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verschiedene: Die Gartenlaube (1895)

Ueberbeugung nach vorn. Dadurch entsteht, wie jeder an sich selbst wohl fühlen kann, eine Querfalte in der Bauchwand, die gerade auf den Magen einen Druck ausübt und die Bewegungen des Organs behindert. Die Folgen dieser Behinderung sind um so nachteiliger, je älter und weniger elastisch der Körper ist. In der That wurde in letzter Zeit von Aerzten wiederholt beobachtet, daß eine Besserung der Magenbeschwerden vielfach einzutreten pflegte, sobald als einziges Heilmittel nur eine gerade Haltung des Körpers während des Arbeitens in sitzender Stellung verordnet wurde. Dieses „Rezept“ sollte sich jeder geistige Arbeiter zur Verhütung frühzeitiger Magenleiden selbst verschreiben. *     

Generaloberst von Pape †
Nach einer Photographie von Gebr. Engelhardt und Schiller in Berlin.

Generaloberst von Pape † Immer mehr lichtet sich die Schar derer, die an den großen Siegesthaten, welche 1870 zum Gewinn unserer Reichseinheit führten, als Führer beteiligt waren. Der am 7. Mai in Berlin verstorbene Generaloberst von Pape kommandierte während des Feldzugs gegen Frankreich die preußische 1. Garde-Infanteriedivision, die er in der Schlacht bei St. Privat zu dem berühmten Sturmangriff führte, der für den glücklichen Ausgang der Schlacht von entscheidender Bedeutung war. Auch bei Beaumont, Sedan und verschiedenen Ausfallgefechten vor Paris erwies er sich als umsichtiger energischer Führer von hervorragender Tapferkeit. Bei der Kaiserkrönung in Versailles wurde er dafür zum Generallieutenant befördert. Später war er nacheinander kommandierender General des 5. Armeekorps in Posen, des 3. Armeekorps in Berlin und, von 1884 an, des Gardekorps. Von 1882 an war er gleichzeitig auch Oberbefehlshaber in den Marken. Als besonderer Vertrauensmann Kaiser Wilhelms I. in militärtechnischen Fragen wurde er in die meisten Kommissionen berufen, die sich mit der Heeresreform zu beschäftigen hatten; er war Mitglied der Landesverteidigungskommission und des Staatsrats und wurde wiederholt mit wichtigen Missionen in das Ausland betraut. Am 14. Dezember 1888, nach dem ersten Kaisermanöver des jetzigen Kaisers, wurde er zum Generalobersten der Infanterie mit dem Range als Generalfeldmarschall und zugleich zum Gouverneur von Berlin ernannt, in welch letzterer Stellung er bis Anfang des laufenden Jahres verblieb. Am 13. Februar 1813 zu Berlin geboren, hatte er im Dienst ein Alter von fast 82 Jahren erreicht. Alexander August Wilhelm von Pape war ein echter Sohn der Mark, eine Verkörperung der altpreußischen Traditionen im Heere, auch geistig sehr befähigt; in jüngeren Jahren war er eine Zeitlang Direktor des Kadettenhauses in Potsdam. Charakteristisch für sein Wesen ist die folgende Erinnerung. 1866 bei Königgrätz, wo Pape die 2. Gardeinfanterie-Brigade befehligt hatte, war sein einziger Sohn gefallen. In Soldatenmäntel gehüllt, wurde die Leiche am Tage nach der Schlacht zur Erde bestattet. Doch als die Feierlichkeit beendet war, richtete sich der tiefgebeugte Vater stramm auf. „Meine Herren,“ wandte er sich entschlossen an die Offiziere seines Regiments, „das liegt nun hinter uns. Wir aber gehen vorwärts: ‚Mit Gott für König und Vaterland!‘“

Wie heiß ist die Sonne? Die Frage, wie heiß wohl die Sonne, der Urquell alles Lebens auf Erden, sein möge, beschäftigte die Menschheit seit ältesten Zeiten. Aber bis heute ist diese Frage unbeantwortet geblieben, wie oft auch die Hitze der Sonne von Weisen und Weisesten gemessen und berechnet wurde, denn gar weit gehen die Meinungen der „Autoritäten“ auseinander. Hier nur einige Beispiele! Newton schätzte die Temperatur der Sonne auf 1 660 300° C., Ericson berechnete sie auf 2 726 700°, Secchi sogar auf 5 344 840° C. und am höchsten griff wohl Sorel, der die Sonnentemperatur mit 5 801 846° angab. Im Gegensatz zu diesen Forschern beträgt die Sonnentemperatur nach Violle 1500°, nach Pouillet 1461° und nach Vicaire nur 1398° C. Sicher ist es sehr heiß auf der Sonne, aber wie heiß, das läßt sich vom menschlichen Standpunkt aus nicht ermessen. *     

Auf der ersten Wache. (Zu dem Bilde S. 369.) Die „Gartenlaube“ hat schon früher einmal (vergl. den Artikel „Der gute Muth des deutschen Soldaten“, Jahrgang 1888, S. 17) auf die mancherlei Bräuche und Ueberkommenheiten hingewiesen, welche beweisen, daß auch im deutschen Soldatenleben ein gesunder kerniger Humor sich zu entfalten weiß. Unser Bild ist wieder ein Beitrag zu diesem lustigen Kapitel. Für die Rekruten des Deutschen Heeres ist natürlich das Beziehen der ersten Wache eine große Angelegenheit. Bei der hohen Verantwortlichkeit, die mit diesem Dienste verbunden ist, werden die von dem Regiment zu leistenden Wachen derart verteilt, daß die wichtigeren Posten immer von älteren Mannschaften besetzt sind und den Rekruten nur solche Posten anvertraut werden, auf denen sie keinen Schaden anrichten können, denn die Wachinstruktion ist sehr scharf, und Verstöße gegen dieselben werden schwer geahndet. Der wachthabende Unteroffizier hält natürlich die „neugebackenen“ Krieger gehörig im Zug. Ist aber alles gut abgelaufen, hat der „du jour“-Offizier bei Tage und der Rondeoffizier in der Nacht keinen Anlaß zum Tadel gefunden, so drückt auch der gestrenge Wachthabende ein Auge zu, wenn sich dann die Lust regt, die „erste Wache“ nunmehr festlich zu begehen. Darauf gründet sich der Brauch, den unser Bild darstellt und der in einzelnen preußischen Regimentern auch heute noch im Schwang ist. Wohl oder übel müssen die Rekruten alle in einer Reihe antreten: einer von der älteren Mannschaft hält den Stubenbesen in ziemlicher Höhe wagerecht vor die Truppe, und jeder Rekrut muß nun in regelrechtem Sprunge das Hindernis nehmen. Wer nicht hoch oder gut genug springt, muß Strafe zahlen, und zwar, je ungelenker er sich anstellt, desto mehr. Diejenigen, welche ihre Sache gut gemacht haben, legen aber aus Stolz auf das Gelingen auch noch etwas hinzu, und ein ganz hübsches Sümmchen ist dann zu einer „Auffrischung“ vorhanden, zu welcher der Kalfaktor den Stoff diensteifrig herbeischleppt. uch der gestrenge Herr Wachthabende verschmäht es nicht, den Zutrunk zu erwidern, doch trägt er Sorge, daß keiner des Guten zu viel thut.

Das Laubfroschbarometer. Der Laubfrosch steht beim Volke im Rufe eines Wetterpropheten und wird vielfach gefangen gehalten, um seinem Besitzer den Witterungswechsel anzuzeigen. In vielen Gegenden ist die Meinung verbreitet, daß er beim nahenden Regen sein Versteck in Laub und Moos verläßt und möglichst hoch emporsteigt. Der Czernowitzer Zoolog R. von Lendenfeld hat im Laufe der letzten beiden Jahre eine größere Anzahl von Laubfröschen in einem geräumigen Froschhause beobachtet und ihr Verhalten gegen Witterungswechsel geprüft. Da hat es sich gezeigt, daß der Laubfrosch bei seinem Auf- und Absteigen sich gar nicht an die Witterung kehrt: weder Luftdruck, noch Feuchtigkeit der Atmosphäre bestimmen ihn dabei in irgend einer merkbaren Weise, wohl aber ist der Einfluß der Tageszeit auf seine Kletterkünste deutlich ausgesprochen. Die Laubfrösche steigen während der Morgenstunden mit Vorliebe herab, während der Abendstunden dagegen hinauf. Gegen 8 Uhr abends sitzen die meisten Laubfrösche oben. Diese Gewohnheit läßt sich dadurch erklären, daß die Frösche im allgemeinen des Abends lebhafter sind als am Tage und daß gegen Abend auch die Insekten, welche den Laubfröschen zur Nahrung dienen, sich mehr vom Erdboden erheben. Die Laubfrösche steigen also um die Zeit hinauf, um besser der Nahrung nachgehen zu können, und diese Gewohnheit behalten sie auch in der Gefangenschaft bei. *     



Inhalt: Haus Beetzen. Roman von W. Heimburg (8. Fortsetzung). S. 357. – Carl Vogt †. Bildnis. S. 357. – Verlesung der letzten Opfer der Schreckenszeit. Bild. S. 360 und 361. – Carl Vogt. S. 362. Mit Bildnis S. 357. – Wie Stropp der Hund wieder freikam. Von Ernst Lenbach. S. 36t. Mit Abbildungen S. 364, 365 und 366. – Zur Geschichte der Brillen. Von Prof. Dr. Hermann Cohn. S. 367. – Rekruten-Belustigung auf der ersten Wache. Bild. S. 369. – Blätter und Blüten: Verlesung der letzten Opfer der Schreckenszeit. S. 371. (Zu dem Bild S. 360 und 361.) – Magenleiden und Körperhaltung. S. 371. – Generaloberst von Pape †. Mit Bildnis. S. 372. – Wie heiß ist die Sonne? S. 372. – Auf der ersten Wache. S. 372. (Zu dem Bilde S. 369.) – Das Laubfroschbarometer. S. 372.



[ Es folgt: Verlagsreklame der Union Deutsche Verlagsanstalt (hier nicht dargestellt)]



Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von Julius Klinkhardt in Leipzig.
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verschiedene: Die Gartenlaube (1895). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1895, Seite 372. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1895)_372.jpg&oldid=- (Version vom 25.8.2021)