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Verschiedene: Die Gartenlaube (1891)

„Sollen Sie haben! Kommen Sie hierher zu mir – so! Ja, das ist echter Mokka, mein Lieber, so gut, wie ihn nicht ’mal alle fürstlichen Häupter trinken! Wir alten Hamburger Importeure müssen ja nun ’mal unsere Nase überall haben!“

Andree sah sich behaglich im Zimmer um, ihm gefiel es hier ausnehmend gut. „Famos!“ meinte er beifällig. „Uebrigens, wenn ich fragen darf, Herr Grimm. mit wem haben Sie denn über mich gesprochen? Ihre alte Haushälterin kam mir ja aus einer ganz anderen Richtung entgegen!“

„Die ist’s auch nicht gewesen! Mit der rede ich nur über Wirthschaftssachen und häusliche Dinge – die Ehre, über Sie zu sprechen, thu’ ich der alten Müller nicht an. Entsinnen Sie sich zufällig noch, daß Gerda neulich Hafis erwähnte?“

„Ach so! Ich begreife!“ lachte Andree. „Das ist ja wohl Hafis, dem ich vorgestellt werden sollte? Hat er verstanden, daß von ihm die Rede ist? Sehen Sie, er kommt zu uns! Ein schönes, seltenes Thier!“

Grimm wollte seinen Gast, der sich niederbeugte, warnen, denn Hafis nahm das Liebkosen fremder Hände oft sehr ungnädig auf, aber diesmal sollte es anders sein. Das seidenweiche Fell blieb unter der streichelnden Hand glatt, Hafis rieb sich wohlgefällig an dem Knie des Besuchers und ließ ein leises Schnurren vernehmen.

„Ein außerordentlich gutes Zeichen!“ sagte Herr Grimm vergnügt. „Sie gefallen ihm!“

„Freut mich!“ erwiderte Andree gemüthlich. „Ich mag sonst von Katzen nicht viel wissen, sie sind mir zu falsch. Hunde sind mir lieber. Aber Hafis hier scheint eine Ausnahme zu machen.“

„Er und falsch? Nicht die Spur! Die Treuherzigkeit in Person, nobel, großmüthig! Da nahm ich aus Mitleid eine Katze aus der Nachbarschaft, wo sie schlechte Tage hatte, hier auf, sie bekam Junge – wie sich Hafis da benommen hat – gastfrei, liebenswürdig, nicht zu beschreiben! Wenn ein Mann wie der Aesthetiker Vischer – Jammer, daß er tot ist! – in seinem Roman ‚Auch Einer‘ und in seinen ‚Lyrischen Gängen‘ die Katzen preist, Sie werden sich erinnern –“

„Des Romanes und der Gedichte wohl, nicht aber des Lobes auf die Katzen.“

„Das ist unrecht! Ich lese Ihnen das später ’mal vor! Nehmen Sie einstweilen eine Cigarette! Warum sind Sie denn nicht früher zu mir gekommen?“

„Weil –“ Andree setzte sorgsam die Cigarette in Brand und that ein paar kurze Züge, „weil - nun, ich zog um, ich hatte – bin viel in der Stadt herumgestreift, hab’ mir Ihr Hamburg von allen Seiten beschaut – ach was!“ Er warf das Streichholz fort und sah Herrn Grimm mit einem offenen, einnehmenden Lächeln ins Gesicht. „Mir fehlte die Stimmung! Nehmen Sie mir’s nicht übel, wenn ich einfach die Wahrheit sage!“

„Im Gegentheil! Die Wahrheit und ich sind ein paar gute alte Freunde! Ich habe manche schlimme Ungelegenheit erlebt, wenn ich meine Freundin zu Ehren bringen wollte, aber ich hab’ es doch nicht lassen können! Und wenn ich sie ’mal verleugnete oder beschönigen wollte, o, dann hat sie sich bös an mir gerächt! – Was meinen Sie: sehen wir uns einstweilen Ihren ‚Pescatore‘ an, bis Ihr Kaffee fertig ist?“

„Ich bin dabei!“

(Fortsetzung folgt.)




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Am Plansee.

Von Arthur Achleitner. 0Mit Zeichnungen von H. Nisle.

Der Plansee und die Stuibenfälle.

So reich das „heilige Land Tirol“ an überwältigenden Gebirgslandschaften ist, so spärlich hat Mutter Natur die Heimath Andreas Hofers mit Seen ausgestattet, mit Gewässern wenigstens, deren Größe die Bezeichnung „See“ verdient. Indessen gemäß dem Sprichwort „Wenig aber gut“ bieten die tirolischen Seen dem Auge eine Fülle von Schönheit, die bezaubernd wirkt. Die stahlblaue Fluth des Achensees, wer hat an ihren Ufern geweilt und den Abschied nicht schmerzlich empfunden?! Dann aber folgt im Range gleich der einsame Plansee, oder eigentlich die Planseen, denn man hat drei Seen zu unterscheiden, den kleinen und den großen Plansee und den Heiterwangsee. Der friedlich-düstere Charakter dieser Gewässer fesselte den unglücklichsten der Könige so sehr, daß er seine märchenhafte Burg Neuschwanstein in den Schoß der Berge bettete, welche die Wacht an der algäuisch-tirolischen Grenze halten. An dem See, der an Lieblichkeit mit dem Achensee wetteifert, gleichzeitig aber an die Schwermuth des Walchensees, dieses flüssige Gedicht melancholischer Einsamkeit, erinnert, weilte Ludwig II. mit besonderer Vorliebe, und seine Liebe zu diesem Fleckchen Wasser- und Gebirgslandschaft ist nur zu begreiflich. Mochten Primeln und Glockenblumen den holden Lenz einläuten oder das Donnern des sich dehnenden Eises den grimmen Winter verkünden, der königliche Schloßherr eilte herüber von seiner Burg und ging in Einsamkeit seinen phantastischen Idealen nach. Erst als der weltentlegene Bergsee diesen Freund für immer verloren, wurde der Plansee immer bekannter durch die Leute, welche des unglücklichen Monarchen Schlösser besuchten und auch dem dunkelgrünen Gewässer einen Blick gönnten. Und so kamen und kommen Tausende und Abertausende, und immer größer wird der Ruf und Ruhm des Plansees, immer belebter werden seine Ufer, welche das Denkmal des guten Königs Max für Ludwig den Bayern schmückt. Und wer von dem etwa 11/2 Stunden entfernten Reutte herauswandert, der erquickt sich gern an dem romantischen Reiz der malerischen Stuibenfälle.

Auf den Bergeshöhen wie drunten im grünen sonnenerfüllten Thalboden zieht Mythe und Sage ihre Fäden geisterhaft, und gar mancher graue Stein erinnert an die Vorzeit. In Breitenwang, dem stillen Dörflein nahe den Seen, steht das Haus, in welchem der Kaiser Lothar der Sachse, Graf von Supplinburg, auf der Heimkehr von seinem zweiten italienischen Zug am 4. Dezember 1137 sein Leben aushauchte. Eine Bronzetafel an der Kirche kündet dies den Nachgeborenen, Lothars sterbliche Ueberreste aber wurden in Königslutter beigesetzt. Im Kirchhof von Breitenwang wandelt in bösen Nächten eine weiße Frau die unbedachten

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1891).Leipzig: Ernst Keil, 1891, Seite 732. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1891)_732.jpg&oldid=- (Version vom 26.10.2023)