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verschiedene: Die Gartenlaube (1895)


König erwählt worden. Ich habe mich beeilt, Euch die stolze Kunde zu bringen.“ Aber vor Ueberraschuug stumm, die Hände wie zum Gebet ineinander gefaltet, steht regungslos der Graf; weiß er doch, daß mächtigere, einflußreichere Fürsten als er im Reiche vorhanden sind, die Anprüche auf diese höchste, ihm zugedachte Würde erheben. Unwillig, fast beleidigt verbittet er sich, ihn mit einer solchen Meldung zum besten zu halten. Aber Friedrich erwidert: „Das sei ferne, daß ich Euch zum besten halte, den allermächtigsten Herrn!“ Jetzt erst schenkt der Habsburger der Rede seines Freundes williges Gehör. Er erfährt, daß gerade ihn die Kurfürsten unter allen Bewerbern für den geeignetsten gehalten haben, daß er der Mann sei, den nach dem Tode des englischen Schattenkönigs Richard die lange große Not des Reiches erheische. War doch auch der Erwählte wie kaum ein anderer angesehen als klug und thatkräftig, nicht zu reich und nicht zu mächtig, ein Feind der immermehr überhand nehmenden raubsüchtigen Ritter, ein Freund des aufblühenden Städtetums. „Wieviel Gott Ehren giebt dem Mann, deren soll er sich dünken wert“, mit diesen Worteu, berichtet eine Reimchronik jener Zeit, habe nunmehr Rudolf die ihm angetragene Würde angenommen.

Der hier geschilderte welthistorische Auftritt fand statt am 22. September 1273. Rudolf schloß dann sofort mit dem Bischof von Basel Frieden, eilte nach Frankfurt, erklärte sich mit den Bedingungen der Wahl einverstanden und wurde schon am 28. Oktober 1273 in Aachen gekrönt. Als Regent erfüllte er wie wenige die Erwartnngen, die man auf ihn gesetzt hatte. Das kaiserliche Ansehen und den Landesfrieden stellte er wieder her, durch glückliche Erwerbungen und Heiraten machte er sein Haus groß und mächtig, warf auch seinen stärksten Gegner, Ottokar von Böhmen, siegreich nieder, und einzig nur sein letzter Wunsch, die Nachfolge im Reiche nach seinem Tode auf seinen Sohn Albrecht übertragen zu sehen, blieb ihm unerfüllt. – Das prächtige, von Hermann Knackfuß im Auftrag des deutschen Kaisers geschaffene Gemälde, das diesen Liebesdienst verherrlicht, den ein wackrer Hohenzoller einem gleich vortrefflichen Habsburger geleistet, zeigt bis in die kleinste Einzelheit hinein große historische Treue und bildet im königl. Schlosse zu Berlin ein würdiges Gegenstück zu dem von demselben Künstler gemalten Bilde, das eine weniger freundliche Begegnung zwischen Häuptern der Häuser Hohenzollern und Habsburg darstellt, nämlich die Gefangennahme Friedrichs des Schönen durch den Burggrafen Friedrich IV. von Nürnberg in der Schlacht bei Mühldorf am 28. September 1322.

Der Aussichtsturm bei Gravelotte.
Nach dem Entwurf von J. Laube.

Aufruf für die Errichtung eines Gedächtnis-Turmes auf den Schlachtfeldern bei Metz. In diesem Jahre, am 16. und 18. August, werden es fünfundzwanzig Jahre, daß auf den Schlachtfeldern von Mars-la-Tour-Vionville und Gravelotte-St. Privat die großen Siege erfochten wurden, die so entscheidend für den glücklichen Ausgang des Krieges mit Frankreich waren. Nachdem im vorigen Jahre um diese Zeit an der Stelle, von welcher König Wilhelm aus die Schlacht bei Gravelotte persönlich leitete, ein schlichtes Denkmal eingeweiht worden ist, hofft man an einem der Jubiläumstage einem größeren Wahrzeichen die feierliche Weihe geben zu können, das in Gestalt eines Aussichtsturmes inmitten der Schlachtfelder mit ihren vielen Grabhügeln errichtet werden soll. Ein Aufruf, der an erster Stelle von dem Gouverneur der Festung Metz, Generallieutenant v. Arndt, unterzeichnet ist, fordert zu Beisteuern für den bereits vorhandenen Grundstock auf, der in Metz selbst von patriotischen Mitbürgern für das nationale Unternehmen aufgebracht worden ist. Als Schatzmeister des Komitees ist Herr Hofapotheker Weifert in Metz genannt, an welchen auch wir alle Beiträge, zu denen dieser Hinweis anregt, zu senden bitten. Der auf eine Höhe von 30 Metern berechnete Turm soll dem Uebelstand abhelfen, daß die unebene Gestaltung des Terrains bisher einen Ueberblick über die Schlachtfelder unmöglich machte, so daß die vielen Tausende, welche alljährlich pietätvoll hierherkommen, um die Gräber der im Heldentod Gefallenen zu schmücken, nur mühsam und unvollkommen den jetzt so friedlichen Gefilden ein Bild von den einst hier tobenden heißen Kämpfen abzugewinnen vermochten. Auf der Höhe des Point-du-jour ist der günstigst gelegene Punkt ermittelt worden, damit der Turm diese bisher so vielfach entbehrte Rundschau den Besuchern der Schlachtfelder biete, zugleich mit einer weitreichenden landschaftlich schönen Aussicht auf Metz und das malerische Moselthal. Die Gemeinde Rozérieulles hat das für den Bau nötige Grundstück unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Die Herstellnng eines massiven, einfach aber würdig gebauten Turmes nach dem Modell, das wir nebenstehend zur Abbildung bringen, erfordert jedoch noch recht viel Mittel. Wir zweifeln nicht, daß diese Mitteilungen genügen werden, um dem Unternehmen die noch nötige Unterstützung zu sichern.

Das König Wilhelm-Denkmal bei Gravelotte.
Nach einer Aufnahme von Hofphotograph E. Jakobi in Metz.

Das hier gleichzeitig abgebildete König Wilhelm-Denkmal hat seinen Platz westlich von Mogador, einem durch französische Granaten in Brand geschossenen, kaum 1 Kilometer nördlich von Gravelotte entfernten Gehöft, auf dem Standpunkt, welchen König Wilhelm nebst seinem Gefolge am Abend des 18. August 1870 einnahm. Es ist von den Offizieren und Beamten des 16. Armeekorps und der Garnison Metz errichtet und im vorigen Jahr am Jahrestag der Schlacht enthüllt worden. Auf einem dreistufigen Unterbau ruht ein gewaltiger Granitblock von unregelmäßig abgerundeter Würfelform, wie ihn die Natur gebildet hat. Dieser Findling aus dem Schwarzwalde ist ein Geschenk des Großherzogs von Baden. Der dunkelgraue Stein wiegt 280 Centner und hat eine Höhe von reichlich 2 Metern. Auf einer eingemeißelten ovalen Fläche trägt er die Inschrift: „Von dieser Stelle aus leitete König Wilhelm die Schlacht am 18. August 1870.“ Dies Denkmal ist von einer neuen Einfassung umgeben, deren Eckträger vier französische Geschützrohre mit den Namen: Le Redan, Le Délibéré, Le Négrier und Le Novateur und deren Mittelstützen vier große deutsche Geschosse bilden.



Kleiner Briefkasten.

Fräulein H. K. in Zürich. In der Nordostdeutschen Gewerbeausstellung in Königsberg ist allerdings eine besondere Abteilung für Frauenarbeit mit Einschluß der litterarischen Produktion vorgesehen. Sie müssen sich aber dazu halten, da durch ein Rundschreiben des Komitees an die Presse alle Schriftstellerinnen, die in Ostpreußen, Westpreußen und Posen geboren sind oder dort ihren Wohnsitz haben und gesonnen sind, ihre Schriften bei dieser Gelegenheit auszustellen, ersucht worden sind, ihre Adressen bis spätestens Ende Januar an Frau Chefredakteur Anton, Schützenstraße 12, oder Frau Babette Loewi (B. Herwi), Paradeplatz 45, in Königsberg i. Pr. mitzuteilen, von denen sie die näheren Bedingungen erfahren können.



Inhalt: Buen Retiro. Von Marie Bernhard (1. Fortsetzung). S. 69. – Die neue Wärmstube zu München: im Frauenraum. Bild. S. 69. – Burggraf Friedrich III. von Nürnberg überbringt dem Grafen Rudolf von Habsburg die Nachricht seiner Erwählung zum deutschen König. Bild. S. 72 und 73. – Der Kampf wider die Geheimmittel. S. 75. – Dunkle Gebiete der Menschheitsgeschichte. Von Dr. P. Schellhas. Die Moundbuilders in den Vereinigten Staaten. S. 76. Mit Abbildungen S. 77, 78 und 79. – Loni. Erzählung von Anton von Perfall. S. 80. – Die neue Wärmstube zu München: im Männerraum. Bild. S. 81. – Blätter und Blüten: Wärmstuben in München. S. 83. (Zu den Bildern S. 69 und 81.) – Burggraf Friedrich III. von Nürnberg überbringt dem Grafen Rudolf von Habsburg die Nachricht seiner Erwäblnng zum deutschen König. S. 83. (Zu dem Bilde S. 72 und 73.) – Aufruf für die Errichtung eines Gedächtnis-Turmes auf den Schlachtfeldern bei Metz. Mit Abbildungen. S. 84. – Kleiner Briefkasten. S. 84.


Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von Julius Klinkhardt in Leipzig.
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verschiedene: Die Gartenlaube (1895). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1895, Seite 84. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1895)_084.jpg&oldid=- (Version vom 11.6.2020)