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verschiedene: Die Gartenlaube (1895)

 Zum Jahreswechsel.
 1895–1896.

Wenn sonst ein Jahr beschlossen
Den flücht’gen Erdenlauf,
Enteilt es stumm, verdrossen,
Und niemand hält es auf.

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Man träumt von künft’gem Lenze,

Ist erst der Herbst dahin;
Die Hoffnung windet Kränze
Der neuen Königin.

Doch heute vor dem Scheiden

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Grüßt traut uns seine Hand,

Läßt es noch einmal weiden
Den Blick am deutschen Land,
Von wo ihm Grüße schallen
Voll Preis und Dank – fürwahr,

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Was bot es nicht uns allen,

Dies stolze Jubeljahr!

Du Jubeljahr der Siege,
Die unser Volk erstritt,
Als es, gezwungen zum Kriege,

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Durch Schlachtendonner schritt –

Du schürtest neu das Feuer,
Das Jene heiß durchloht,
Die uns das Reich so teuer
Erkauft mit ihrem Tod!

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Dem Reich nur galt das Ringen,

Dem Frieden Kampf und Streit,
Das krönte das Vollbringen
Mit Siegesherrlichkeit!
Drum ließest Du entfalten

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An Gräbern Festesglanz,

Trugst auf dem florumwallten
Gelock der Freude Kranz.

Den Kranz, den mit frohlocken,
Eh’ Du von hinnen weichst,

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Beim hellen Klang der Glocken

Dem neuen Jahr Du reichst –
Dem jungen zukunftsreichen,
Das, grüßend froh die Welt,
In seiner Hand als Zeichen

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Segnend den Oelzweig hält.


Ein freudig Gottwillkommen
Bringt unser Herz ihm dar,
O, mög’ sein Gruß uns frommen –
Heil, Friedensjubeljahr!

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Es lädt sein ros’ger Schimmer

Zum Friedensfeste ein –
O, möcht’ es uns auch immer
Ein Jahr des Friedens sein!
 Johannes Proelß.


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Zum Jahreswechsel. 1895–1896.

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verschiedene: Die Gartenlaube (1895). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1895, Seite 893. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1895)_893.jpg&oldid=- (Version vom 9.2.2023)