ diese Frage beantwortete.

„‚Ich‘ kenne ich nicht,“ schrie Karl zornig hinaus, „‚ich‘ kann jeder sein! Ich bin auch ‚ich‘!“

„Nun, ‚ich‘ heißt in diesem Fall Lebermann,“ tönte es freundlich durch die geschlossene Thür, „stehen Sie nur auf, Amtsrichterchen; wenn wir noch mit dem nächsten Zuge nach Potsdam wollen, ist es die höchste Zeit!“

Wir?“ frug Karl gedehnt zurück, mit unverkennbarer Empörung über diese Ausdehnung des eben gerügten „ich“, „woher wissen Sie denn, daß ich nach Potsdam will?“

„Der Portier hat es mir gesagt,“ gab Lebermann zurück, „und ich komme natürlich mit – das kann sehr hübsch werden.“

Karl verstummte, da er seinen wahren Gefühlen nicht ohne einige Gefahr einer Beleidigungsklage hätte Worte leihen können. Er zog sich eiligst an, nachdem er seine im Nebenzimmer wohnenden Damen auch durch Rufen und Klopfen ermuntert hatte.

Man war nämlich, des Sonntags halber, zu dem Entschluß gelangt, mit einem frühen Zuge nach Potsdam zu fahren, da man erstens mit Recht befürchten mußte, später unter großer Ueberfüllung der Bahnzüge zu leiden, und sodann auch abends zur Oper wieder zurück sein wollte. Wie vorher erwähnt, hatten unsere Reisenden sich Theaterbillette genommen und zwar zu einer Aufführung der „Lustigen Weiber von Windsor“.

Karl hatte für diese Tonschöpfung eine besondere Vorliebe, da die einzige Melodie des Weltenraums, die in seinem etwas ungefügen musikalischen Gedächtniß hängen geblieben war, der eben genannten Oper entstammte. Allerdings erkannte nur er selbst noch ihren Ursprung, denn der Uneingeweihte hätte die rauh hervorgestoßene Reihenfolge von Tönen, mit welcher der Amtsrichter sowohl den höchsten Grad der Heiterkeit wie sprachlose Wuth zu begleiten pflegte, ebensowohl für einen treu überlieferten indianischen Kriegstanz halten können. Aber der glückliche Eigenthümer dieser Melodie blieb dabei, „wir gehen in die ‚Lustigen Weiber von Windsor‘ – da kann ich schlimmstenfalls mitsingen,“ setzte er mit schönem Selbstgefühl hinzu.

Helene und Anna waren früher mit ihrem Anzug fertig als das Familienoberhaupt und begaben sich zum Frühstück in

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1889). Leipzig: Ernst Keil, 1889, Seite 813. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1889)_813.jpg&oldid=- (Version vom 15.9.2022)