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Verschiedene: Die Gartenlaube (1893)

Ausstellungsplatz, geräumig und doch nahe dem Herzen der Stadt, eben und von allen Seiten leicht zugänglich, überragt von dem unvergleichlich schönen Bilde Bavaria-Ruhmeshalle und gegrüßt im fernen Süd von den kühnen Zackenlinien des Hochgebirgs. Wohl rückt ihr die Stadt immer näher auf den Leib, wohl wird ihr immer mehr der Blick nach Süden abgeschnitten, aber noch ist soviel von ihr übrig, daß sie Raum giebt für manche festliche Veranstaltung.

Auf diesem Platze, wo alljährlich das landwirthschaftliche Oktoberfest eine schau- und vergnügungslustige Menge versammelt, fand denn auch in den Tagen vom 8. bis 12. Juni d. J. die siebente Wanderausstellung der Deutschen Landwirthschaftsgesellschaft statt. Stand sie diesmal insofern unter einem ungünstigen Zeichen, als die Wachsthumsverhältnisse dieses Frühjahrs und Sommers in vielen Theilen unseres deutschen Vaterlandes und Europas keineswegs günstige zu nennen waren, ja stellenweise geradezu ein öffentlicher Nothstand eintrat, so war sie doch wieder dadurch bevorzugt, daß sie sich in Bayern in einem Lande befand, dessen Schwergewicht so recht auf der Landwirthschaft ruht, das ihr also eine ganz besonders rege Theilnahme entgegenbringen mußte. Bayern hat einen Gesamtflächenraum von 7 586 349 ha; davon stehen nach den Mittheilungen, welche der bayerische Ministerialrath Haag auf der Hauptversammlung der Deutschen Landwirthschaftsgesellschaft machte, nicht weniger als 4 563 883 in landwirthschaftlicher Benutzung, und etwa 67% der Bevölkerung Bayerns ziehen ihren Lebensunterhalt mittelbar oder unmittelbar aus der Landwirthschaft. Dem entsprach denn auch der äußere Erfolg der Ausstellung, die an Besucherzahl alle ihre Vorgängerinnen zu Frankfurt a. M., Breslau, Magdeburg, Straßburg, Bremen und Königsberg hinter sich ließ. Eine sehr wirksame Förderung fand sie durch ihren Ehrenpräsidenten, den Prinzen Ludwig von Bayern, der, selbst ausübender Landwirth, seit Jahren eifrig an der Hebung und Verbesserung der Bodenkultur in seinem engeren Heimathlande mitarbeitet. Ihm fiel auch die Aufgabe zu, die Ausstellung durch eine feierliche Ansprache zu eröffnen, wie dies unser Bild darstellt.

Das Schwergewicht der Ausstellung lag selbstverständlich in der Vorführung der so außerordentlich blühenden bayerischen Rindviehzucht. Das Generalkomitee des bayerischen Landwirthschaftlichen Vereins hatte eine Art Sammelausstellung von bayerischen Rindern veranstaltet, die über die Hälfte sämtlicher anwesenden Stücke – es waren deren gegen 1300 – ausmachte und ein anschauliches Bild von dem Reichthum gewährte, den Bayern in seinen Gebirgs- und Höhenschlägen besitzt. Ihnen zunächst fesselten die öffentliche Aufmerksamkeit die Pferde, die ebenfalls gut und zahlreich vertreten waren; weiterhin gab es noch alle die Thiere zu sehen, die sonst in der Landwirthschaft von Wichtigkeit sind, Schweine, Schafe, Geflügel u. dgl.; eine Gärtnerei-, ja sogar eine Fischerei- und eine Hundeausstellung hatte sich angeschlossen. Endlich gab es eine Fülle von landwirthschaftlichen Maschinen und Geräthen aller Art, und es war nur ein Glück, daß die vom vielen Schauen und Studieren erschöpften Besucher sich leicht an einem Kruge „selbstgewachsenen“ Gerstensaftes oder in der „Weinkosthalle“ an einem Schluck Rhein-, Mosel- oder – Seewein erquicken konnten.

Wie die Bauten der Ausstellung, vor allem das architektonisch hübsch ausgestattete Thor des Haupteingangs, einen guten Eindruck machten, so hatte auch die gärtnerische Kunst alles gethan, den Platz der Ausstellung vortrefflich herzurichten und beim Besucher den Eindruck hervorzurufen, als trete er in einen wohlgepflegten herrschaftlichen Garten. Große Rasenflächen mit schönen Blattpflanzengruppen dehnten sich vor den Ausstellungshallen, auch der Gabentempel war mit einer gefälligen Anlage umgeben, aus welcher sich kräftig entwickelte Lorbeerbäume – eine zarte Hindeutung auf die Preisgekrönten, deren drinnen prächtige Schätze harrten – stolz hervorhoben. Es ist nur zu wünschen und zu hoffen, daß diesen Pokalen und Silberschalen und anderen Ehrengaben der Himmel das werthvollste Kleinod hinzufüge – ein fruchtbar Wetter.

Die neue Elbebrücke zwischen Loschwitz und Blasewitz. (Zu dem Bilde S. 469.) Mit der immer dichter werdenden Bevölkerung des Elbethals in der Umgebung Dresdens hat sich das Bedürfniß einer neuen festen Verbindung beider Ufer des Stromes oberhalb der drei städtischen Brücken herausgestellt. Jetzt ist diese Verbindung geschaffen worden durch eine mächtige neue Kettenbrücke, welche von dem romantischen schillerberühmten Loschwitz hinüberführt nach dem volkreichen Blasewitz. Es war eine schwierige Aufgabe für den entwerfenden Ingenieur, das hier immerhin 150 Meter breite Strombett zu überspannen, ohne doch durch plumpe Massen das schöne Landschaftsbild zu stören, auf das man aus den Gärten von Loschwitz niederschaut. Unsere Abbildung beweist, daß er diese Aufgabe mit Glück gelöst hat. In gefälligem Bogen, gleich einem luftigen Gewebe schwingt sich der riesige Eisenbau von Pfeiler zu Pfeiler; 147 Meter mißt die große mittlere Spannung, und von Anker zu Anker sind’s je noch 60 Meter weiter. Die Breite der Brücke beträgt 11 Meter und ihre Fahrbahn liegt 10 Meter über dem mittleren Wasserstand der Elbe, so daß sie also vom Hochwasser nicht leicht etwas zu fürchten hat. Bauherr der Brücke war der sächsische Staat, der zwei Millionen Mark auf sie verwendet hat einschließlich der Kosten für die Zufahrtstraßen.

So führt nun also ein fest gegründeter direkter Weg vom stillen Schillerhäuschen, darin der „Don Carlos“ zum großen Theil entstand, hinüber nach der Heimath der „Gustel von Blasewitz“.

Brütende Schlangen. Als vor einigen Jahrzehnten aus Indien berichtet wurde, daß dort die große Tigerschlange ihre Eier ausbrüte, da lächelte man in Europa ungläubig über ein derartiges Ammenmärchen. Die Reptilien kümmern sich nicht um ihre Brut, sagte man; aber man irrte. Die Riesenschlangen der Alten Welt bekümmern sich wohl um ihre Eier, und im Monat Juni d. J. bildeten zwei Pythonschlangen, die auf ihren Eiern zusammengeringelt lagen, eine Sehenswürdigkeit des Zoologischen Gartens zu Leipzig. Sie waren mit anderem Gethier durch den Dampfer „Benares“ aus Kalkutta gebracht worden und sind schöne große Exemplare von 6 bis 7 m Länge. Die Eier sind ungefähr von der Größe der Gänseeier und mit einer dicken lederartigen Haut überzogen; über dem Eierhaufen brütet die Pythonschlange derart zusammengeringelt, daß ihr Leib ein flaches Gewölbe bildet, das vom Kopfe der Schlange gekrönt wird. Es vergehen etwa zwei Monate, bis die Brut die Eier verläßt.

Die südasiatische Pythonschlange wurde bei ihrem Brutgeschäft zum ersten Male im Pflanzengarten zu Paris im Jahre 1841 von Valenciennes und Dumeril beobachtet. Aus fünfzehn Eiern schlüpften damals acht junge Tigerschlangen heraus. Während des Brutgeschäfts wurde wiederholt die Temperatur innerhalb der Falten der Schlangen gemessen und es stellte sich heraus, daß die Wärme des Schlangenkörpers die der Umgebung zuweilen um 10 bis 12° C. übertraf.

Auch die nahe Verwandte der asiatischen Tigerschlange, die Hieroglyphenschlange oder Assala, welche in West- und Mittelafrika heimisch ist, pflegt ihre Eier auszubrüten. Eine dieser Riesenschlangen hatte im Jahre 1862 im Londoner Thiergarten gegen 100 Eier gelegt und brütete vom 13. Januar bis zum 4. April; auch in diesem Falle wurde eine Wärmezunahme zwischen den Falten des Schlangenleibes festgestellt, die zwischen 5 bis 9° C. schwankte. Die Eier gingen jedoch in Verwesung über.

Ob es im Leipziger Zoologischen Garten gelingen wird, Riesenschlangenbrut zu erhalten, wird die nächste Zukunft lehren.

Wir möchten bei dieser Gelegenheit bemerken, daß die Beobach[t]ung der Entwicklung unserer harmlosen weit verbreiteten Ringelnatter nicht weniger lehrreich ist. Die Ringelnatter legt je nach Alter und Größe 6 bis 30 Eier, die etwa die Größe der Taubeneier erreichen und von einer pergamentartigen weißen bis grauweißen Schale umgeben sind. Die Schlange entwickelt bei der Wahl des Ortes, an dem sie die Eier ablegt, eine gewisse Vorsorge, indem sie feuchtwarme Erdlöcher, die nach Süden gelegen sind, aufsucht; ja sie wählt auch gern Misthaufen, Löcher im Stallboden und legt mitunter ihre Eier – unter ein Hühnernest, wo von der Brutwärme der Henne den Schlangeneiern etwas zugute kommt. Es wurde auch wiederholt festgestellt, daß mehrere Ringelnattern ihre Eier gemeinschaftlich an einem Orte ablegten. Der verdiente Erforscher der Lebensgewohnheiten der deutschen Kriechthiere und Lurche, A. Franke, fand z. B. in einem alten Steinbruche in Leulitz bei Wurzen einen Haufen von traubenartig zusammengeklebten Schlangeneiern, deren Zahl an 600 betrug; zu deren Hervorbringung waren mindestens 30 Pärchen nöthig.

Die Eier der Ringelnatter bedürfen zum Ausreifen der Zeit von etwa acht Wochen. Man kann in einem gut eingerichteten Terrarium das Ausschlüpfen des Schlängleins aus dem Ei wohl beobachten. „Endlich,“ schreibt darüber A. Franke, „durchbricht die junge Schlange die Eihülle oft an mehreren Stellen und sieht neugierig und vorsichtig aus einer der gemachten Oeffnungen in die Welt. In dieser Situation habe ich sie öfters bewundert, wie sie zögernd hervorkam und erstaunt und erschrocken über das zahlreiche Auditorium sich schnell wieder zurückzog und stundenlang denselben Versuch wiederholte.“ *

Das letzte Werk von Schmidt-Weißenfels, an dem er noch bis Ostern dieses Jahres gearbeitet hatte, ist nun erschienen. (Berlin Oswald Seehagen). Auf Grund jahrelanger Studien und Sammlungen hat er seine „Geschichte des modernen Reichthums“ geschrieben, ein Buch, so reich an merkwürdigen Thatsachen, an Stoff zu ernsten Betrachtungen wie zu behaglicher Unterhaltung, daß niemand es zur Hand nehmen wird, ohne von dem Inhalt gefesselt zu werden. Da tauchen sie vor uns auf, die Millionengrößen aller Welttheile, ehrliche Arbeiter und gewissenlose Spieler, sorgfältige Rechner und kühne Spekulanten, da schauen wir in ihre Paläste und Landsitze, in ihre Prunkzimmer und Schatzkammern – aber auch die Schöpfungen der Humanität, die aus solchen gehäuften Millio[n]envermögen hervorgingen, sind nicht vergessen. Da werden alle die tausend Wege beleuchtet, auf denen Menschen zu Reichthum emporstiegen, aber auch die Abgründe, die so viele von ihnen wieder verschlangen. Das Buch ist ein Mikrokosmos, ein zusammengedrängtes Bild unseres gesamten neuzeitlichen Erwerbslebens, das im Streben nach Reichthum gipfelt, es ist in seinem Theile ein Spiegel unserer Zeit. Darin liegt sein Werth und seine Bedeutung.


Kleiner Briefkasten
(Anfragen ohne vollständige Angabe von Namen und Wohnung werden nicht berücksichtigt.)

Carl Otto. Ihre Gedichte sind leider nicht verwendbar.

O. R. 1876. Wir halten den Vorschiag, den Sie uns unterbreitet haben, für völlig aussichtslos.

Ch. G. St. in Karlsruhe. Sie fragen uns, „ob im Falle eines Krieges die Staaten Württemberg und Bayern Preußen unterstützen müssen“. Wir theilen Ihnen zur Behebung Ihrer Zweifel mit, daß im Jahre 1871 das Deutsche Reich gegründet wurde, was Sie bisher übersehen zu haben scheinen!

C. F. in Weimar. Es ist eine längst festgestellte Thatsache, daß Eisenbahnschienen, so lange sie in Benutzung sind, nicht rosten. Ein neuerer Forscher Namens Springer in Brüssel erklärt dies wie folgt: der nach einem Regen sich bildende Rost verbindet sich mit dem darunter liegenden reinen Eisen, sobald ein Zug über die Schiene geht, zu Magneteisen, weiches nun den Körper der Schiene als schützende Hülle vor weiterem Rosten bewahrt. Springer hat dies durch die chemische Untersuchung eines von der Schiene abgelösten Metallhäutchens nachgewiesen. Wurde umgekehrt Eisenrost auf eine blanke Schiene unter einem etwa dem Gewicht einer Lokomotive entsprechenden Drucke aufgepreßt, so entstand ebenfalls Magneteisen. Auch von der Eisenbahnschiene gilt hienach, wenn auch in leidendem Sinne, das Wort Moltkes: „Rast’ ich, so rost’ ich!“

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1893). Leipzig: Ernst Keil, 1893, Seite 484. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1893)_484.jpg&oldid=- (Version vom 27.12.2019)