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verschiedene: Die Gartenlaube (1896)


Dann rieche ich ein wenig an meinen Rosen, lege meine Hand auf meines Mannes Rockärmel und sage ein bißchen zaghaft: „Du – Franz!“

„Nun?“

„Ich habe noch eine Kleinigkeit für Dich gearbeitet, eine kleine Ueberraschung – aber ich weiß nicht recht, ob Du Dich darüber freuen wirst. – Du bist doch glücklich gewesen diese zehn Jahre lang, Franz, wie?“

„Na, es geht so an,“ sagt er gnädig, aber seine lieben Augen sagen mehr.

„Und dieses letzte Jahr – Du hast nicht etwa etwas entbehrt im Hause – hast es nicht ungemütlich oder unordentlich gefunden – oder das Essen schlecht – oder – oder – die Kinder und mich schmutzig und verwahrlost – oder –“

„Nein,“ sagt er und macht sehr verwunderte Augen.

„Und Deine Knöpfe waren immer ordentlich angenäht?“ forsche ich weiter.

„Na,“ sagt er lachend, „das weiß ich nun nicht; es schwebt mir vor, als ob vor einigen Monaten einmal ein Handschuhknopf etwas lose gewesen wäre.“

„Und Du hast keine Tintenflecke an meinen Fingern bemerkt?“

„Nein, ich glaube auch nicht, daß Du Gift in die Suppe gethan hast. Wünschest Du sonst noch etwas zu wissen?“

„Nein, und nun sollst Du Dein Geschenk haben.“

Mit einer gewissen Feierlichkeit stehe ich auf, gehe an meinen Schreibtisch, entnehme demselben ein in Seidenpapier gehülltes Päckchen und lege es vor meinen Herrn und Gebieter hin. Er löst neugierig die Hülle und ein schlicht gebundenes Büchlein liegt in seiner Hand. Hin und her dreht er es. Er schenkt mir zu meiner Freude oft Bücher, aber ich habe sonst nicht die Gewohnheit, ihm ein gleiches zu thun.

„Willst Du das Titelblatt nicht ansehen?“ schlage ich vor.

Er thut es. „Aus der meerumschlungenen Heimat – Erzählungen von Lena Wald – ach so, das kleine Buch, welches in verschiedenen Zeitungen so günstig besprochen wurde. Da haben wir ja abends etwas zum Vorlesen.“

„Ich kenne es schon,“ sage ich, rot werdend und mir an seinem Rockkragen etwas zu schaffen machend.

„Natürlich, ein neues Buch ungelesen im Schrank zu lassen, das brächtest Du nicht acht Tage lang fertig,“ lacht Franz. Merkt er denn gar nichts? Männer sind ja im allgemeinen gewiß klüger als wir Frauen, wenigstens behaupten sie es ja selbst, aber manchmal sind sie doch sicherlich unglaublich dumm!

„Lena Wald, – kommt Dir der Name gar nicht ein bißchen bekannt vor, Franz?“

„Nein, wieso?“

Mir bleibt nichts anderes übrig, ich muß es gerade heraus sagen, denn gesagt muß es ja doch sein.

„Franz,“ sage ich und zupfe ihm ein wenig nervös die Krawatte zurecht, „bitte, werde nicht ärgerlich, besinne Dich im voraus schnell auf ein paar freundliche Worte – vielleicht war es nicht recht von mir – aber die Geschichtchen habe ich geschrieben.“

„Was, Du?“ Er legt das Buch schnell auf den Tisch, als hätte er sich daran verbrannt, „aber das ist ja –“

„So nach und nach im Laufe des letzten Jahres,“ sage ich schnell. „Seit Du darauf bestehst, mir so viel Bedienung zu halten, die Kinder alle in die Schule gehen und sich Deine Sprechstunde nachmittags so lange hinzieht, habe ich manche freie Stunde. Da kam mir die Lust zum Fabulieren wieder, sieh, es steckt nun einmal in mir und ich konnt’ es nicht lassen. – Franz, Liebster, Du sagtest vorhin selbst, Du hättest nichts entbehrt das ganze Jahr?“

Ja, nun muß ich zugeben, auch Frauen sind manchmal dumm. Wie konnten mir sonst wohl Thränen in die Augen kommen?

Da bückt er sich schnell zu mir hin und sieht mir in die feuchten Augen. „Nun bin ich zehn Jahre lang stolz auf meine kleine Frau gewesen,“ sagt er lächelnd, „wenn sie nun auch gar noch unter die berühmten Leute gehen will, werde ich mich dem Hochmutsteufel ja wohl ganz in die Arme werfen!“

„Ach nein, Du,“ rufe ich lachend und unbeschreiblich erleichtert die Arme ausbreitend, „das übereile nur lieber nicht. Vorläufig wirf Dich nur lieber in meine Arme. Ich fürchte, mit dem Berühmtwerden hat es trotz dem Buch noch gute, gute Weile!“




Feuerkugeln und Meteorsteine.

Von Dr. H. J. Klein.


Das plötzliche Auftreten feuriger Meteore am Himmel, der Donner, welcher ihrer Explosion folgt, und das prasselnde Herabstürzen von Stein- oder Eisenmassen sind Erscheinungen, die zu allen Zeiten und bei den verschiedensten Völkern erwähnt werden. Allein in besonders großartiger, ja furchtbarer Weise treten sie doch nur verhältnismäßig selten auf und in dieser Beziehung ist jener Fall, von dem Mitte Februar die Zeitungen aus Madrid meldeten, gewiß ein bemerkenswerter. Den vorliegenden Nachrichten zufolge, erschien das Meteor wie ein Komet, zog rasch über den Himmel und zersprang mit einem Donner, welcher die Fenster erklirren und Häuser erzittern machte. Ja, die ersten Nachrichten besagten sogar das Furchtbare, es seien durch die Explosion Häuser umgestürzt worden. So schlimm war es nun freilich nicht, aber daß in einzelnen Fällen Feuermeteore thatsächlich Verwüstungen an Gebäuden angerichtet und den Tod von Menschen verursacht haben, daran ist nicht zu zweifeln. In den berühmten Fuldaer Annalen, einer wichtigen Quelle für die ältere deutsche Geschichte, wird berichtet, daß sich im Jahre 823 in Sachsen ein überaus furchtbarer Meteorsteinfall ereignet habe, wodurch Menschen und Vieh erschlagen und Dörfer vom Feuer verzehrt worden seien.

Zu Spangenberg bei Friedeburg a. d. Saale fielen am 10. Oktober 1304 feurige Steine zahlreich wie Hagelschloßen vom Himmel, erregten Brand und fügten dem Landvolk viel Schaden zu. Der merkwürdigste, direkt beobachtete Fall eines Meteorsteins aus früheren Jahrhunderten ist jener bei Ensisheim in Elsaß am 7. November 1492. Es stürzte dort ein nahezu dreieckiger Stein von 130 Kilogramm Gewicht zwischen 11 und 12 Uhr mittags herab unter so furchtbarem Donner, daß man denselben bis nach Frankreich und zur Donau hin hörte. Das Meteor verursachte glücklicherweise keinen Schaden und König Maximilian I., der kurz darauf nach Ensisheim kam und den Stein besah, ohne darüber ins klare zu kommen, ließ ihn an einer Kette in der Kirche des Ortes aufhängen, wo er noch hängt. Später (1503) bezeichnete der König in seinem Aufruf an die Christenheit wider die Türken den Steinfall als eine Mahnung Gottes, daß die Menschheit von ihren Sünden ablassen und sich bekehren solle. Sebastian Brandt besang den Steinfall in einem größeren Gedicht und sagte darin am Schlusse:

„Rechtlich sprich ich, das er bedüt
Ein bsunder plag derselben lüt.“

Er hat darin nicht recht behalten, und auch über den Ursprung des Steines blieben die Gelehrten uneinig und zuletzt wurde er mit folgender Ueberschrift versehen:

„De hoc lapide multi multa, omnes aliquid, nemo satis.“
(Ueber diesen Stein sagen viele vielerlei, alle etwas, niemand genügendes.)

Am 4. September 1511, fast gleichzeitig mit einer totalen Sonnenfinsternis, ereignete sich wiederum ein gewaltiger Meteorsteinfall, diesmal in Oberitalien. Man sah eine geschweifte Feuerkugel, dann ein tiefschwarzes Gewölk, welches Blitze aussandte, denen furchtbare Donnerschläge folgten. Zahlreiche Steine, wie es heißt über 1200, stürzten dabei aus der Luft, die meisten sehr klein, aber auch einige große von 260 und 120 Pfund Gewicht. Sie erschlugen Menschen und Tiere, selbst Fische in den Flüssen. Das Ereignis erregte in ganz Italien Schrecken.

Im Jahre 1660 wurde zu Mailand im Kloster S. Maria della Pace ein Franziskanermönch von einem kleinen durch das Dach des Klosters fallenden Meteorstein getötet. Man fand an dem Schenkel des Unglücklichen eine schwarze, bis auf den Knochen reichende Wunde und im Grunde derselben ein rundliches, scharfrandiges, beim Zerbrechen schwefelig riechendes Steinchen.

Außer den angeführten giebt es noch zahlreiche andere Beispiele von Feuermeteoren, welche Stein- oder auch Eisenmassen herabsandten, aber im Zeitalter der Aufklärung, im vorigen Jahrhundert begann man, an der Wahrheit der alten Berichte zu zweifeln, und zuletzt behauptete sogar die Pariser Akademie der Wissenschaften, es

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verschiedene: Die Gartenlaube (1896). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1896, Seite 178. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1896)_0178.jpg&oldid=- (Version vom 13.7.2023)