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Verschiedene: Die Gartenlaube (1893)

und zwar in einer Art, welche nicht der Wirkung des Windes zugeschrieben werden kann. Die zerstörten Bäume lassen sich auf drei Grundformen zurückführen: 1) Eichen, die in einer Länge von 7 bis 8 m von oben nach unten entzwei gespalten wurden, 2) Pappeln und Buchen, die in einer Länge von 1,5 bis 3,5 m in geradlinige regelmäßige Ruthen von gleicher Dicke zerstückelt wurden. Eine Buche von 0,4 m Durchmesser wurde z. B. in mehr als 500 Ruthen zerfetzt, die 1 cm dick, 2 cm breit und 3,5 cm lang waren. 3) Fichten und andere Harzbäume, deren Stämme quer durchgeschnitten waren, mit fast ebener Bruchfläche.

Diese Erscheinungen sowie viele ähnliche lassen sich nur als Wirkung der Elektricität verstehen: denn wie anders soll man sich z. B. den Fall erklären, daß von zwei frei und dicht nebeneinander stehenden Fässern das eine gefüllte vollständig vernichtet wurde (explodierte), während das andere leere unbeschädigt stehen blieb?

In der Zeitschrift „Das Wetter“ wird über eine ganze Reihe ähnlicher Vorgänge berichtet, die sich auch auf die bei jenen Tornados beobachteten Kugelblitzerscheinungen beziehen. Ein Bauer wird mit seinem Vieh auf dem Weg nach Hause vom Orkan überrascht und sieht eine Feuerkugel, die mit rasender Geschwindigkeit herabstürzt. Von Schreck ergriffen, wirft er sich sofort zur Erde. Die leuchtende Kugel schlägt auf den Boden, zerspringt mit einem Krach und bedeckt den Mann mit Staub. – In Saint-Claude haben viele Personen, welche beim Ausbruch des Orkans gegen den Winddruck kämpften, um ihre Fenster zu schließen, Feuerkugeln von der Größe einer Billardkugel wahrgenommen, die in der Drehungsrichtung des Wirbelwindes mit Gewalt fortgerissen wurden. Eine große Zahl anderer hat durch die Schornsteine oder Ofenthüren in ihre Wohnungen Feuerkugeln eindringen sehen, welche sich langsam in den Zimmern fortbewegten und einen leuchtenden, leicht in Spiralen gewundenen Streifen hinterließen. Zu Reinon bemerkte eine Frau, als sie ihre auf der nahen Wiese weidenden Kühe holen wollte, wie plötzlich violette Flammen aus dem Boden hervorbrachen und sie rings umgaben; sie waren so hoch, daß die Frau aus Furcht, ihre Augen könnten Schaden leiden, das Gesicht mit ihrem Taschentuch bedeckte. Einen Augenblick später stürzte der Wind alles um. Ein Pächter und seine Knechte erkannten deutlich, wie die Blitze vor dem Hereinbrechen des Sturms über den Boden strichen. Es war, als ob alles im Feuer aufgelöst sei, dabei roch es nach Pulverdampf.

Menschenleben sind diesen sonderbaren Blitzformen, soweit die Erkundigungen reichen, nicht zum Opfer gefallen.

Alle diese Thatsachen lassen die Annahme berechtigt erscheinen, daß die Electricität keineswegs nur eine Begleiterscheinung der Wirbelstürme, sondern weit eher eine ihrer Ursachen sei. *      

Rudolf von Gottschall.
Nach einer Photographie von Georg Brokesch in Leipzig.

Vom Gifte unserer einheimischen Lurche. Ueber die Giftigkeit unserer einheimischen Lurche, namentlich der Kröten und Salamander, hört man im Volke so verschiedene Ansichten und liest auch in sonst guten naturgeschichtlichen Büchern so ungenaue Berichte, daß es angezeigt erscheint, auf Grund sachverständiger Prüfung eine zutreffende Erklärung zu geben, um so mehr, als wir oft genug mit diesen Thieren in Berührung kommen und viele derselben zur Unterhaltung und Belehrung von jung und alt in Aquarien und Terrarien halten. Zu einer zuverlässigen und aufklärenden Darstellung sind wir durch das Erscheinen eines ausgezeichneten Fachwerkes über Vergiftungen veranlaßt worden. Es ist dies das „Lehrbuch der Intoxikationen“ von Dr. Rudolf Kobert, dem berühmten Professor der Pharmakologie an der Universität Dorpat, ein Buch, in welchem auch den hier ins Auge gefaßten Thiergiften eine lichtvolle Würdigung zu theil geworden ist.

Zuvörderst wollen wir unsere Aufmerksamkeit dem Feuersalamander zuwenden. Es ist bekannt, daß ein gereizter oder sterbender Feuersalamander Fische im Aquarium töten kann, indem er durch seinen Schleim das Wasser vergiftet. Schon im Jahre 1866 gelang es Zalesky unter Leitung von Hoppe-Seyler, aus den Drüsen in der Haut des Salamanders ein Gift rein darzustellen, das er „Samandrin“ nannte; andere Forscher haben es später „Salamandrin“ bezeichnet. Es verursacht, wenn es in den Magen kommt, heftiges Erbrechen, und 2 Milligramm, unter die Haut gebracht, genügen, einen Hund zu töten. Auf die bloße Haut übt es eine reizende Wirkung und kann namentlich auf Schleimhäuten heftige Entzündungen hervorrufen.

Auch der Wassermolch oder Wassersalamander (Triton cristatus) scheidet durch die Haut ein Gift aus, das, ins Blut gebracht, Thiere unter Lähmungserscheinungen tötet. Es ist weniger wirksam als das des Feuersalamanders, seine örtliche Wirkung aber nicht unbedeutend. So berichtet Vulpian, wie ihm eines Morgens ein kleiner Tropfen davon in das eine Nasenloch und ein anderer in ein Auge gelangte. Sofort erfolgte heftiger Schmerz an dem sich röthenden Auge, und bald schwoll dasselbe so an, daß es nicht mehr geöffnet werden konnte. Zugleich trat ein unerträgliches Kitzeln in der Nase ein, welches unaufhörliches Niesen zur Folge hatte. Kaltes Wasser wirkte auf die Entzündungserscheinungen lindernd, aber der Schmerz hielt elf Stunden an.

Zu bemerken ist noch, daß Larven des Feuersalamanders und Wassermolches kein Gift besitzen; sie werden darum auch von anderen Thieren verzehrt, während erwachsene Salamander von den meisten verschont werden.

Wenden wir uns den Froschlurchen zu, so gelten unter ihnen die Kröten und Krötenfrösche beim Volke als giftig – und mit Recht. Sie besitzen in der Haut zahlreiche Giftdrüsen, welche dieselbe warzenartig gerunzelt erscheinen lassen und namentlich in der Schläfengegend Wülste bilden. Aus diesen Drüsen spritzen sie einen unangenehmen Schleim aus, sobald sie von einem Gegner berührt werden. So gewappnet sind die gemeine Kröte, die Kreuzkröte, die grüne italienische Kröte, die Knoblauchkröte, die Unke u. a. In dem Hautschleime dieser Thiere fand man verschiedene Giftstoffe. Calmel wies in ihnen Methylcarbylamin und Methylcarbylaminsäure nach, zwei Stoffe, die noch wenig untersucht sind, aber, ins Blut gebracht, das Nervensystem höherer Thiere blitzartig zu lähmen vermögen. Sie bedingen auch den eigenartigen Geruch der Kröten. Außerdem ist im Krötenschleim noch ein Stoff enthalten, der bei äußerer Berührung auf die Haut reizend wirkt und darum vornehmlich unsere Beachtung verdient. Professor Kobert schreibt darüber: „Ich habe an diese Wirkung erst glauben gelernt, als ich eine Spur der Substanz in den Mund bekam und stundenlang das Brennen der gerötheten und geschwollenen Schleimhaut ertragen mußte.“ Eine Frau, welche mit der Feuerzange eine ins Zimmer gekommene italienische Kröte fassen wollte, bekam dabei ein Tröpfchen ins Auge, was fast unmittelbar die heftigsten Schmerzen sowie die Entwicklung einer schweren Augenentzündung zur Folge hatte. Dieser Stoff heißt „Phrynin“.

Wenn man jedoch unsere Kröten nicht unnöthig angreift, so sind sie völlig unschädlich, und da sie sonst der Landwirthschaft durch Vertilgung von Insekten nützen, sollte man sie in Ruhe lassen.

Der französische Physiologe Paul Bert hat auch durch Reizung gewöhnlicher Frösche aus deren Haut einen giftigen Schleim gewonnen durch den er Sperlinge und Frösche getötet haben will. Die Richtigkeit dieser Versuche wird bezweifelt, doch können wir soviel aus eigener Erfahrung bestätigen, daß auch der Schleim dieser Thiere und selbst der des Laubfrosches einige Schärfe besitzt und auf die Schleimhaut des Auges gebracht, eine leichte Entzündung hervorrufen kann.

Das Lurchgift wird unter gewöhnlichen Umständen, wie sie das Leben mit sich bringt, schwerlich in das Blut eines Menschen gelangen können. Nach dieser Richtung hin brauchen wir es also nicht zu fürchten. Wohl aber müssen wir seine reizenden Eigenschaften beachten und namentlich zu verhüten suchen, daß es in unser Auge gelangt. Dies merke sich die unternehmende Jugend, welche allerlei solches Gethier fängt und in Terrarien sperrt! *      

Gegen den Mißbrauch des freien Handgepäcks, der in den letzten Jahren besonders bei den großen Schnellzügen eine wahrhaft ungeheuere Ausdehnung angenommen hatte, ist in letzter Zeit die Münchener Bahnhofsverwaltung energisch eingeschritten und verdient sich damit den Dank aller, die, mit bescheidenem Handgepäck reisend, bisher der Belästigung durch rücksichtslose Coupénachbarn ausgesetzt waren. Man muß die überfüllten Gepäcknetze des Zuges Kufstein-Ala gesehen haben, die ohne weiteres auf den Sitzen untergebrachten Handkoffer und Plaidrollen, oft drei bis vier Stücke einer einzige Person gehörend, man muß Zeuge der höchst widerwärtigen Auseinandersetzungen darüber gewesen sein – um die Münchener Neuerung freudig zu begrüßen, wonach sich am Wartesaalausgang Aufsichtsbeamte befinden und niemand mehr als zehn Kilo Gewicht mit in den Waggon nehmen lassen. Aber – ein Wunsch knüpft sich von selbst daran. Das Passagiergepäck ist auf deutschen Bahnen unverhältnißmäßig theuer, daher es sich so vielfach in Handgepäck zu verwandeln sucht. Könnte nicht, nach amerikanischem Beispiel, ein Packwagen dem Schnellzug eingefügt werden, in dem alle die kleinen Stücke: Kofferchen, Plaids, Schachteln gegen einfache Abgabe von Marken und gegen eine geringe einheitliche Taxe untergebracht würden? Das wäre eine große Wohlthat

für das Publikum und entspräche doch auch der Billigkeit, die anderwärts

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1893). Leipzig: Ernst Keil, 1893, Seite 667. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1893)_667.jpg&oldid=- (Version vom 17.3.2023)