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Die Gartenlaube.

Beilage zu No 18. 1896.


Ein neues Kriegsfahrrad. Die Fahrradfabrik Seidel und Naumann in Dresden bringt ein Fahrrad in den Handel, das sich von den bereits vorhandenen wesentlich unterscheidet und zum Gebrauch im Kriege besonders geeignet erscheint. Dieses Militär oder Kriegsrad ist zusammenklappbar, und man kann es wie den Tornister auf dem Rücken tragen. Dank einer sinnreichen Konstruktion läßt es sich ohne Anwendung eines Schlüssels durch einen einfachen Handgriff in kaum ½ Minute in Gebrauchszustand versetzen oder wieder zusammenklappen. Die Räder sind mit „Militärpneumatik“ versehen und so niedrig gehalten, daß der Fahrer, wenn er die Füße herunternimmt, sofort stehen kann und nicht nötig hat, abzusteigen. Für Kriegszwecke ist dies von besonderem Vorteil. Das Rad wurde dem Könige von Sachsen vorgeführt, der sich über die handliche und sinnreiche Konstruktion lobend ausgesprochen hat.

Ein neues Kriegsfahrrad.

Wozu alte Schuhe gut sind. Unter den Abfällen der französischen Hauptstadt, die ja durch ihre Schuhfaçons auch heute noch bald mehr, bald minder tonangebend ist, befindet sich selbstverständlich auch eine Unmenge von alten ausgedienten Fußhüllen. Ein solcher Schuh wird von seinem bisherigen Besitzer als zu nichts mehr tauglich auf den Kehrichthaufen geworfen, aber nur, um desto sorgfältiger von anderer Hand wieder aufgehoben zu werden: der Schuh kommt zum zweitenmal in den Handel. Je nach seiner Verfassung wird er entweder aufrepariert und bildet dann mit vielen seinesgleichen eine Zierde irgend eines Trödlerladens, oder er geht als Lederabfall in eine der zahlreichen Fabriken, die sich mit der Fabrikation von Lederkohle beschäftigen. Diese Lederkohle, deren Herstellung noch heute als eine Art Geschäftsgeheimnis betrachtet wird, ist nämlich zum Härten von Eisen, von Feilen, von Achsen und gewissen Maschinenteilen unentbehrlich. Französische Lederkohle geht in großen Mengen auch nach Deutschland. In dieser Form muß gar mancher Schuh, der einst das graziöse Füßchen einer Pariser Schönen bekleidet hat, zur Verbesserung der Fabrikate unserer Maschinenfabriken dienen. Tausende freilich gehören dazu, um einen einzigen Zentner Lederkohle herstellen zu können, und dieser kostet dann höchstens 5 bis 6 Mark.

Markthallenzüge der Berliner Stadtbahn. Zu den vielen Nebenfunktionen, welche die Hauptpulsader des Verkehrs von Berlin außer dem Transport der Millionen Passagiere, die sie unaufhörlich aus dem Osten und Westen ins Zentrum und aus dem Zentrum wieder in die äußeren Viertel bringt, noch zu verrichten hat, gehört vor allem auch die Beförderung ungeheurer Gütermassen in die Zentralmarkthalle von Berlin. Hier, wo täglich Tausende von Zentnern aller nur denkbaren Genußmittel ge- und verkauft, wo jährlich ganz unermeßliche Werte umgesetzt werden, erweist sich der Straßentransport trotz der Hunderte von Fuhrwerken, die von Mitternacht an in gedrängtem Zuge zum Alexanderplatz rasseln, ganz unzulänglich. Hier mußte die Eisenbahn mit ihren Güterzügen eingreifen. Wer vom Stadtbahnzuge aus beim Passieren des Bahnhofs „Alexanderplatz“ einen Blick aus dem Fenster wirft, bemerkt neben der Halle ein ungewöhnliches Durcheinander von Geleisen, Rampen, Ladestellen u. s. w. und sieht auch gelegentlich einen langen Güterzug hier anhalten. Es ist einer der Markthallenzüge, die vom Viadukt der Stadtbahn ihren Inhalt direkt vor die Stände der Halle bringen. Sie haben außer dem Transport der Hallengüter keinen weiteren Dienst im öffentlichen Frachtverkehr zu verrichten, und dennoch mußten schon 1892 täglich zwei solcher Züge in den regelmäßigen Fahrplan eingestellt werden, während ein bis zwei Bedarfszüge dazwischen, je nach dem Güterandrang, eingelegt werden mußten. Die Gütermenge, die in jenem Jahr diese Markthallenzüge bewältigten, belief sich auf rund eine Million Zentner, oder an jedem Wochentage auf 3200 Zentner. Seit 1888 hatte dieser Verkehr um das Dreifache seines Umfanges zugenommen; heute dürfte er, wenn er im gleichen Maße gewachsen ist, schon gegen zwei Millionen Zentner betragen. Der Stadtbahn erwuchs dadurch eine Einnahme von beinahe 800000 Mark, fast der fünfte Teil der Einnahmen des gesamten Personenverkehrs auf der Berliner Stadtbahn im gleichen Verwaltungsjahre. Bw.     

Universalkleiderraffer nennt sich eine für die Schneiderstube sehr praktische Neuheit aus der Posamentenfabrik von Anton Oehler in Leipzig. Was bisher die besseren Schneiderinnen als Zug in den Damenröcken etwas mühsam herstellten: eine Reihe von Schnüren, die von außen am Rockbund hochgezogen werden, das ist hier fabrikmäßig und praktisch, zum Gebrauch fertig auf einer Karte beisammen. Die Ringchen zum Anheften auf die Rockbahnen sind ebenso vorhanden wie die Zugeinrichtung selbst, das schildartige Gurtband ist dem Rockbund einfach einzunähen. Man kann mittels dieses Rockraffers das Kleid dann von außen mit einem Griff höher oder tiefer aufziehen und es schnell wieder ganz sinken lassen. Der kleine Apparat ist sehr solide aus gutem Material gearbeitet, nicht teuer, und empfiehlt sich durch seine Zweckmäßigkeit hauptsächlich allen zu Hause schneidernden Damen als Mittel bedeutender Zeit und Müheersparnis.

Die chemische Reinigung farbiger Stickereien läßt sich durch das folgende einfache und billige Verfahren sehr gut ersetzen. Man kocht 125 Gramm Weizenkleie, die man billig in Getreidehandlungen kauft, langsam mit reichlich Wasser mehrere Stunden. Die dann gewonnene Brühe wird langsam durch ein Leinwandsäckchen geseiht und vollkommen erkalten gelassen. Erst dann wäscht man die Stickereien zweimal in solcher Lauge durch, spült sie darauf mehrmals in klarem Wasser und läßt sie so weit trocknen, bis man sie, ohne sie einfeuchten zu müssen, auf der linken Seite plätten kann. Das Stärken der in Kleienwasser gewaschenen Sachen ist unnötig, da dieses den Dingen die nötige Appretur gibt. Die so behandelten Sachen werden wie neu. L. H.     


Hauswirtschaftliches.

Immer weniger Wohlgeschmack zeigen die Kartoffeln, je weiter der Frühling ins Land kommt, und die Hausfrau thut gut, sie zu allerhand Gerichten, zu Brei, Krusteln, Bällchen zu benutzen, oder, wo es irgend angeht, sie mit pikanten Saucen zuzubereiten. Immerhin aber wird es vielfach unmöglich sein, die Kartoffeln anders denn als „Salzkartoffeln“ zu servieren. Zu diesem Falle ist die folgende Kochweise sehr empfehlenswert, die den wässerigen oder seifigen Geschmack der Kartoffeln aufhebt und ihnen einen guten Geschmack verleiht. Die Kartoffeln werden wie gewöhnlich in Salzwasser gekocht, doch nur halbgar, dann gießt man sie rasch ab und schüttet sie sofort in einen anderen Kochtopf mit bereitstehendem kochendem Wasser, in dem sie fertig gekocht werden. Man gießt sie sorgfältig ab, schwenkt sie trocken und bestreut sie beim Anrichten mit gewiegter Petersilie. L. H.     

Die Behandlung der Wäsche nach den neuesten Erfahrungen schildert eine Schrift von O. Radeck (Selbstverlag, Polsnitz in Schlesien). Der Verfasser, früher Dirigent der kgl. Musterbleiche Sohlingen, gibt in diesem gut geschriebenen, durch Abbildungen bereicherten Büchlein wertvolle Anweisungen, wie unter Benutzung der technischen und chemischen Hilfsmittel unserer Zeit ein Bedeutendes an Arbeit und Kosten für die Wäsche erspart werden kann. Er bespricht eingehend die in kleineren Haushaltungen immer noch nicht nach Gebühr gewürdigten Wasch- und Wringmaschinen und erklärt ihren Gebrauch so deutlich, daß auch die ungeübteste Hand sich damit zurechtfinden kann. Außerdem aber findet das althergebrachte Waschen mit der Hand für weiße und farbige Stoffe, das Bleichen, Stärken und Plätten, sowie das Kapitel der Fleckenvertilgung eingehendste Behandlung. Für junge Hausfrauen insbesondere, aber auch für erfahrene, die sich mit den städtischen Raumverhältnissen abfinden müssen, ist dieses Kompendium der Wäschekunst als wertvoller Ratgeber zu empfehlen.

Rußflecke, die ein unglückliches Mißgeschick, durch blakende Lampen oder anderes Ungefähr, auf weißes Tischzeug oder tadellos saubere weiße Schürzen gebracht hat, lassen sich völlig ohne Wäsche entfernen, wenn man sie leicht und rasch mit der Krume von frischem Schwarzbrot abreibt. He.     

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1896). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1896, Seite 308a. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1896)_0308_a.jpg&oldid=- (Version vom 13.7.2023)