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Verschiedene: Die Gartenlaube (1895)


     Ein Herbstmorgen am Rhein.


Am Tag, getaucht in Gold und Blau,
Wie schön in grünen Lauben!
Frühnebel sank als Morgentau
Hernieder auf die Trauben.

Dem leisen Sang der Vöglein lausch’
Ich halb in Traum versunken –
Die haben einen Sonnenrausch
Sich heute angetrunken!

Ein Traum vom duft’gen Maientag
Lockt sie zu Girr’n und pfeifen –
Und Weh’n aus Maienstunden mag
Auch meine Brust ergreifen! – –

Da zieht ein Schiff. Ich kenn’s genau,
Und muß der Zeit gedenken,
Wo von dem Bord mich, holde Frau,
Gegrüßt dein Tücherschwenken.

Und als uns gab ein gut’ Geschick
Am Abend in den Weiden
Ein Heim bei Nachtigallmusik –
Wie selig war’s uns beiden!

Zwar sorgsam sprach dein alter Ohm –
Wir flüsterten verstohlen! –
Am Abend könn’ man leicht am Strom
Sich die Erkältung holen!

Wir aber hatten drum nicht Not
Und setzten fort die Sitzung –
Ach Gott, wenn etwas uns gedroht,
So war es die Erhitzung!

Von unsrer Liebe Ewigkeit
Ein Flüstern unter Thränen! –
Ein Tag war uns genug der Zeit
Für solches süßes Wähnen! –

Nach Norden du, nach Westen ich,
Weit über Strom und Hügel –
Und selten die Erinnrung strich
Vorbei auf flinkem Flügel.

Jetzt aber, wie den Dampfer hier
Ich setz’ die Flut durchrauschen,
Wird mir zu Mut, als müßten wir
Noch einmal Grüße tauschen! –

Umsonst, umsonst! Kein Tüchlein winkt,
Von schöner Hand geschwungen.
Der süße Maientraum versinkt,
Versinkt – verweht, verklungen!

Aßmannshausen am Rhein, 16. September 1895.
 Emil Rittershaus.


Zwei Ehrentage eines deutschen Reiterregiments.

Die 11er Husaren bei Ligny und Vionville.
(Mit den Bildern S. 700 und 701.)

Das 2. westfälische Husarenregiment Nr. 11 hat im Laufe seines jetzt 88jährigen Bestehens viele Wandlungen erfahren, in denen sich der herrliche Aufschwung, den unsere Nation in demselben Zeitraum genommen, bezeichnend spiegelt.

Formiert wurde es zur Zeit von Deutschlands tiefster Erniedrigung durch Napoleons Schwager Murat, den neuen Beherrscher des ehemaligen Herzogtums Berg, das Napoleons allmächtige Gunst kurz zuvor zum Großherzogtum erhoben hatte. Murat, der sofort nach seinem Regierungsantritt in dem schwer bedrängten Ländchen ausgedehnte Truppenaushebungen vornahm, bildete es als bergisches Chevauxlegerregiment; bald darauf wurde es in ein Chasseur-, dann in ein Lanzierregiment verwandelt. 1810–1813 machte das Regiment, „der Not gehorchend, nicht dem eignen Trieb“, die napoleonischen Feldzüge mit. Die braven bergischen Lanziers verspritzten wie unzählige andre deutsche Krieger auf den durchglühten Hochflächen Spaniens, in den eisigen Schneewüsten Rußlands ihr Blut zu Ehren der französischen Gloire. Erst seit 1814, nachdem Berg durch den Wiener Kongreß an Preußen gefallen, war es dem Regiment vergönnt, neben altpreußischen Regimentern im Dienste des Vaterlands zu kämpfen und den Ruhm der einst so bewunderungswürdigen Friedericianischen Armee zu vermehren, in der die Kavallerie durch den Geist des großen Königs unter Mitwirkung eines Seydlitz und Zieten zur höchsten Entwicklung gelangt war. In jenem Jahre als westfälisches Husarenregiment neu gebildet, gehörte es 1815 dem 2. Armeekorps des niederrheinischen Kriegsheeres unter Blücher, im deutsch-französischen Kriege 1870 im Verbande des 10. Armeekorps der 2. Armee unter Prinz Friedrich Karl von Preußen an.

Zu seinen vielen Ehrentagen zählten der 16. Juni 1815 und der 16. August 1870. Unsere Bilder auf S. 700 und 701 stellen aus den gewaltigen Schlachten von Ligny und Vionville zwei Kampfesscenen dar, in denen sich die 11er Husaren durch glänzende Bravour ausgezeichnet haben. Beide sind von E. Hünten in Düsseldorf, woselbst das Regiment in Garnison steht, neuerdings für dieses gemalt worden; sie bilden den Wandschmuck des dortigen Husaren-Offiziers-Kasinos, das eine gestiftet von den Reserveoffizieren, das andere von den früheren aktiven Offizieren des Regiments.

Betrachten wir zunächst die Episode aus der Schlacht bei Ligny an der Hand der authentischen Schilderung in der dem Regimente gewidmeten Schrift des Freiherrn v. Ardenne. Gegen 3 Uhr nachmittags war auf der ganzen Linie St. Amand-Ligny die Schlacht in ungeheurer Wut entbrannt. Weithin erzitterte von der schrecklichen Kanonade die Erde. St. Amand, dicht in Rauch und Dampf gehüllt, entzog sich den Blicken. Während unten im Thale der Kampf tobte, hielt oben an der Windmühle von Bry unbeweglich das 11. Husarenregiment. Es hatte die Aufgabe, die große 12pfündige Batterie des 3. Korps zu decken, die bis jetzt alle Versuche des Feindes, aus St. Amand auszubrechen, durch ihr sprühendes

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1895). Leipzig: Ernst Keil, 1895, Seite 705. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1895)_705.jpg&oldid=- (Version vom 21.7.2023)