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Verschiedene: Die Gartenlaube (1891)

die Schätze des weimarischen Museums zum Zwecke der Nachbildung schöner Kannen und Krüge zur Verfügung und das großherzogliche Staatsministerium that durch die Gründung einer gut ausgewählten Mustersammlung von Thongeschirren, das Seine zur Verbesserung und Veredelung der Formen. Das „keramische Museum“, zu welchem diese Modelle den Anfang bildeten, befindet sich in der Wohnung des um die Hebung des Töpfergewerbes hoch verdienten Bürgermeisters Schauer und enthält in drei Zimmern sechshundert Nummern von Erzeugnissen der keramischen Industrie, wie sie in Bürgel seit Anfang dieses Jahrhunderts angefertigt wurden, vom gewöhnlichstem Stuck bis zu den künstlerisch ausgeführten feineren Arbeiten.

Am Ofen.

Wie schon oben gesagt, wird die Herstellung von Thonwaren gegenwärtig in neunundzwanzig Töpfereien betrieben, von denen sich zwei fast ausschließlich mit Anfertigung von Dekorations- und feineren Gebrauchsgegenständen, wie Vasen, Krügen, Schalen, Jardinièren, Blumentöpfen u. a. m. in den verschiedensten Glasuren, beschäftigen. Daneben ist in letzterer Zeit auch die Anfertigung von festgebranntem und hübsch glasirtem Spielzeug in Aufschwung gekommen.

Von einem Fabrikbetrieb ist bei alledem nicht die Rede, und noch immer besitzt die Bürgeler Töpferei den Charakter des alten deutschen Handwerks. Mit wenigen Ausnahmen werden alle Geschirre freihändig gedreht, und es bereitet dem Besucher ein besonderes Vergnügen, mit anzusehen, wie aus einem auf die Drehscheibe gebrachten rohen Thonklumpen in kürzester Zeit ein künstlerisch schönes Gebilde entsteht. Folgen wir einmal einem solchen auf seinem Werdegang.

Das Glasieren.

Die Arbeit beginnt mit der Herrichtung des aus der Grube herangeschafften Thones. Letzterer wird zunächst „eingesumpft“, das heißt mit Wasser angefeuchtet und tüchtig durchgeknetet. Die auf diese Weise erzielte flüssige Masse wird sodann durch Siebe getrieben, um alle gröberen und härteren Theile zu entfernen, worauf die gereinigte Thonmasse unter die Presse gebracht wird, welche das Wasser herauszutreiben hat; jedoch muß der Thon immer noch weich genug bleiben, um sich gut kneten und willig formen zu lassen. Eine solche Bearbeitung des rohen Thones ist namentlich zur Herstellung feinerer Gegenstände nothwendig; in anderen Fällen wird der erweichte Thon einfach in die Quetschmaschine gebracht, welche alle harten Brocken zerkleinert und geschmeidig macht. Derartig zubereiteter Thon findet aber nur Verwendung für die einfache Marktware, sowie zur Anfertigung von Kapseln, in welche die feineren Stücke vor dem Brennen eingesetzt werden.

Ist der Thon nun gereinigt und geschmeidig genug, dann wird er verarbeitet. Dies geschieht auf der Drehscheibe, auf welcher der rohen Masse die beabsichtigte Form gegeben wird, und zwar kann dies auf zweierlei Art vor sich gehen. Die kunstvollere ist die, daß der an der Drehscheibe sitzende Mann, welcher „Dreher“ genannt wird, einen Thonklumpen auf die Drehscheibe wirft, dieselbe mit den Füßen in schnelle Drehung versetzt und nun freihändig ohne Modell und Form sein Gebilde hervorzaubert. Die Gewandtheit der Handgriffe und die Geschwindigkeit, mit welcher solch ein „Dreher“ in wenigen Minuten aus einem rohen Klumpen Thon ein kleines Kunstwerk herausbildet, wie er erst die Uebergangsform eines Cylinders, dann in kürzester Zeit ganz nach Belieben einen Teller, eine Schale, einen Krug oder eine Vase entstehen läßt, das wird dem Beschauer immer Bewunderung abnöthigen. Wir sehen die einzelnen Stufen zum Theil auf dem unteren Bilde S. 332. Links ist die cylindrische Uebergangsform in Arbeit, in der Mitte wird einer kleinen bereits geformten Vase, welche erst Körper und Fuß hat, noch der Hals angesetzt, was durch Aufkratzen der aneinander zu bringenden Stellen, sowie durch Erweichen und Andrehen geschieht. Der höher sitzende Arbeiter rechts endlich ist beschäftigt, die fertige Ware, nachdem sie ein wenig abgetrocknet, glatt abzudrehen und ihr den letzten Schliff zu geben.

Die zweite etwas mechanischere Art des Formens geschieht unter Zuhilfenahme von Gipsformen, in welche die Gegenstände auf der Scheibe eingedreht werden. Hier wird also nach einem vorhandenen Modell gearbeitet, welches vorher in Gips gegossen wurde; erforderlichen Falles ist dasselbe in mehrere Theile getheilt, wie z. B. bei einer Vase der Kopf, das Mittelstück und der Fuß getrennte Theile bilden, welche der Dreher in die einzelnen Gipsformen hineindreht und schließlich aneinanderfügt. Hier wie oben kommen aber die Stücke zuletzt noch in eine besonders gewandte Hand, die sie glatt abdreht und, wo nöthig, mit Henkeln versieht, worauf sie mittels eines sogenannten Stichels ciselirt werden, wie dies unser Anfangsbildchen veranschaulicht.

Bei dem Lufttrocknen, welches nunmehr folgt, kommt es hauptsächlich darauf an, daß der Vorgang des Trocknens nur ganz allmählich sich vollzieht, weil sonst Risse entstehen. Sind die Gegenstände ganz lufttrocken und dabei tadellos geblieben, dann wandern sie in den Ofen, um gebrannt zu werden. Auch hierbei wird verschieden verfahren. Größere Fabrikate mit größerer Festigkeit werden ganz frei in den Ofen gesetzt, während Gegenstände von geringerer Festigkeit, feinere Waren und solche, welche aus einem stark schwindenden Thone gearbeitet sind, in mit Platten verdeckte Kapseln eingestellt werden, welche sie vor Verunstaltung ihrer Formen schützen müssen. Diese Kapseln werden im Ofen eine über die andere gestellt und zu ganzen Thürmen aufgebaut.


An der Schleifmaschine.

Die feinere Ware macht zweimal die Bekanntschaft mit diesem Raume. Sie wird nämlich ehe sie mit Verzierungen und Glasur

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1891).Leipzig: Ernst Keil, 1891, Seite 333. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1891)_333.jpg&oldid=- (Version vom 20.8.2023)